Müdigkeit am Steuer 14.05.2013, 13:59 Uhr

Akzeptanzprobleme bei Überwachungssystemen

Rund jeder fünfte Unfall hat dieselbe Ursache: Übermüdung. Müdigkeitswarnsysteme sollen Abhilfe schaffen. Sie bewirken aber genau das Gegenteil: Überwachte Fahrer sind erst 20 Minuten später bereit für eine Pause, als die nicht technisch kontrollierten Fahrer.

Ein verunglückter Lkw: 15 bis 20 Prozent der Lkw-Unfälle gehen auf Übermüdung des Fahrers zurück.

Ein verunglückter Lkw: 15 bis 20 Prozent der Lkw-Unfälle gehen auf Übermüdung des Fahrers zurück.

Foto: dpa/Thomas Pöppel

„15 bis 20 Prozent aller schweren Unfälle auf Schnellstraßen sind auf Übermüdung zurückzuführen“, sagt Dr. Katja Karrer-Gauß, die sich in ihrer Dissertation „Prospektive Gestaltung von Systemen zur Müdigkeitserkennung“ am Fachgebiet Mensch-Maschine-Systeme bei Professor Matthias Rötting an der TU Berlin genau mit dieser Fragestellung intensiv beschäftigt hat.

Ungewolltes Einschlafen am Steuer ist am gefährlichsten

Fahrermüdigkeit wird darin definiert als Zustand reduzierter mentaler Wachheit, welcher mit einer verminderten Leistung bei kognitiven und psychomotorischen Aufgaben, einschließlich des Fahrens, einhergeht. Fahrerfehler sind dann zum Beispiel das Einlegen eines falschen Ganges oder eine falsche Einschätzung des Bremsweges. Auch die Fähigkeit, auf gefährliche Situationen zu reagieren, ist bei Müdigkeit eingeschränkt. Am höchsten ist die Unfallgefahr bei ungewolltem Einschlafen am Steuer.

Zu den typischen Anzeichen akuter Fahrermüdigkeit zählen häufiges Gähnen, schwere Augenlider, Konzentrationsprobleme, eine verlangsamte Reaktion, häufiges Augenzwinkern, oftmaliges Wechseln der Sitzposition, eine erhöhte Blendempfindlichkeit, brennende Augen, Probleme beim „Scharfsehen“ sowie ein „starrer Blick“. Auch die Tendenz am bzw. nahe dem Mittelstreifen zu fahren sowie schlechtes Spurhalten und ein traumähnlicher Zustand gelten als Indiz.

Fenster öffnen bringt so gut wie nichts gegen Müdigkeit

Im Fahrzeug ergreifen ermüdete Fahrer häufig vermeintlich effektive Gegenmaßnahmen, wie das Fenster öffnen oder das Autoradio laut aufdrehen. Die Wirkung hält allerdings nicht lange an und täuscht nur kurzfristig über den tatsächlichen Müdigkeitszustand hinweg.

Stellenangebote im Bereich Forschung & Entwicklung

Forschung & Entwicklung Jobs
Bundeswehr-Firmenlogo
Ingenieurin / Ingenieur mit Bachelor (m/w/d) Beamtenausbildung Bundeswehr
verschiedene Standorte Zum Job 
Niedersachsen.next GmbH-Firmenlogo
Themenmanager Mobilität und Digitalisierung | Mobilitätskonzepte (m/w/d) Niedersachsen.next GmbH
Hannover Zum Job 
Universität Duisburg-Essen Campus Duisburg-Firmenlogo
13 positions for PhD candidates (f/m/d) Universität Duisburg-Essen Campus Duisburg
Duisburg Zum Job 
Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr-Firmenlogo
Ingenieurin / Ingenieur mit Bachelor (m/w/d) Beamtenausbildung Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr
verschiedene Standorte Zum Job 
Bergische Universität Wuppertal-Firmenlogo
Research Assistant (postdoc) in the field of additive manufacturing of metals Bergische Universität Wuppertal
Wuppertal Zum Job 
MICON Gruppe-Firmenlogo
Ingenieur (m/w/d) MICON Gruppe
Nienhagen Zum Job 
Steinmeyer Mechatronik GmbH-Firmenlogo
Entwicklungsingenieur (m/w/d) Steinmeyer Mechatronik GmbH
Dresden Zum Job 
Max-Planck-Institut für Astronomie-Firmenlogo
Astronom*in / Physiker*in / Ingenieur*in (m/w/d) für Adaptive Optik Max-Planck-Institut für Astronomie
Heidelberg Zum Job 
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)-Firmenlogo
Universitätsprofessur (W3) Intelligente rekonfigurierbare Produktionsmaschinen Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Karlsruhe Zum Job 
Neovii Biotech GmbH-Firmenlogo
Qualification Engineer (m/w/d) Neovii Biotech GmbH
Gräfelfing Zum Job 
Sauer Compressors-Firmenlogo
Entwicklungsingenieur (m/w/d) Sauer Compressors
Heidrive GmbH-Firmenlogo
Entwicklungsingenieur Elektrotechnik (m/w/d) Heidrive GmbH
Kelheim Zum Job 
Nitto Advanced Film Gronau GmbH-Firmenlogo
Ingenieur (w/m/d) Verfahrenstechnik / Chemie / Physik als Entwicklungsingenieur Nitto Advanced Film Gronau GmbH
Hochschule Osnabrück-Firmenlogo
Tandem-Professur Robotik, Data Science and AI, Digitalisierte Wertschöpfungsprozesse Hochschule Osnabrück
Osnabrück, Lingen Zum Job 
Tagueri AG-Firmenlogo
(Junior) Consultant Funktionale Sicherheit (m/w/d)* Tagueri AG
Stuttgart Zum Job 
ANDRITZ Separation GmbH-Firmenlogo
Automatisierungsingenieur (m/w/d) für Dynamic Crossflow-Filter ANDRITZ Separation GmbH
Vierkirchen Zum Job 
Hochschule Angewandte Wissenschaften München-Firmenlogo
Wissenschaftliche Mitarbeiterin oder Wissenschaftlicher Mitarbeiter zum Thema "Flexible Wärmepumpe mit integriertem Wärmespeicher" (m/w/d) Hochschule Angewandte Wissenschaften München
München Zum Job 
HARTMANN-Firmenlogo
Konstrukteur / Entwicklungsingenieur (w/m/d) HARTMANN
Heidenheim Zum Job 
Adolf Würth GmbH & Co. KG-Firmenlogo
Elektroingenieur (m/w/d) Fahrzeugeinrichtung Adolf Würth GmbH & Co. KG
Obersulm-Willsbach Zum Job 
RHEINMETALL AG-Firmenlogo
Verstärkung für unsere technischen Projekte im Bereich Engineering und IT (m/w/d) RHEINMETALL AG
deutschlandweit Zum Job 

