Tipps für Arbeitgeber und Führungskräfte 03.05.2022, 10:15 Uhr

Wie sollte ein gutes Konzept fürs Onboarding aussehen?

Die Phase der Einarbeitung kann ein entscheidender Faktor sein, wenn ein neuer Mitarbeiter seine Stelle antritt. Wie aber sieht ein optimales Onboarding aus? Ingenieur.de hat einige Checklisten für Sie.

Ein Team aus sechs Personen in Businesskleidung applaudiert

„Willkommen!“ – ein guter Empfang im neuen Team ist die halbe Miete. Die andere Hälfte besteht aus einer guten Vorbereitung der Kollegen.

Foto: panthermedia.net/michaeljung

Die meisten erfolgreichen Unternehmen investieren viel Zeit und Geld in die Rekrutierung ihrer Angestellten. Umso ärgerlicher ist es, wenn es lange dauert, bis der neue Mitarbeiter seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen kann. Im schlimmsten Fall kündigt er innerhalb der ersten 12 Monate, weil er sich bei seinem neuen Arbeitgeber nicht gut aufgehoben fühlt. Handelt es sich um eine stark nachgefragte Fachkraft, kann der Schaden fürs Unternehmen erheblich sein. All diese Effekte soll das sogenannte Onboarding vermeiden.

Definition: Was bedeutet Onboarding?

Der Begriff Onboarding ist aus Unternehmersicht gedacht. Es geht im wörtlichen Sinn darum, den neuen Mitarbeiter möglichst schnell an Bord zu holen, ihn also zu integrieren. Auf der einen Seite ist damit ganz praktisch gemeint, dass er sich möglichst unkompliziert in die Abläufe einfügt und seine Expertise sowie Arbeitsleistung dem Unternehmen zügig zur Verfügung stellen kann. Auf der anderen Seite spielt bei Onboarding-Konzepten auch die soziale Integration eine große Rolle. Denn der Umgang mit Kollegen ist entscheidend dafür, wie wohl sich ein neuer Mitarbeiter im Job fühlt. Beides gemeinsam kann eine hohe Identifikation mit dem Arbeitgeber auslösen. Das wäre der Idealfall einer gelungenen Einarbeitung: Der Ingenieur fühlt sich mit dem Unternehmen verbunden.

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Diese Form der Verbundenheit steigert übrigens die Motivation der Mitarbeiter und trägt zu einer besseren Work-Life-Balance bei. Das wiederum erhöht die Produktivität innerhalb der vorgesehenen Arbeitszeit. Onboarding ist also nicht zu unterschätzen. Unterm Strich kann es erheblich zum Erfolg eines Unternehmens beitragen.

Warum brauchen Unternehmen ein Onboarding-Konzept?

Nun liegt es natürlich im Sinne jedes Arbeitgebers, neue Mitarbeiter willkommen zu heißen und die Phase der Einarbeitung zu unterstützen. Zumindest in der Theorie. Wozu also müssen Arbeitgeber ihren Führungskräfte ein aufwändiges Onboarding-Konzept zur Verfügung stellen und dessen Umsetzung forcieren? Dafür gibt es vier Gründe:

  1. Auch bei Führungskräften sind Interessen und Fähigkeiten unterschiedlich verteilt. Das Onboarding eines neuen Mitarbeiters sollte aber nicht davon abhängen, ob er zufällig an einen Vorgesetzten gerät, der ein gutes Händchen für die Phase der Einarbeitung hat.
  2. Feste Strukturen, die durch ein Onboarding-Konzept vorgegeben werden, erleichtert den Kollegen die praktische Seite der Einarbeitung: Die einzelnen Punkte liegen als Checkliste vor und können abgearbeitet werden. Wichtige Inhalte gehen nicht verloren.
  3. Für ein erfolgreiches Onboarding eines neuen Mitarbeiters werden Punkte in das Konzept aufgenommen, die eine Phase der Vorbereitung benötigen, beispielsweise ein Willkommensgeschenk oder der Druck persönlicher Visitenkarten für den neu eingestellten Ingenieur. Eine Checkliste hilft bei der zeitigen Planung.
  4. Liegt ein Onboarding-Konzept vor, drückt die Unternehmensleitung damit aus, wie viel Bedeutung sie der Phase der Einarbeitung beimisst. Damit demonstriert sie Wertschätzung gegenüber allen Angestellten. Das trägt dazu bei, die emotionale Verbundenheit der Mitarbeiter zu ihrem Arbeitgeber zu erhöhen.

