Automatisierung 18.01.2022, 12:05 Uhr

ITler lässt einen Code seinen Job machen – und keiner hat’s gemerkt

Ein IT-Experte hat einen Algorithmus geschrieben, der seinen Job erledigt, ohne dass sein Arbeitgeber etwas davon merkt. Was das für die Automatisierung der Arbeitswelt bedeutet.

Bei Reddit geht diese Geschichte viral: Ein ITler hat angeblich einen Code geschrieben, der seine Arbeit für ihn erledigt - ohne dass sein Arbeitgeber davon wusste. Foto: Panthermedia.net/Gorodenkoff

Bei Reddit geht diese Geschichte viral: Ein ITler hat angeblich einen Code geschrieben, der seine Arbeit für ihn erledigt - ohne dass sein Arbeitgeber davon wusste.

Foto: Panthermedia.net/Gorodenkoff

Wenn ein Algorithmus den Job übernimmt, den normalerweise Menschen machen, dann klingt das für viele nach drohender Arbeitslosigkeit. Für einen IT-Spezialisten in einer Kanzlei wurde das hingegen angeblich zum vollen Erfolg. Er behauptet, einen Code programmiert zu haben, der Unterlagen für Gerichtsverhandlungen digital sortierte. Das war vorher sein Job gewesen. Das stattliche Gehalt kassierte der Mann nach eigener Aussage trotzdem – und wird damit zum Reddit-Star.

Auf der Plattform Reddit geht das Posting des ITlers, der sich dort Throwaway59724 nennt, viral. In einem Posting beschreibt er, wie er seinen Job automatisierte und das Script sein Gehalt verdiente.

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Script kann Routineaufgabe besser erledigen

Sein Arbeitgeber verlagerte das Beweismanagement in die Cloud. Ihrem ITler erteilte die Kanzlei die alleinigen Admin-Rechte, wie es auf Reddit heißt. „Klingt super, aber ich fand schnell heraus, dass dies die einzige Aufgabe war, die sie von mir während meiner Acht-Stunden-Schicht erwarteten.“ Diese Routine-Aufgabe konnte ein Script in seinen Augen viel besser erledigen.

Der erstellte Code durchsucht das lokale Laufwerk nach neuen Dateien und überträgt sie in die Cloud. Dazu werden Hash-Values generiert – sowohl für die Speicherung in der Cloud als auch für die Wiedergabe. In der Informatik kommt der Begriff Hash-Funktion häufig vor. “Hash” lässt sich mit “zerhacken” übersetzen. Eingedeutscht spricht man auch von der Streuwertfunktion, bei der es darum geht Daten zu “verstreuen” oder zu “zerhacken”. Der Hash-Value ist der Wert, der zur Verschlüsselung von Dateien oder Nachrichten verwendet wird – auch bekannt bei der Blockchain-Technologie.

Welche Programmiersprache hat der ITler benutzt?

Laut dem Coder ist das Script recht simpel. Er habe gegoogelt, wie sich Dateitypen übertragen lassen. Konkret handelt es sich um ein Batch-Skript, das zum Teil mit Windows PowerShell programmiert wurde.

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Mit Batch-Dateien können Routineaufgaben automatisiert werden. Die einfache Textdatei wird mit der Dateierweiterung .bat gespeichert. In einem Editor, der auf jedem Windows-Rechner vorhanden ist, kann die Datei also erstellt werden. Das Skript besteht aus mehreren Befehlen, die ausgeführt werden, sobald die Datei mit einem Doppelklick aufgerufen wird. Ihr Ursprung liegt in MS-DOS, kurz für Microsoft Disk Operating System – also Microsofts erstes Betriebssystem für x86-PCs. Auf neueren Windows-Versionen läuft Batch aber immer noch einwandfrei. PowerShell ist darüber hinaus für die Arbeit mit Skriptsprachen gut geeignet, da es zum Beispiel Befehle automatisch vervollständigt. Entwickeln und Testen von Skripten gelingt auf diese Weise. Von einfachen Befehlen, wie etwa die Uhrzeit anzeigen zu lassen, bis hin zu komplexen Anwendungen wie Automatisierungslösungen ist mit PowerShell vieles möglich. Filter, Skripte und ausführbare Dateien gehören zu den gängigsten Funktionen der Verwaltungsumgebung.

