Der weltweit erste Wasserstoff-Zug fährt im regulären Linienbetrieb
Wo bislang Dieselschwaden in die Luft stiegen, entweicht nun Wasserdampf dem Auspuff des weltweit ersten Zuges mit Wasserstoffantrieb, der im Linienbetrieb unterwegs ist. Der Coradia iLint wird im Elbe-Weser-Netz eingesetzt. Seine Reichweite ist mit 1000 Kilometern außerordentlich.
Wer Coradia iLint zwischen Cuxhaven, Bremerhaven, Bremervörde und Buxtehude vorbeirauschen sieht, ist vielleicht enttäuscht. Denn der blaue Regionalzug macht von außen nicht den Anschein, etwas Besonderes zu sein. Doch er ist besonders. „Dies ist ein bedeutender Tag für die Zukunft der Mobilität“, freute sich Henri Poupart-Lafarge, Präsident des französischen Bahnkonzerns Alstom. „Der weltweit erste Wasserstoff-Brennstoffzellenzug nimmt den regulären Fahrbetrieb auf und ist somit serienreif.“
Klimafreundliche Alternative zu Dieselzügen
Herz des Wasserstoffantriebs ist eine Brennstoffzelle. Sie wandelt Umgebungsluft und Wasserstoff in Wasser um. Bei dieser exothermen Reaktion entsteht Strom, der Lithium-Ionen-Akkus im Fahrzeugboden auflädt. So steht genügend Energie für den Elektromotor zur Verfügung, der den Zug auf eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h beschleunigt. Und dank eines sogenannten Rekuperationssystems lässt sich auch aus der Bremsenergie Strom für die Akkus gewinnen.
Die CO2-Emissionen liegen bei Null, sofern der Wasserstoff mit Hilfe erneuerbarer Energien hergestellt wurd. Aus dem Auspuff strömt lediglich harmloser Wasserdampf. „Die emissionsfreie Antriebstechnologie des Coradia iLint bietet eine klimafreundliche Alternative zu konventionellen Dieselzügen, gerade auf nichtelektrifizierten Strecken“, unterstreicht Niedersachsens Wirtschafts- und Verkehrsminister Bernd Althusmann.
Eine Wasserstoff-Füllung reicht für 1000 km
Derzeit ist der Zug auf eine mobile Tankstelle angewiesen, die neben den Gleisen im Bahnhof Bremervörde steht. Sie pumpt gasförmigen Wasserstoff aus einem 12 m langen Stahlcontainer in einen Tank auf dem Dach des Zuges. Mit einer Füllung fährt Coradia iLint 1000 km weit und ist somit den ganzen Tag im Elbe-Weser-Netz einsatzfähig. 2021 will die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachen (LNVG) eine festinstallierte Wasserstoff-Tankstelle in Betrieb nehmen, um dann 14 weitere Wasserstoffzüge zu versorgen, die Alstom in drei Jahren liefern wird.

Funktionsweise des Zugs: Der gasförmige Wasserstoff ist in Tanks auf dem Dach gespeichert. Eine Brennstoffzelle lässt den Wasserstoff mit der Umgebungsluft reagieren. Dabei entsteht Strom, der Akkus im Fahrzeugboden auflädt.
Quelle: Alstom
Irgendwann könnten die Wasserstoff-Züge auch bundesweit zum Einsatz kommen. „Wasserstoff ist eine echte emissionsarme und effiziente Alternative zum Diesel“, ist Enak Ferlemann überzeugt, Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr. Insbesondere auf Nebenstrecken, an denen Oberleitungen unwirtschaftlich sind, könnten die Züge sauber und umweltfreundlich unterwegs sein. „Deshalb unterstützen und fördern wir diese Technologie, auch um sie weiter in die Fläche zu bringen.“
Niedersachsen gibt 81 Millionen Euro Zuschuss
Und auch Althusmann, dessen Ressort den Kauf der 14 weiteren Wasserstoff-Züge mit 81 Millionen Euro unterstützt, blickt optimistisch Richtung Expansion. „Wenn es gelingt, die Einsatztauglichkeit der Brennstoffzellen-Technologie im täglichen Betrieb nachzuweisen, werden wir die Weichen dafür stellen, dass der Schienenverkehr in Zukunft weitestgehend klimafreundlich und emissionsfrei betrieben werden kann“, sagt Husmann.
Nicht nur Züge können ihren Strom aus Wasserstoff mit Hilfe von Brennstoffzellen selbst erzeugen. Tesla will 2021 einen Wasserstoff-Truck auf den Markt bringen, mit Brennstoffzellen-Technik von Bosch.
Bombardier, die TU Berlin und lokale Verkehrsbetriebe arbeiten derweil noch an einer anderen Idee, dem Batteriezug. Er soll kürzere Strecken ohne Oberleitung mit einem eigenen Akku überbrücken.
Jobsuche für Ingenieure
Themen im Artikel
Empfehlung der Redaktion
Stellenangebote im Bereich Fahrzeugtechnik
Alle Fahrzeugtechnik Jobs