Auch die Wirkung von Koffein in Getränken wie Kaffee hält nur 30 Minuten bis maximal zwei Stunden lang. Dazu kommt, dass sich komplexe kognitive Funktionen, die durch Schlafmangel beeinträchtigt sind, durch Koffein nicht verbessern. Kurzfristig und nachhaltig am effektivsten ist es, anzuhalten und eine kurze Schlafpause von etwa 15 Minuten Dauer einzulegen. Stark ermüdeten Fahrer bleibt nur ein wirklich sichere Gegenmaßnahme: die Fahrt beenden.

Paradox: Technisch überwachte Fahrer fahren besonders lange

Genau das machen aber die wenigsten. Und die den Fahrer unterstützenden Systeme zur Müdigkeitserkennung scheinen da wenig zu helfen. So ließ die Doktorandin ihre 36 Probanden in einem Fahrsimulator umherbrausen, einmal unterstützt durch ein System zur Müdigkeitserkennung und einmal ohne Unterstützung. Es stellte sich heraus, dass allein die Tatsache, von einem System überwacht zu werden, Einfluss auf das Verhalten der Fahrer hat. Der Müdigkeitsassistent bewirkte überraschenderweise, dass der Fahrer sich eher motiviert fühlte, gegen die Müdigkeit anzukämpfen, als eine Pause einzulegen. „Im Durchschnitt waren die Probanden mit einem Müdigkeitsassistenten an Bord, 20 Minuten später bereit zu pausieren“, sagt Katja Karrer-Gauß. Wohl kaum im Sinne des Erfinders: „Der Zweck eines Systems zur Müdigkeitserkennung sollte allerdings nicht darin liegen, die Fahrer zur Weiterfahrt in übermüdetem Zustand zu motivieren“, betont die Autorin.

Das Ganze geht sogar so weit, dass die Müdigkeitswarnsysteme die Fahrer zu einer Risikokompensation verführen. Das ergab eine Befragung von 13 Berufskraftfahrern in zwei Fokusgruppen, die Katja Karrer-Gauß im Rahmen ihrer Arbeit durchführte. Sie gaben an, dass sie „dichter an die Übermüdungsgrenze heranfahren“, wenn sie von einem System überwacht werden. Sie setzen sich also gegebenenfalls über die eigene Einschätzung der Müdigkeit hinweg, fahren damit länger und verhalten sich riskanter.

Das Problem ist der große Termindruck für die Fahrer

Ein großes Dilemma zeigt sich auch darin auf, dass es sehr unterschiedliche Bewertungen solcher Müdigkeitserkennungssysteme gibt. Wissenschaftler erachten eine Müdigkeitsanzeige im LKW als sinnvoll, LKW-Fahrer hingegen als nutzlos, „weil das Problem nicht die Müdigkeitserkennung sei“, so Katja Karrer-Groß, „sondern der enorme Druck unter dem die Kraftfahrer stünden, Termine einzuhalten, die sie zu langen Fahrten zwängen“.

Aus Sicht der Kraftfahrer wären verhaltenswirksame Rückmeldungen, wie die Einbindung sozialer Kontrolle durch einen Beifahrer wichtig oder sogar das erzwungene Anhalten des LKW’s im Falle extremer Müdigkeit. Und noch etwas wünschen sich die Brummifahrer: dass die Müdigkeitsbewertungen des Systems als legitime Rechtfertigung für mögliche Verspätungen gegenüber Arbeitgebern oder Kunden genutzt werden können.

Entscheidend für die Akzeptanz solcher Müdigkeitsüberwachungssyteme scheint die Art und Weise der Rückmeldung an den Fahrer. So reicht es nicht, im Armaturenbrett ein Kaffeetassensymbol aufblinken zu lassen oder den Fahrerraum mit Pfefferminzduft zu fluten. Vielmehr muss mit der Rückmeldung eine konkrete Gefahr assoziiert werden. Die höchste Akzeptanz hatte ein blinkendes, rotes Auge auf der Frontscheibe. Als besonders gefährlich wurde die Situation eingeschätzt, wenn das Lenkrad vibrierte oder das Fahrzeug kurz abbremste. Fazit: Je mehr die Rückantwort an eine Unfallsituation gemahnt, desto wirkungsvoller ist sie.

 

Ein Beitrag von:

  • Detlef Stoller

    Detlef Stoller ist Diplom-Photoingenieur. Er ist Fachjournalist für Umweltfragen und schreibt für verschiedene Printmagazine, Online-Medien und TV-Formate.

Themen im Artikel

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.