Innerhalb von fünf Tagen hat der IT-Spezialist mehr als 5.000 Kommentare für sein Vorgehen auf Reddit erhalten. Ob sein Arbeitgeber mitgelesen hat und wie was  er von der ganzen Geschichte hält, ist nicht überliefert.

Gefährdet Automatisierung massenhaft Arbeitsplätze?

Der Reddit-Nutzer hat gezeigt, was mit Automatisierung möglich sein könnte und hatte anscheinend Erfolg damit. Doch was sind global betrachtet die Konsequenzen von zunehmender Automatisierung und Digitalisierung? Sind Jobs bedroht?

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Dazu gibt es immer wieder Studien, die mal eher pessimistische, mal eher optimistische Aussichten bieten. Zuletzt hat die britische Kultureinrichtung Royal Society for Encouragement of Arts, Manufactures and Commerce (RSA) untersucht, welche Arbeitsplätze in Europa und Afrika von Automatisierung betroffen sind – und welche möglicherweise verdrängt werden. Bereits 2018 hatte eine OECD-Studie ergeben, dass 14 % der Berufe in den OECD-Mitgliedsstaaten durch Automatisierung verdrängt werden könnten. 32 % der steht laut der Studie ein erheblicher Wandel bevor.

Die RSA-Studie schaut genauer auf die einzelnen Berufssparten. Demnach sind vor allem Jobs bedroht, die sehr technisch ablaufen und standardisiert sind und wenig Kreativität oder emotionale Intelligenz erfordern. Jobs in Ballungsgebieten sind laut der Studie indes schwieriger zu automatisieren, weil dort häufig Geschäftsfelder angesiedelt sind, für die spezielle Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter notwendig sind. Also etwa juristische Tätigkeiten, Management-Jobs oder Tätigkeiten in der Informatik.

96.000 freie Stellen für IT-Fachkräfte

Das deckt sich mit Zahlen zum Arbeitsmarkt. So werden für die digitale Transformation, die von Unternehmen in allen Wirtschaftsbereichen als immer wichtiger werdende Maßnahme empfunden wird, dringend IT-Fachkräfte gebraucht. Laut einer Studie des Branchenverbands Bitkom zum Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte gab es 2021 allein hierzulande branchenübergreifend 96.000 freie Stellen für ITler und Programmiererinnen. Das sind 12 % mehr als im Vorjahr (2020 blieben quer durch alle Branchen 86.000 Jobs unbesetzt).

Grundsätzlich werden manche Jobs mit der Zeit wohl tatsächlich verschwinden. Optimistischere Beobachter gehen aber davon aus, dass dafür völlig neue Jobprofile geschaffen werden. Beispiel Bau: Was ein BIM-Manager mal machen würde, hätte vor 40 Jahren niemand sagen können.

Ein Beitrag von:

  • Peter Sieben

    Peter Sieben schreibt über Forschung, Politik und Karrierethemen. Nach einem Volontariat bei der Funke Mediengruppe war er mehrere Jahre als Redakteur und Politik-Reporter in verschiedenen Ressorts von Tageszeitungen und Online-Medien unterwegs.

  • Sarah Janczura

    Sarah Janczura

    Sarah Janczura schreibt zu den Themen Technik, Forschung und Karriere. Nach einem Volontariat mit dem Schwerpunkt Social Media war sie als Online-Redakteurin in einer Digitalagentur unterwegs. Aktuell arbeitet sie als Referentin für Presse und Kommunikation beim VDI e.V.

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