Wie können Ingenieure Alumni-Netzwerke nutzen?
Gerade zu Beginn des Berufslebens kann gutes Networking eine große Hilfe sein. Für Ingenieure sind Alumni-Netzwerke besonders vielversprechend. Vorausgesetzt, sie werden professionell aufgebaut und geführt.

Mit dem Hochschulabschluss trennen sich die Wege von Absolventen. Die Brücken zu ehemaligen Kommilitonen sollte man aber nicht abreißen lassen.
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- Vorteile eines Alumni-Netzwerks
- Qualität eines Alumni-Netzwerks
- Nutzung eines Alumni-Netzwerks
- Auftreten in einem Alumni-Netzwerk
Für Berufsanfänger ist es immer hilfreich, gute Kontakte zu haben. Doch wie sollen Ingenieure diese aufbauen, falls sie nicht bereits über den Verwandten- oder Bekanntenkreis vorhanden sind? Absolventen können eine natürliche Schnittstelle nutzen, die sie mit vorhergehenden Jahrgängen verbindet: Alumni-Netzwerke. Die Amerikaner haben schon vor über 200 Jahren damit begonnen, vor allem die Top-Hochschulen als elitäre Clubs zu sehen und dort Alumni-Programme zu gründen – erfolgreiche Ehemalige kommen hier zusammen, um den Nachwuchs zu unterstützen und die Hochschule zu fördern.
In Deutschland hingegen gibt es Alumni-Netzwerke erst seit den 1980ern Jahren. Gerade viele staatliche Hochschulen nutzen jedoch ihr Potenzial bis heute kaum oder haben sogar vollständig darauf verzichtet, Alumni-Programme zu gründen. Auch unter den Ehemaligen und in vielen Unternehmen haben sich die Vorteile der Alumni-Netzwerke noch nicht ausreichend herumgesprochen. Abhängig von den Voraussetzungen der ehemaligen Hochschule kann es sich für Ingenieure daher durchaus lohnen, Alumni-Netzwerke selbst aufzubauen.
Welche Vorteile haben Alumni-Netzwerke für Ingenieure?
Im persönlichen Netzwerk eines Ingenieurs finden sich in den meisten Fällen auch ehemalige Kommilitonen. Für jeden Absolventen ist es schnell ersichtlich, warum dieses Networking hilfreich sein kann. Man kennt sich aus dem Studium, kann Stärken und Schwächen der anderen einschätzen, hat unter Umständen sogar bereits in Projektgruppen die Arbeitsweise der anderen kennengelernt. Abhängig davon, in welchen Unternehmen oder Institutionen die Ehemaligen später landen, können sie sich also gegenseitig wertvolle Tipps geben, Empfehlungen aussprechen oder sich sogar gegenseitig einstellen, um ein gutes Team aufzubauen.
Bei Alumni-Netzwerken ist die Situation eine andere: Die Ehemaligen, die das Alumni-Programm nutzen, sind über verschiedene Fachbereiche verteilt. Was hilft es also einem Ingenieur, Kontakt zu Juristen, Sozialwissenschaftlern oder dem Geschäftsführer eines Textilunternehmens aufzubauen? Das Geheimnis der Alumni-Netzwerke liegt größtenteils in ihrer Altersstruktur. Dort sind Absolventen vieler Jahrgänge versammelt, die oftmals bereits Karriere gemacht haben. Sowohl für Berufseinsteiger als auch für erfahrene Ingenieure können Alumni-Treffen daher interessante Informationen bereithalten.
Grundsätzlich erhalten Sie über Alumni-Netzwerke Einblick in andere Branchen. Das hilft Ihnen dabei, Entwicklungen abzuschätzen und Ihre Karriere gegebenenfalls sogar daran zu orientieren. Beispielsweise können Insider-Informationen über bestimmte Unternehmen oder sogar internationale Konzerne geteilt werden. Wie richten sich diese gerade strategisch aus? Wird Personal gesucht? Welche Gehaltsstruktur und Arbeitsbedingungen herrschen dort? Eventuell erfahren Sie sogar von offenen Stellen. Denn der Controller eines Konzerns weiß oftmals, dass die Technikabteilung gerade ausgebaut wird. Oder ein selbstständiger Jurist hat einen Personalentscheider als Mandanten und vermittelt diesen Kontakt.
