Kolonne fahren im Güterverkehr 12.02.2018, 07:43 Uhr

Platooning

Lastwagen fahren bereits teilweise autonom, sie dürfen es aber noch nicht. Dabei könnte etwa das Kolonne fahren viele Probleme auf deutschen Straßen lösen. Was Platooning bedeutet, woran die Hersteller forschen, welche Erkenntnisse erste Studien brachten und wo die Politik nachlegen muss, lesen Sie hier.

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Foto: panthermedia.net/Carina Hansen

In der Automobilbranche ist autonomes Fahren das Thema der Stunde. Der für seine Elektro-Autos bekannte Hersteller Tesla rüstet schon jetzt alle Modelle mit der notwendigen Hardware für einen Autopilot genannten Modus aus. Er soll in naher Zukunft autonomes Fahren ermöglichen. Auch die neuen Spitzenmodelle von Mercedes, BMW und Audi sind darauf vorbereitet, künftig in vielen Situationen selbstständig zu agieren. Was viele aber nicht wissen: Bei Lastkraftwagen und anderen Nutzfahrzeugen ist die Entwicklung hin zum autonomen Fahren weit fortgeschritten. Stichwort hier ist der Oberbegriff Platooning.

Platooning: Was ist das eigentlich genau?

Der Begriff Platooning kommt aus dem Englischen und lehnt sich an das Wort „platoon“ an, das übersetzt „Zug“ bedeutet. Technische Hilfsmittel sollen es möglich machen, dass mehrere Fahrzeuge wie ein gekoppelter Zug fahren. Experten benutzen den Begriff Platooning überwiegend für das technisch unterstützte Fahren von Lkw in Kolonne. Grundsätzlich aber dürfte es künftig auch für PKW möglich sein, sich in eine solche Kolonne einzuklinken, beziehungsweise sich ihr anzuschließen.
Beim Platooning kommt dem Führungsfahrzeug der Großteil der Verantwortung zu. Die folgenden Fahrzeuge halten sich quasi wie Zugwaggons an den Kurs und die Geschwindigkeit, die von der Spitze der Kolonne vorgegeben werden. Möglich wird dies durch digitale Kopplung der Fahrzeuge untereinander.

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Welche Probleme kann Platooning lösen?

Beim autonomen Fahren für PKW soll der Fahrer entlastet werden. Wenn Assistenzsysteme das Lenken übernehmen, hat der Fahrer die Hände frei und kann die Reisezeit beispielsweise für Telefonate, Arbeit am Computer oder ähnliches nutzen. Im Bereich der Lkw stehen der Kraftstoffverbrauch und damit die Kosten für Spediteure und Kunden als treibende Kraft hinter der Weiterentwicklung von Platooning. Da die Trucks beim Kolonnefahren sehr dicht hintereinander fahren, geben sie sich gegenseitig Windschutz. Der beispielsweise von Rad- und Autorennen bekannte Effekt des Windschattens führt zu weniger Kraftaufwand, was für Lkw in signifikant weniger Kraftstoffverbrauch resultiert.

Ein weiteres Problem, für das Platooning Lösungsansätze liefert, ist der überforderte Verkehrsraum. Gerade auf deutschen Autobahnen ist die Kapazität auf vielen Wegen erschöpft, Staus und verlangsamter Verkehr sind die Folgen. Platooning könnte hier zum einen wertvollen Platz auf den Straßen einsparen und zum anderen zum gleichmäßigen Verkehrsfluss beitragen. Grundsätzlich soll Platooning zudem für mehr Sicherheit im Verkehr sorgen. Auffahrunfälle beispielsweise sind in der automatisierten Kolonne eigentlich ausgeschlossen. Wie beim autonomen Fahren für PKW sind sich Fachleute weitgehend einig, dass intelligente Fahrsysteme dem menschlichen Fahrer überlegen sind, wenn es um Unfallwahrscheinlichkeit und -vermeidung geht.

