Erbgut analysiert 20.07.2016, 12:47 Uhr

6.000 Jahre alte Gerstenkörner: Wir essen fast das gleiche Korn wie die Steinzeitmenschen

Einem internationalen Forscherteam eröffnen winzige Steinzeit-Getreidekörner aus einer Höhle im Nahen Osten riesige Fenster in die Menschheitsgeschichte. Für die Wissenschaftler steht fest: Die Menschen im Jordantal haben als Erste Gerste domestiziert – und zwar so erfolgreich, dass sich in den letzten 6.000 Jahren nicht mehr viel am Erbgut des Getreides geändert hat. 

Gerste reift im schleswig-holsteinischen Blekendorf in einem Feld des Lehr- und Versuchszentrums Futterkamp: Forscher haben das Erbgut von 6.000 Jahre altem Gerstenkorn entschlüsselt und dabei festgestellt, dass es große Ähnlichkeit mit den heute gebräuchlichen Sorten hat.

Gerste reift im schleswig-holsteinischen Blekendorf in einem Feld des Lehr- und Versuchszentrums Futterkamp: Forscher haben das Erbgut von 6.000 Jahre altem Gerstenkorn entschlüsselt und dabei festgestellt, dass es große Ähnlichkeit mit den heute gebräuchlichen Sorten hat.

Foto: Axel Heimken/dpa

Im Fruchtbaren Halbmond, einem Gebiet, das sich vom heutigen Irak bis hin nach Jordanien erstreckt, wird Gerste bereits seit Tausenden von Jahren domestiziert und angebaut. Das legt die Analyse von 6.000 Jahre alten Getreidekörnern nahe, die Forscher jetzt in einer Höhle in der Nähe des Toten Meers gefunden haben. Die Samen gehörten zu unzähligen anderen pflanzlichen Überresten, die die Zeit in der Yoram-Höhle überdauert haben. Diese liegt in vier Metern Höhe in einer Felswand der judäischen Wüste und wurde in der Steinzeit nur kurz von Menschen genutzt – wahrscheinlich als Zufluchtsort.

DNA hat die Jahrtausende überdauert

So winzig die Gerstenkörner auch scheinen mögen: Den Mitgliedern des internationalen Forscherteams, dem unter anderem Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben, des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte in Jena und der Universität Tübingen angehören, eröffnen sie riesige Fenster in die Menschheitsgeschichte.

Der Eingang zur Yoram Höhle liegt in einer fast senkrecht aufragenden Felswand rund vier Meter oberhalb eines schmalen Pfades

Der Eingang zur Yoram Höhle liegt in einer fast senkrecht aufragenden Felswand rund vier Meter oberhalb eines schmalen Pfades

Quelle: Ehud Weiss/Nature genetics, DOI: 10.1038/ng.3611

Stellenangebote im Bereich Forschung & Entwicklung

Forschung & Entwicklung Jobs
Technische Hochschule Augsburg-Firmenlogo
Professur für verfahrenstechnische Produktion Technische Hochschule Augsburg
Augsburg Zum Job 
MAX-DELBRÜCK-CENTRUM FÜR MOLEKULARE MEDIZIN-Firmenlogo
Ingenieur*in (Gebäude- u. Energietechnik) für das Helmholtz Kompetenznetzwerk Klimagerecht Bauen MAX-DELBRÜCK-CENTRUM FÜR MOLEKULARE MEDIZIN
Karlsruher Institut für Technologie-Firmenlogo
Ingenieurin / Ingenieur (w/m/d) im Bereich mechanische Entwicklung und Projektleitung Karlsruher Institut für Technologie
Eggenstein-Leopoldshafen Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Fachingenieur (w/m/d) BIM Die Autobahn GmbH des Bundes
PFISTERER Kontaktsysteme GmbH-Firmenlogo
High Voltage Testing Specialist (w/m/d) PFISTERER Kontaktsysteme GmbH
Winterbach Zum Job 
Sanofi-Aventis Deutschland GmbH-Firmenlogo
Ingenieur-Trainee in der Pharmazeutischen Produktion - all genders Sanofi-Aventis Deutschland GmbH
Frankfurt am Main Zum Job 
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)-Firmenlogo
Universitätsprofessur (W3) Intelligente rekonfigurierbare Produktionsmaschinen Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Karlsruhe Zum Job 
Neovii Biotech GmbH-Firmenlogo
Qualification Engineer (m/w/d) Neovii Biotech GmbH
Gräfelfing Zum Job 
Sauer Compressors-Firmenlogo
Entwicklungsingenieur (m/w/d) Sauer Compressors
Heidrive GmbH-Firmenlogo
Entwicklungsingenieur Elektrotechnik (m/w/d) Heidrive GmbH
Kelheim Zum Job 
Niedersachsen.next GmbH-Firmenlogo
Themenmanager Mobilität und Digitalisierung | Mobilitätskonzepte (m/w/d) Niedersachsen.next GmbH
Hannover Zum Job 
Universität Duisburg-Essen Campus Duisburg-Firmenlogo
13 positions for PhD candidates (f/m/d) Universität Duisburg-Essen Campus Duisburg
Duisburg Zum Job 
Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr-Firmenlogo
Ingenieurin / Ingenieur mit Bachelor (m/w/d) Beamtenausbildung Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr
verschiedene Standorte Zum Job 
Bergische Universität Wuppertal-Firmenlogo
Research Assistant (postdoc) in the field of additive manufacturing of metals Bergische Universität Wuppertal
Wuppertal Zum Job 
MICON Gruppe-Firmenlogo
Ingenieur (m/w/d) MICON Gruppe
Nienhagen Zum Job 
Steinmeyer Mechatronik GmbH-Firmenlogo
Entwicklungsingenieur (m/w/d) Steinmeyer Mechatronik GmbH
Dresden Zum Job 
Max-Planck-Institut für Astronomie-Firmenlogo
Astronom*in / Physiker*in / Ingenieur*in (m/w/d) für Adaptive Optik Max-Planck-Institut für Astronomie
Heidelberg Zum Job 
Bundeswehr-Firmenlogo
Ingenieurin / Ingenieur mit Bachelor (m/w/d) Beamtenausbildung Bundeswehr
verschiedene Standorte Zum Job 
Nitto Advanced Film Gronau GmbH-Firmenlogo
Ingenieur (w/m/d) Verfahrenstechnik / Chemie / Physik als Entwicklungsingenieur Nitto Advanced Film Gronau GmbH
Hochschule Osnabrück-Firmenlogo
Tandem-Professur Robotik, Data Science and AI, Digitalisierte Wertschöpfungsprozesse Hochschule Osnabrück
Osnabrück, Lingen Zum Job 