Kontakte, die über das Alumni-Netzwerk hinausgehen, sind ohnehin ein großes Thema. Vertrauenswürdige Partner werden anderen Unternehmen weiterempfohlen. Sie können also sowohl wichtige Adressen erhalten, als auch Ihre Visitenkarten weiterreichen, damit sie außerhalb des Alumni-Netzwerkes platziert werden. Gerade bei einem Sprung in die Selbstständigkeit kann das sehr hilfreich sein. Nicht zu unterschätzen ist der Faktor der Allgemeinbildung. Gerade Ingenieure, die als Führungskräfte arbeiten wollen, sollten über ihr Fachgebiet hinaus versiert sein. In Alumni-Netzwerken können Sie sich darüber informieren, welche Sichtweise zum Beispiel für den Vertrieb oder die Rechtsabteilung in Unternehmen relevant ist. Viele Infos sind branchenübergreifend, beispielsweise Hinweise für gelungene Präsentationen oder die Mitarbeiterführung. Das betrifft auch Ratschläge, die über die eigentliche Arbeit hinausgehen, etwa gute Restaurants für Geschäftsessen oder Tipps für die Wohnungssuche. Zudem stoßen Sie in Alumni-Netzwerken natürlich auch auf Ingenieure, die in ihrer beruflichen Entwicklung bereits weiter fortgeschritten sind. Diese können Erfahrung an Sie weitergeben und Fort- und Weiterbildungen empfehlen, die Ihrer Karriere nutzen. Eventuell kommt es über das Alumni-Programm sogar zu konkreten Jobangeboten verschiedener Unternehmen.
Was zeichnet Alumni-Netzwerke im Vergleich zum sonstigen Networking aus?
Im Prinzip können Sie all diese Informationen natürlich über jedes Netzwerk abfragen. Alumni-Netzwerke kommt als Baustein erfolgreichen Networkings jedoch eine besondere Rolle zu:
Weiterbildungen und Fachkongresse, auf denen Ingenieure Kontakte knüpfen können, sind in der Regel – anders als Alumni-Netzwerke – fast ausschließlich auf die eigene Branche bezogen. Das sieht bei reinen Netzwerk-Treffen anders aus. Auch dort kommen in der Regel Mitarbeiter verschiedener Berufsgruppen, in unterschiedlichen Positionen und aus diversen Unternehmen zusammen. Das Einzugsgebiet der Netzwerk-Treffen ist jedoch lokal sehr begrenzt. Alumni-Programme haben im Vergleich also den Vorteil, bundesweit und gegebenenfalls sogar international ausgerichtet zu sein.
Eine weitere Besonderheit der Alumni-Netzwerke kommt hinzu: Die Mitglieder haben etwas gemeinsam, nämlich den Abschluss an der gleichen Hochschule. Vordergründig treffen sie sich also nicht ausschließlich fürs Networking, sondern auch, um die Hochschule zu unterstützen, Erinnerungen auszutauschen und so weiter. Das erleichtert es zum einen, über ins Gespräch zu kommen, zum anderen entsteht unter den Ehemaligen automatisch ein “Wir-Gefühl”, das den Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung fördert. Mit anderen Worten: Alumni-Netzwerke sind häufig effizienter. Dafür müssen sie allerdings professionell geführt sein.
Woran erkenne ich die Qualität eines Alumni-Netzwerks?
Natürlich kann sich niemand sein Alumni-Netzwerk aussuchen. Es hängt ja von der besuchten Hochschule ab. Dennoch ist es sinnvoll, sich zunächst mit der Qualität des Alumni-Netzwerkes zu beschäftigen. Nur wenn es professionell geführt ist, macht es Sinn, das Alumni-Programm zu nutzen. Außerdem können Sie alternativ darüber nachdenken, sich dafür zu engagieren, das Alumni-Netzwerk auszubauen, damit es Ihnen und weiteren Ehemaligen tatsächlich nutzt.
Wenn ein Alumni-Netzwerk aus einem reinen Freundes- und Förderverein ohne großartige Aktivitäten besteht, dann ist es unwahrscheinlich, dass Sie über dieses Programm mit interessanten Netzwerk-Partnern oder gar Unternehmen in Kontakt kommen. Meist dümpeln solche Organisationen vor sich hin. Ein positives Beispiel für ein gut organisiertes Alumni-Netzwerk bietet die Uni Mannheim mit Absolventum. Über das Mentoring-Programm werden Absolventen von erfahrenen Ehemaligen betreut. Der Career-Service bietet Jobbörsen, Bewerbungs-Checks und Event-Kalender an und in den Regionalgruppen treffen sich regelmäßig Ehemalige. Möglich ist dieses große Engagement nur, weil das Alumni-Netzwerk von einem eigenen Verein geführt wird, der gut organisiert ist. Die aktiven Mitglieder haben klar verteilte Aufgaben.
Wie kann ich ein Alumni-Netzwerk ausbauen oder sogar gründen?