Autonomes Fahren verringert Personalbedarf

Noch sitzt beim Erproben von Platooning fast immer in jedem Fahrzeug ein Fahrer. Prinzipiell aber möchten etwa Spediteure künftig mit Platooning auch Personalkosten reduzieren. Und sich so ihrer Nachwuchssorgen entledigen. Denn immer mehr Speditionen leiden unter einem Mangel an qualifizierten und motivierten Lkw-Fahrern. Wenn künftig nur noch im Führungsfahrzeug ein Mensch das Steuer übernimmt, wären schnell viele Brummifahrer ersetzt. In Zukunftsvisionen könnten Lkw-Kolonnen weite Strecken über Autobahnen mit einem einzigen Fahrer auskommen. Nur beim Be- und Entladen, Rangieren und eventuell komplizierten An- und Abfahrten käme dann zusätzliches Personal zum Einsatz.

Vor welchen Problemen steht Platooning aktuell?

In Tests hat sich die Methode Platooning nach Angaben führender Lkw-Hersteller wie Daimler Trucks oder Scania bereits erfolgreich bewährt. Auf dem Weg zur Alltagsreife stehen allerdings noch einige Hindernisse. Eines betrifft die Konnektivität zwischen den einzelnen Lkw. Bislang entwickelt jeder Hersteller eigene Systeme zur digitalen Kopplung der Fahrzeuge. Es fehlt ein unabhängiges Protokoll, mit dem es möglich wird, Kolonnen von Lkw verschiedener Hersteller zu bilden.

Schon jetzt aber hat etwa Mercedes bei seinen Lkw die Konnektivität so weit optimiert, dass die Vorgaben des Führungsfahrzeugs innerhalb von Sekundenbruchteilen von den folgenden Lkw übernommen werden. Damit schlagen die Trucks schon heute jede menschliche Reaktionszeit.

Platooning fordert verbesserte Infrastruktur

Beim typischen Fall für Platooning fährt ein Konvoi von Lkw weitgehend autonom über lange Strecken. Zuverlässigkeit und Sicherheit könnten dadurch unterstützt werden, dass nicht nur die Fahrzeuge untereinander, sondern auch die Straße mit dem Konvoi kommuniziert. Während die Assistenzsysteme von Autos beim autonomen Fahren bislang darauf ausgerichtet sind, beispielsweise Verkehrsschilder und Ampeln selbstständig zu erkennen, fordern Vordenker schon eine digitale Infrastruktur zumindest auf Fernstraßen ein. Zu groß scheint das Risiko, dass schwierige Sichtverhältnisse, verschmutzte Verkehrsschilder oder ähnliches die Assistenzsysteme überfordern. Funken die verbindlichen Verkehrsschilder aber von sich aus die Fahrzeuge an, ergibt sich daraus eine weitere Minimierung von Störfällen und eine weitere Optimierung des Platooning.

Sind Brücken schon für Platooning geeignet?

Verkehrsplaner melden Skepsis vor einigen Szenarien im Zusammenhang mit Platooning an. Eines davon betrifft Brücken. Diese sind bislang für klassischen Verkehrsfluss konzipiert. Platooning aber bringt durch die dicht hintereinander fahrenden Lkw größere Belastung auf Brücken. Können diese das Gewicht überhaupt tragen? Eine Lösung könnte sein, dass der Konvoi beim Überfahren von in ihrer Substanz gefährdeten Brücken – möglichst automatisch – größere Abstände zwischen den Lkw einrichtet. Dieses Problem betrifft aktuell bereits sogenannte Riesenlaster (EuroCombi), die mit Ausnahmegenehmigungen und enormer Last von bis zu 60 Tonnen unterwegs sind.

Was passiert, wenn eine Lkw-Kolonne stehen bleibt?