 

Einarbeitung: Wer sollte das Konzept erstellen?

Das Prinzip des Onboardings sollte Teil des Leitbilds eines Unternehmens sein, wird also von der Unternehmensführung installiert. Sinnvoll ist es jedoch, das konkrete Konzept für die Phase der Einarbeitung gemeinsam mit einer freiwilligen Arbeitsgruppe zu erstellen. Die Mitarbeiter sollten aus verschiedenen Hierarchieebenen stammen. Idealerweise sind einige der Mitglieder – je nach Unternehmensgröße bietet sich eine Zahl von bis zu 5 Personen an – noch nicht lange im Unternehmen beschäftigt, können sich also noch gut an den eigenen Start erinnern.

Die Arbeitsgruppe kann für das Onboarding-Konzept Schwierigkeiten und positive Erlebnisse aus der eigenen Zeit der Einarbeitung zusammentragen. Zudem sollte sie analysieren, welche Besonderheiten im Unternehmen vorliegen, welche Informationen ein Neuling benötigt und wie ihm diese am besten zu vermitteln seien. Etablierte Maßnahmen fürs Onboarding, wie sie in unserer Checkliste beschrieben werden, können ergänzt werden um individuelle Ideen, die von der Unternehmenskultur abhängen. Beispielsweise schätzen gerade junge Start-ups häufig die Sicht von außen, die neue Mitarbeiter mitbringen und fragen diese aktiv ab – das Fördern einer offenen und kritischen Kommunikation könnte dann also Teil des Onboardings sein. In großen Konzernen wird dagegen in vielen Fällen von neuen Mitarbeitern erwartet, dass sie sich zunächst zurücknehmen und mit den Gepflogenheiten vertraut machen. Dort könnte es fürs Onboarding wichtiger sein, schnell standardisierte Prozesse zu vermitteln.

Checkliste fürs Onboarding – die Phase der Vorbereitung

Je schneller sich ein Ingenieur integriert fühlt, desto eher wird er seine volle Produktivität entfalten. Das sollten Arbeitgeber und Führungskräfte im Kopf behalten, wenn sie das Onboarding-Konzept erstellen. Anders gesagt: Der Aufwand lohnt sich.

Das Onboarding beginnt faktisch schon vor dem ersten Arbeitstag des neuen Mitarbeiters. Folgendes sollte im Vorfeld organisiert werden:

  1. Ein Mentor sollte benannt werden, der für die Einarbeitung beziehungsweise fachliche Fragen zuständig ist. Dabei kann es sich – vor allem bei Führungskräften – auch um einen Ingenieur auf gleicher Hierarchieebene handeln.
  2. Ein Beauftragter wird benötigt, der die soziale Integration des neuen Mitarbeiters fördert. Idealerweise handelt es sich hierbei nicht um den Mentor. So kann die fachliche Ebene unabhängig von den sozialen Kontakten begleitet werden.
  3. Ein funktionierender Arbeitsplatz gehört zum Onboarding, also gegebenenfalls ein Computer, auf dem alle notwendigen Programme installiert und eine E-Mail-Adresse eingerichtet ist. Auch die Telefon-Durchwahl sowie Zugriffsrechte auf relevante Dateien sollten zum Arbeitsbeginn bereitstehen.
  4. Weitere eventuell benötigte Utensilien (zum Beispiel Schutzkleidung) liegen entweder bereit oder ein entsprechender Antrag ist vorbereitet und auf dem Schreibtisch des Neuankömmlings platziert.
  5. Visitenkarten und gegebenenfalls die Beschilderung der Bürotür werden im Vorfeld erstellt.
  6. Eine Mappe, ausgedruckt oder digital, mit allen relevanten Ansprechpartnern in der Verwaltung sollte zusammengestellt sein. Am besten ist sie zentral hinterlegt und wird in regelmäßigen Abständen aktualisiert.
  7. Willkommenskarte und -geschenk sind Pflicht. Im Prinzip reicht eine kleine Aufmerksamkeit, die auch aus dem Fundus des Firmen-Merchandisings stammen kann. Ziel ist hier, dass sich der neue Mitarbeiter herzlich empfangen fühlt. Falls möglich, wäre es jedoch perfekt, ein Geschenk auszuwählen, dass sich auf eines der Hobbys des Neulings bezieht, von denen er beispielsweise im Vorstellungsgespräch erzählt hat. In diesem Fall fühlt sich ein Angestellter auf besondere Weise wahrgenommen.
  8. Hilfreich fürs Onboarding ist zudem eine Liste inklusive Kontaktdaten der engsten Kollegen. Besonders sympathisch wäre es, wenn jeder sich selbst und seinen Aufgabenbereich kurz beschreibt.
  9. Umgekehrt sollten die künftigen Kollegen kurz darauf vorbereitet werden, wer zu ihnen ins Team stößt. Das hilft dabei, Anknüpfungspunkte zu finden.
  10. Falls der neue Ingenieur etwas vorbereiten muss – Stichwort Dresscode – sollte ihm sein Mentor dies vorher mitteilen.

 

Checkliste fürs Onboarding – der erste Arbeitstag

Alle Punkte aus der Vorbereitungs-Checkliste fürs Onboarding sollten rechtzeitig abgearbeitet sein, damit die Beteiligten den ersten Tag des neuen Ingenieurs folgendermaßen gestalten können:

  1. Freundlicher Empfang mit vorbereitetem Arbeitsplatz und kleinem Willkommensgruß
  2. Vorstellungsrunde der direkten Kollegen
  3. Einführungsgespräch durch den Vorgesetzten
  4. Rundgang mit dem Mentor durchs Unternehmen, inklusive weiterer Vorstellungsrunde
  5. Inhaltliche Einführung in die Arbeitsabläufe durch den Mentor
  6. Gemeinsames Mittagessen, organisiert durch den Beauftragten für die soziale Integration
  7. Erste kleine Aufgaben, Unterlagen zum Einlesen in Prozesse oder Ähnliches
  8. Am Ende des ersten Arbeitstags Feedbackgespräch mit dem Vorgesetzten: Welche Fragen hat der neue Mitarbeiter? Fühlt er sich gut aufgenommen? Besprechung der Aufgaben für den folgenden Tag.

 

Checkliste fürs Onboarding – die ersten Wochen

  1. Fachkräfte brauchen Herausforderungen. Daher sollten neue Ingenieure und Informatiker schnell selbstständig Aufgabenbereiche abarbeiten können.
  2. Feedback-Gespräche sollten zu Beginn wöchentlich erfolgen. Je nach Rückmeldung und Verlauf der Einarbeitung werden die Abstände vergrößert.
  3. Der Mentor sollte in dieser Phase unbedingt ansprechbar für inhaltliche Fragen sein und dies auch signalisieren.
  4. Aufgabe der Führungskräfte ist es, den Prozess der Einarbeitung inhaltlich zu begleiten und vor allem für erfolgreich erledigte Aufgaben Lob auszusprechen. Das motiviert. Fehlern oder Missverständnissen sollten Vorgesetzten hingegen in der Anfangsphase mit Nachsicht begegnen und Abläufe kurzerhand nochmals erklären, um künftigen Fehlern während der Onboarding-Phase vorzubeugen.
  5. Kollegen und Führungskräfte sollten den neuen Mitarbeiter im Rahmen des Onboarding zügig Kunden und Geschäftspartnern vorstellen.
  6. Der Beauftragte für die soziale Integration sollte darauf achten, dass der neue Mitarbeiter aktiv in die Pausen-Planung einbezogen wird sowie in Sammelaktionen für Geburtstagsgeschenke von Kollegen etc.
  7. Zum Ende der Probezeit sollte sich der Vorgesetzte erkundigen, wie das Onboarding aus Sicht des neuen Angestellten verlaufen ist – so kann man das Onboarding-Konzept gegebenenfalls für den nächsten Neuzugang anpassen.