Das Beispiel der Uni Mannheim zeigt, dass es nicht möglich ist, ein gut funktionierendes Alumni-Netzwerk mal eben nebenbei zu gründen oder zu führen – Sie brauchen Mitstreiter. Falls es noch kein eigenes Alumni-Programm an Ihrer Hochschule geben sollte oder Sie den Eindruck haben, dass es nicht aktiv genug ist, sollten Sie sich zunächst an die Hochschulleitung wenden. Es ist nötig, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen, um ein Alumni-Netzwerk aufzubauen. Für die Hochschulen haben Alumni-Netzwerke viele Vorteile. Unter anderem verstärken sie den guten Ruf der Hochschule und ganz konkret können Spenden eingefahren werden. Deswegen wird das Interesse der Hochschule vermutlich groß sein, Sie bei der Gründung eines Alumni-Netzwerks zu unterstützen. Die Hochschule muss auch deswegen als Partner mit an Bord sein, weil sie über die Adressen der Studenten und teilweise auch der Absolventen verfügt. Die Frage ist also, wer bereit ist, sich dafür zu engagieren, ein Alumni-Programm aufzubauen. Im nächsten Schritt folgen die Vereinsgründung sowie regelmäßige Treffen, in denen Ziele und erste Aktionen festgelegt werden.
Sicher ist: Es braucht viel Zeit, ein Alumni-Netzwerk zu gründen. Denn besonders effektiv ist es dann, wenn Absolventen verschiedener Jahrgänge dort zusammenkommen. Gegebenenfalls ist es also nötig, Kontaktdaten von Ehemaligen zu recherchieren, die bereits vor vielen Jahren ihren Abschluss an der Hochschule gemacht haben. Falls Sie sich selbst dafür einsetzen wollen, ein Alumni-Netzwerk zu gründen, werden Sie davon auf jeden Fall profitieren. Sie treten schon im Anfangsstadium als Netzwerker auf, zeigen Soft Skills wie Teamgeist und Führungsstärke – und haben einen hervorragenden Anlass, um zu sehr erfolgreichen Absolventen Kontakt aufzunehmen.
Unterstützung beim Aufbau neuer Alumni-Netzwerke bietet Alumni-Clubs.net, eine nicht-kommerzielle Arbeitsgemeinschaft der Alumni-Organisationen. Dort kann man bereits bestehende Netzwerke finden und von den Erfahrungen anderer Organisatoren profitieren. Unter anderem bietet der Verein Unterstützung bei der Konzeption und dem Aufbau sowie Best-Practice-Beispiele für das Kontaktmanagement, die Webseite oder das Fundraising. Mitglied sind derzeit über 300 Hochschulen und Alumni-Organisationen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich.
Wie können Ingenieure das Alumni-Netzwerk am besten nutzen?
Grundsätzlich gelten für ein Alumni-Netzwerk die gleichen Regeln wie fürs Networking generell. Das wichtigste Prinzip lautet: Erst geben, dann nehmen. In Alumni-Netzwerken geht es darum, sich gegenseitig zu nutzen. Das funktioniert am besten, indem Sie Ihr Wissen mit anderen Netzwerk-Partnern teilen, Ihr Know-how und Ihre Hilfe anbieten. Sie sollten also in Vorleistung gehen. Erst im nächsten Schritt können Sie bei Bedarf konkrete Fragen stellen oder andere Formen der Unterstützung nutzen. Sie sollten den Eindruck vermeiden, Mitglieder des Alumni-Programms nur für Ihre eigenen Zwecke zu kontaktieren. Das spricht sich schnell herum. Deswegen müssen Sie sich auch keine Sorgen machen, dass Ihr Vertrauen in die Partner nicht gewürdigt wird. Einzelne schlechte Erfahrungen sind möglich, aber unterm Strich können Sie damit rechnen, dass sich ein Alumni-Netzwerk bezahlt macht.
Wie treten Sie bei regionalen Treffen des Alumni-Programms oder Veranstaltungen der Hochschule am besten auf?
Jedenfalls nicht mehr als Student! Orientieren Sie sich an der Vorstellung einer Familienfeier bei einem wohlhabenden, konservativen und schon etwas älteren Onkel: Sie sollten einen Anzug tragen oder ein dezentes Kleid, sich fremden Gästen höflich vorstellen, viel lächeln, aufmerksam sein, an anderen Gästen Interesse zeigen und Ankündigungen einhalten – wer beim Networking sagt, er melde oder kümmere sich, sollte das unbedingt innerhalb einer kurzen Zeitspanne auch tun. Damit stellen Sie Ihre Zuverlässigkeit unter Beweis.
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