Eine andere Verkehrssituation, die Fragen beim Platooning aufwirft, sind Auf- und Ausfahrten der Autobahnen und ähnlich neuralgische Punkte im Straßennetz. Schon in der Normalbewegung schränkt eine Lkw-Kolonne andere Verkehrsteilnehmer ein. Beim Platooning wäre es für ein einzelnes Auto kaum mehr möglich, sich bei einer Autobahnausfahrt in die Kolonne einzureihen. Noch komplizierter wird es, wenn solch ein Konvoi von beispielsweise hundert Meter Länge zum Stehen kommt. Versperrt er dann die Straße für alle anderen? Kann die Kolonne überhaupt zurücksetzen oder zumindest sichere Gassen bilden? Es ist kein Zufall, dass das Gros der Tests in Sachen Platooning auf abgesperrten Strecken oder amerikanischen Highways stattfindet, wo ausreichend Platz zur Verfügung steht. Die Autobahnen in Europa aber sind wesentlich stärker frequentiert und haben in wesentlich kürzeren Abständen Aus- und Auffahrten, die von Kolonnen versperrt werden könnten.

Angst vor Hackerangriffen

Überall dort, wo drahtlose Vernetzung eingesetzt wird, besteht auch ein Risiko von unberechtigten Eingriffen in den Datenverkehr. Tatsächlich nutzt beispielsweise Daimler für die digitale Kopplung seiner Lkw das WLAN-Protokoll. Fälle aus anderen Branchen haben gezeigt, dass internetbasierte Netzwerke anfällig für gezielte digitale Attacken sind. In Deutschland konnten etwa Unberechtigte Zugang zur Steuerungssoftware von Windkraftanlagen bekommen. Das Schadprogramm WannaCry legte Teile der digitalen Struktur der Deutschen Bahn lahm, kurz darauf griff #NotPetya Energieunternehmen, Banken und Verkehrsgesellschaften weltweit an. Die Frage lautet also: Kann das Netzwerk zuverlässig vor Hackerangriffen geschützt werden? Platooning stellt alle Entwickler vor die Aufgabe, die eingesetzten Netzwerke bestmöglich und bestenfalls redundant vor Attacken abzusichern.

Platooning – der Gesetzgeber reagiert zögerlich

Kommt die Diskussion auf das Thema autonomes Fahren, stellen eigentlich alle Teilnehmer Fragen zur Gesetzgebung. Wer übernimmt die Haftung bei Unfällen? Wie soll die Software des Autopiloten reagieren, wenn in Extremsituationen nur die Wahl zwischen verschiedenen Szenarien schwerer Unfälle besteht? Was passiert mit den Daten, die durch die Assistenzsysteme gesammelt werden? Schon im Personenverkehr tut sich der deutsche Gesetzgeber sehr schwer damit, auf die neuen digitalen Möglichkeiten mit entsprechenden Regelungen zu reagieren.

Beim Güterverkehr kommen weitere Fragen hinzu: Aus wie vielen Fahrzeugen dürfen die Konvois gebildet werden, also wie lang darf die Kolonne höchstens sein? Welcher Abstand zwischen den Lkw wird vorgeschrieben? Wer legt fest, welches Fahrzeug die Führungsposition einnimmt? Welche Verantwortung tragen die Fahrer, deren Lkw an den Konvoi gekoppelt ist? Was passiert mit alten Standards wie Fahrtenschreiber und Ruhezeiten in der nahen Zukunft? Wird das Beifahren während der autonomen Fahrt für den Lkw-Führer zur Ruhezeit? Erste Antworten auf all diese Fragen hat Bosch mit der Studie VisionX gegeben.

Die Technik scheint der Gesetzgebung voraus

Laut Berichten der Fachpresse können Oberklasselimousinen und die Elektroautos von Tesla aktuell in Deutschland gar nicht all das Potenzial für das autonome Fahren, nutzen, das durch Hardware und Software bereits zur Verfügung steht. Hier sorgt zumindest eine breite öffentliche Aufmerksamkeit für Druck auf die Gesetzgeber. Die Lkw-Branche dagegen hat zwar die Genehmigung für einige Pilotprojekte zum Platooning in Europa erhalten – von verbindlichen Gesetzen ist aber wenig bis gar nichts zu hören. Da der Güterverkehr oft länderübergreifend stattfindet, wünschen sich die Marktteilnehmer zumindest EU-einheitliche Regeln für Platooning und autonomes Fahren von Lkw.