Durch die Trockenheit, die in der Höhle herrscht, hat sich das Erbmaterial der Gerstenkörner über die Jahrtausende erhalten. Das macht die Körner so unwiderstehlich für die Forschung: „Alte DNA ist für uns wie eine Zeitmaschine, mit der wir an einzelne Zeitpunkte in der Domestikationsgeschichte von Kulturpflanzen zurückreisen können“, sagt Johannes Krause, Leiter der Abteilung Archäogenetik am Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena.

Das älteste Pflanzengenom, das jemals rekonstruiert wurde

Für ihre Untersuchungen halbierten sie die Uralt-Körner: Die eine Hälfte nutzten sie zur Erbgutanalyse, während sie mit Hilfe der Radiocarbonmethode das Alter der anderen Hälfte bestimmten. So konnten die Forscher sicherstellen, dass sich keine neuzeitlichen Sämereien unter die Funde gemogelt hatten. Und wirklich: Es handelt sich tatsächlich um das älteste Pflanzengenom, das jemals rekonstruiert wurde. Extrem viele Vergleichswerte gibt es allerdings noch nicht. Bisher hatte sich die archäobotanische Forschung auf morphologische Untersuchungen verlassen müssen: die Beschreibung von sichtbaren Merkmalen. Lediglich das Erbgut von prähistorischem Mais hatten die Forscher bisher entschlüsseln können.

Aufnahme eines in der Yoram-Höhle gefundenen Gerstenkorns (re.): Dank der extremen Trockenheit der judäischen Wüste ist pflanzliches Material außerordentlich gut erhalten.

Aufnahme eines in der Yoram-Höhle gefundenen Gerstenkorns (re.): Dank der extremen Trockenheit der judäischen Wüste ist pflanzliches Material außerordentlich gut erhalten.

Quelle: Uri Davidovich/Nature genetics, DOI: 10.1038/ng.3611

Dieses Verfahren der Erbgutanalyse ermöglichte es den Wissenschaftlern, Vergleiche zu heutigen Gerstensorten anzustellen. Federführend hierbei war das Team vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben. Unterstützung bekam es dabei von schottischen Kollegen vom James-Hutton-Institut in Dundee und von der Universität Minnesota. Was genau die Analyse des Erbguts ergeben hat, haben die Wissenschaftler in der aktuellen Online-Ausgabe der Fachzeitschrift Nature Genetics publiziert.

Deutliche Unterschiede zu den Wildformen

Eine wichtige Erkenntnis der Untersuchung: Die vor 6.000 Jahren angebauten Formen unterscheiden sich genetisch bereits sehr deutlich von den Wildformen. Dafür haben sie große Ähnlichkeit mit den heute gebräuchlichen Sorten. Das sei erstaunlich, wenn man die Klimaveränderungen, Einflüsse durch Tiere und andere Pflanzen sowie die landwirtschaftliche Weiterentwicklung in den vergangenen Jahrtausenden bedenke, heißt es.

Als Ötzi noch zur Jagd gehen musste, wurde im Jordantal bereits Gerste angebaut. 

Als Ötzi noch zur Jagd gehen musste, wurde im Jordantal bereits Gerste angebaut.

Quelle: Südtiroler Archäologiemuseum/Ochsenreiter/dpa

Vor allem aber zeige die Ähnlichkeit, dass die Domestikation der Gerste bereits sehr früh abgeschlossen gewesen sei. Zudem sei das obere Jordantal, also der Fundort der untersuchten Gerstenkörner, der Ausgangspunkt für die Domestikation der Gerste gewesen, sind sich die Forscher der Universität Haifa und vom israelischen Tel-Hai-College sicher. Das legen sowohl der Vergleich mit heutigen lokal angebauten Sorten als auch klassisch-archäologische Funde nahe, die den bislang frühesten Gerstenanbau belegen. Erst später breitete sich diese Kulturtechnik nach Europa, Asien und Nordafrika aus.

Methode begründet vielleicht neuen Forschungszweig

Wenn es nach den Forschern geht, bleibt dieses Zusammenspiel von Archäobotanik und Genetik kein Einzelfall, sondern begründet einen ganz neuen Forschungszweig. Damit würden ganz neue Erkenntnisse zu Ursprung, Domestikation und Verbreitung von Kulturpflanzen ermöglicht.

Ausgrabungen in Tel Aviv haben übrigens ergeben, dass die Ägypter schon vor 5000 Jahren Bier brauten.

Ein Beitrag von:

  • Judith Bexten

    Judith Bexten ist freie Journalistin. Ihre Schwerpunkte liegen in den Bereichen Technik, Logistik und Diversity.

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.