Die schlimmsten Fehler

Fehler beim Onboarding sind natürlich und bleiben nicht aus. Allerdings gibt es drei zentrale Fehler, die verheerende Auswirkungen haben können.

  1. Nach dem Vorstellungsgespräch herrscht Funkstille: Nach der Bewerbungsphase und dem Angebot lief alles gut – doch dann hören neue Mitarbeitende bis zum ersten Arbeitstag nichts mehr. Das kann ein ungutes Gefühl hinterlassen und die Vorfreude auf das Onboarding trüben. Unternehmen sollten sich spätestens eine Woche vor Arbeitsbeginn per Mail bei dem neuen Mitarbeiter melden. Der Tenor: „Wir freuen uns auf Sie!“
  2. Zu viel auf einmal: Am ersten Tag sollte es ausreichend Zeit für die Begrüßung, Kennenlernen in der Kaffeeküche und Rundgänge geben. Überforderung am ersten Arbeitstag ist kontraproduktiv.
  3. Es gibt keinen Plan: Unstrukturierte Einarbeitung macht einen schlechten Eindruck. Das Onboarding sollte wie ein Projekt betrachtet werden. Planung ist also das A und O – in diesem Fall im Sinne eines Einarbeitungsplans.

Onboarding ist nicht nur eine Aufgabe für Führungskräfte

An den beispielhaft aufgeführten Maßnahmen lässt sich leicht erkennen, dass Onboarding nicht nur durch Führungskräfte und Mitarbeiter mit speziellen Mentoring-Aufgaben stattfinden darf. Ein Unternehmen und vor allem das Team, mit dem Ingenieure am engsten zusammenarbeiten, lässt sich mit einer beruflichen Familie vergleichen, in der alle Mitglieder aufeinander achtgeben. Dementsprechend sollten auch alle dazu beitragen, dass sich der neue Mitarbeiter wohlfühlt.

Gleichzeitig sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass er das Unternehmen direkt in der Probezeit wieder verlässt. Maßnahmen fürs Onboarding sollten daher Bestandteil eines festgelegten Prozesses sein, der auf jeden Mitarbeiter angewendet wird. Wichtig ist dabei, dass die jeweiligen Führungskräfte für die unterschiedlichen Aufgaben Zuständige benennen, falls sie sich nicht aus den Arbeitsbereichen ergeben sollten. Falls beispielsweise eine Assistentin immer den Druck neuer Visitenkarten organisiert, übernimmt sie das selbstverständlich auch für neue Mitarbeiter. Weitere Aufgaben, die personell nicht festgelegt sind, etwa das Mentoring, sollten gerade in größeren Abteilungen rotierend erfolgen, damit sich kein Kollege übermäßig belastet fühlt. Dabei dürfen und sollten Führungskräfte die Persönlichkeiten ihrer Mitarbeiter berücksichtigen – ein als Einzelgänger bekannter Kollege ist sicherlich nicht dafür geeignet, die soziale Integration des neuen Mitarbeiters voranzutreiben.

 

Weitere Tipps für den neuen Job:

Fallstricke in der Probezeit

Verhaltenstipps für Berufseinsteiger

Der Büro-Knigge

Ein Beitrag von:

  • Nicole Lücke

    Nicole Lücke macht Wissenschaftsjournalismus für Forschungszentren und Hochschulen, berichtet von medizinischen Fachkongressen und betreut Kundenmagazine für Energieversorger. Sie ist Gesellschafterin von Content Qualitäten. Ihre Themen: Energie, Technik, Nachhaltigkeit, Medizin/Medizintechnik.

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