Autonomes Fahren und Platooning – welche Technik steckt dahinter?

Um autonomes Fahren zu ermöglichen, steckt mittlerweile jede Menge Technik in den Fahrzeugen. Die Hardware lässt sich grob in zwei Bereiche einteilen: Zum einen brauchen die Systeme Technik, um die Verkehrssituation zu erfassen. Zum anderen muss die Hardware basierend auf diesen Informationen das Fahrzeug lenken.

Zur Beobachtung der Umgebung kommen aktuell meist vier verschiedene Techniken zum Einsatz: Laserscanner und Radar sind dafür zuständig, Objekte bis zu 250 Meter weit im Voraus zu erkennen. Videokameras übernehmen eher die nähere Umgebung und den Rundumblick. Ultraschallsensoren verantworten die Erkennung des direkten Umfelds. Sie ermöglichen beim PKW etwa das automatische Einparken und sind beim Platooning die entscheidende Unterstützung bei der Abstandshaltung.

Software berechnet autonomes Fahren

Die von den nach außen gerichteten Sensoren gesammelten Informationen werden beim autonomen Fahren dazu genutzt, die Steuerung des Fahrzeugs zu übernehmen. Software berechnet also, welches Tempo zur Verkehrssituation passt, wann gebremst werden muss, wann Lenkbewegungen notwendig sind und vieles mehr. Die Informationen reichen bis hin zur Steuerung des Lichts, dem Halt an einer Tankstelle und Alarmsignalen für den menschlichen Fahrer. Der Bordcomputer ist ebenso wie das Stromnetz oft doppelt vorhanden, um hohe Ausfallsicherheit zu garantieren. Die vom Bordcomputer ausgehenden automatisierten Befehle werden von Assistenzsystemen umgesetzt. Zum Einsatz kommen etwa Assistenten zum Abstandshalten, zum Spurhalten, zum Notbremsen sowie Tempomat, elektrische Servolenkung und elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP). Für Laien ebenso wie für Ingenieure ist es faszinierend, wie viel Technik und Rechenkraft bereits heute in Serienfahrzeugen steckt. Es dokumentiert, wie schnell autonomes Fahren sich von einer Idee hin zu praxistauglichen Systemen entwickelt hat. Auch wenn bisher nur ein Bruchteil ihres Leistungsumfangs zum Einsatz kommt.

Wo steht Platooning aktuell in seiner Entwicklung?

Daimler Trucks verkündete zuletzt stolz, als erster Hersteller von Nutzfahrzeugen in den USA die Genehmigung für das Erproben von Platoonnig auf öffentlichen Straßen erhalten zu haben. In den Bundesstaaten Oregon und Nevada erlaubten die regionalen Regulierungsbehörden, dass Daimler zunächst zwei digital aneinander gekoppelte Sattelschlepper auf die Straßen schickt. 2018 will Daimler Trucks dann Platooning mit Flottenkunden aus dem Sektor Transport unter realen Arbeitsbedingungen testen. Im Mittelpunkt des Pilotprojekts stehe das Ziel, Fahrer zu entlasten. Sie zu ersetzen sei nicht das Ziel, heißt es vonseiten der Verantwortlichen. Daimler verspricht sich von Platooning mehr Sicherheit und eine größere Kraftstoffeffizienz. Die Kunden zeigen sich offenbar sehr interessiert an Technik und Methodik von Platooning. Daimler Trucks ist sich sicher, dass seine Fahrzeuge regelmäßig mit Platooning durch die USA rollen werden, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen sind.

Doch auch Scania geht in Sachen autonomes Fahren neue Wege. Der Hersteller hat einen autonom fahrenden Lkw nach Afrika geliefert, um ihn dort im Bergbau fahrerlos einzusetzen. Generell bieten abgegrenzte private Räume die Möglichkeit, autonomes Fahren ohne Warten auf den Gesetzgeber zu testen. Fabrikgelände oder Flugplätze sind Beispiele für solche weit fortgeschrittenen Experimente.

Platooning in der EU

Im Gebiet der Europäischen Union hat sich 2016 die damalige niederländische Ratspräsidentschaft für Platooning eingesetzt. Unter dem Titel „European Truck Platooning Challenge“ setzten sich Lkw-Kolonnen sechs großer Marken – DAF Trucks, Daimler Trucks, Iveco, MAN Truck & Bus, Scania und Volvo – halbautonom in Bewegung. Mit Sondergenehmigungen im Rücken erreichten die Konvois von verschiedenen europäischen Städten aus ohne Unfall oder besondere Zwischenfälle sicher das Ziel Niederlande. In Deutschland haben sich die digital gekoppelten Sattelschlepper mit nur einem Fahrer im Führungsfahrzeug von München aus auf den Weg gemacht – mit nur 15 Metern Abstand zwischen den einzelnen Fahrzeugen. Die EU-Behörden haben aus dem groß angelegten Test nach eigenen Angaben wichtige Hinweise auf rechtliche Fragen gewonnen. Die Lkw-Hersteller fordern bereits, den Probelauf wiederholen zu dürfen. Zudem solle die Politik so schnell wie möglich ein zuverlässiges gesetzliches Umfeld für die rasante technische Entwicklung im Bereich Platooning und autonomes Fahren schaffen.

Zu Erinnerung: die fünf Stufen autonomen Fahrens

Weltweit ist das Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr die führende Grundlage für einheitlichen Verkehrszeichen, die Anerkennung von Fahrerlaubnissen, für Hersteller von Personen- und Lastkraftwagen sowie deren Fahrer. Die Urfassung stammt aus dem Jahr 1968. Erst nach 2010 findet sich im Wiener Vertrag auch der Ansatz dafür, wie autonomes Fahren und damit Platooning definiert werden könnte. Die Stufe Null bedeutet demnach ganz klassisch: Alle Entscheidungen liegen beim Fahrer und werden von ihm ausgeführt. Stufe Eins beschreibt schon lange verfügbare Systeme wie den Tempomat, was praktisch ganz lapidar „Füße weg“ bedeutet. Stufe Zwei, „Hände weg“, meint Spurhalten, Einparken und ähnliche Manöver. Autonomes Fahren erreicht demnach erst Stufe Drei, wenn „Augen weg“ möglich ist. In Bürokratiedeutsch wird dieser Zustand „Hochautomatisierung“ genannt. Tesla hat es vorgemacht, Premiumhersteller aus Deutschland sind gefolgt: Stufe Drei ist technisch – zumindest auf der Autobahn – kein Problem mehr, nur vom Gesetzgeber noch nicht zugelassen. Autonomes Fahren auf dem Niveau von Stufe Drei würde Platooning bereits erlauben.

Die Zukunft ist real: Platooning ist technisch machbar, aber…

Fasst man die vorhandenen Informationen zum autonomen Fahren und Platooning zusammen, ergibt sich ein klares Fazit: Die Privatwirtschaft ist weit genug, um Lkw von Werk aus für Platooning auszustatten. Ähnlich verhält es sich für autonomes Fahren von Pkw. Hindernisse für die Verbreitung von Platooning und autonomem Fahren sind aktuell nicht die Technik oder Kundenwünsche, sondern die Gesetzgebung. Unisono wünschen sich Hersteller und Kunden vom Gesetzgeber, endlich Rahmenbedingungen für Autopiloten und Platooning zu schaffen. Angesichts des Haftungsrisikos, das die etablierten Hersteller eingehen, wenn sie solche Methoden anbieten, lässt sich davon ausgehen, dass nur ausgereifte Hardware und Software zum Einsatz kommen. Technischer Fortschritt beruht häufig auf der gemeinsam gelebten Bereitschaft, Entwicklungen aus Laborbedingungen in die reale Welt zu übertragen. Dies gilt auch für Platooning, wo Vorteile wie Verkehrssicherheit und Kraftstoffeffizienz auf der Hand liegen. Die USA und Asien sind dem europäischen Raum dabei aus regulatorischer Sicht voraus.

Ausblick: Vollautonome Fahrzeuge sind nur eine Frage der Zeit

Von den fünf Fingern der ausgestreckten „Geisterhand“, die autonomes Fahren ermöglichen, sind drei derzeit in der Anwendung. Stufe Vier, das „vollautonome Fahren“, wird wohl hinter den Kulissen bereits praktiziert. Stufe Fünf wird laut Wiener Vertrag in dem Moment erreicht, wo kein Fahrer selbst in Extremsituationen mehr notwendig ist. Für Experten klingt das schon längst realistisch. Studien auf den großen Messen der Branche zeigen, wie die Hersteller den bisherigen Fahrerplatz im Design Richtung Lounge oder Schreibtisch interpretieren. Für Nutzfahrzeuge bedeutet diese Perspektive, sogar Platz im Fahrzeug einzusparen, wenn die Lkw wie eine Perlenkette aneinander gereiht über Fernstraßen gleiten.

Dass ein Lkw automatisiert und digital gekoppelt dem anderen LKW folgt, ist bereits Realität. Die Automobilindustrie nimmt neben den Herausforderungen neuer Energieträger die Fragen der in vielleicht schon zehn Jahren vollautonomen Steuerung ihrer Produkte selbstbewusst an. Aus heutiger Sicht ist jedoch fraglich, ob die Gesetzgebung dem Tempo des technischen Fortschritts folgen kann und will.

Leseempfehlungen unserer Redaktion zur Entwicklung des Platooning

Sie wollen mehr zur Entwicklung des Platooning, der dafür notwendigen Systeme und Forschungsprojekte erfahren? Im Text sind bereits einige Berichte verlinkt, es gibt aber noch viele mehr. Wir haben eine kleine Auswahl für Sie:

Was technische schon alles möglich ist, zeigten die Hersteller zuletzt auf der IAA 2016.Wir berichteten über Konzepte zur Vernetzung, Aerodynamik und Emissionsreduzierung. Statt neuer Modellreihen und aufwendiger Konstruktion, setzt das amerikanische Start-up „Otto“ aufs Nachrüsten. Das Unternehmen hat einen Bausatz entwickelt, mit dem ältere Lastwagen zu autonomen Brummis umgerüstet werden sollen.

Wie schnell es manchmal gehen kann, zeigt Daimler Trucks. Im Juli 2015 berichteten wir, dass der Lkw-Hersteller daran arbeitet, selbstfahrende Trucks auf deutschen Autobahnen testen zu dürfen. Im Oktober erfolgt die Jungfernfahrt auf der A8 um Stuttgart. Die Bilder, wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Daimler-Truck-Chef Wolfgang Bernhard im Führerhaus einen Kaffee schlürfen, während der Truck sie über die Autobahn fährt, gingen um die Welt.

Dass Brummifahrer deshalb nicht reihenweise ihre Arbeit verlieren müssen, lässt sich an der Studie VisionX von Bosch ablesen. Darin weist der Zulieferer den Lastwagenfahrern eine völlig neue Rolle als Logistikmanager zu. Wenn dann noch das passende Licht für bessere Stimmung im Fahrerhaus sorgt, könnten die Nachwuchssorgen der Speditionen künftig gemindert werden.

Ein Beitrag von:

  • ingenieur.de

    Technik, Karriere, News, das sind die drei Dinge, die Ingenieure brauchen.

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