Geologisches Phänomen 26.08.2023, 11:39 Uhr

Was ist ein Polsprung und welche Auswirkungen hat er?

Immer wieder geistern Meldungen durch die Medien, dass uns ein Polsprung bevorsteht. Doch was ist das überhaupt und wann gab es den letzten? Welche Auswirkungen hat er auf unser Leben?

Magnetfeld der Erde

Die magnetischen Pole der Erde haben sich bereits mehrmals umgekehrt, das wird als Polsprung bezeichnet.

Foto: Panthermedia.net/vjanez

Das Magnetfeld der Erde spielt eine entscheidende Rolle beim Schutz unseres Planeten vor den extremen Bedingungen des Weltraums. Es wirkt wie eine Art Schutzschild, der uns vor potenziell zerstörerischen Phänomenen wie Sonnenstürmen bewahrt. Ohne dieses geomagnetische Feld könnten solche kosmischen Ereignisse die Erdatmosphäre stark beschädigen oder sogar vollständig zerstören.

Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass das Erdmagnetfeld nicht konstant ist. In unregelmäßigen Abständen, im Durchschnitt etwa alle 200.000 Jahre, kommt es zu einem Phänomen, das als magnetischer Polsprung oder Polumkehrung bezeichnet wird. Dabei vertauschen der magnetische Nordpol und der magnetische Südpol ihre Lage. Der letzte bekannte Polsprung fand vor etwa 780.000 Jahren statt. Und in regelmäßigen Abständen tauchen Studien auf, die den nächsten Polsprung vorhersagen. Doch was passiert dann? In diesem Ratgeber erfahren Sie es.

Was ist ein Polsprung?

Ein Polsprung ist der Wechsel der magnetischen Pole. Normalerweise verläuft das Magnetfeld der Erde zwischen dem geografischen Nord- und dem Südpol. Bei einem Polsprung kehren sich die Pole um, so dass der magnetische Nordpol zum geografischen Südpol wird und umgekehrt. Das geschieht normalerweise über einen längeren Zeitraum von mehreren Tausend Jahren. 

Ausnahmen bestätigen die Regel: Geologinnen und Geologen fanden im Jahr 1995 im US-Staat Oregon Spuren in alten Lavaströmen, die auf einen raschen Polsprung hindeuten. Vor Millionen Jahren drehte sich das Magnetfeld um sechs Grad pro Tag. In dieser Geschwindigkeit dürfte der damalige Polsprung nur etwa einen Monat gedauert haben. 

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Polsprünge sind ein natürliches geologisches Phänomen und können Auswirkungen auf das Erdmagnetfeld und möglicherweise das Klima haben. Es gibt einige wissenschaftliche Belege für Polsprünge in der Vergangenheit. 

Wie viele Polsprünge gab es bereits?

Die genaue Anzahl vergangener Polsprünge lässt sich nicht exakt bestimmen, da sie über einen sehr langen Zeitraum von mehreren Tausend bis Zehntausend Jahren auftreten. Die sichersten Informationen haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler durch Untersuchungen von Gestein und Sedimenten gewonnen. Die Ergebnisse lieferten Hinweise auf frühere Polsprünge. 

Vermutlich hat es in den vergangenen 20 Millionen Jahren etwa zehn bis 20 Polsprünge gegeben. Diese Schätzung basiert auf den verfügbaren Fakten. Dabei ist zu bedenken, dass die Aufzeichnungen über ältere Polsprünge weniger genau sind, beziehungsweise für einige Umkehrungen fast keine Daten existieren. Je weiter der Polsprung in der Vergangenheit liegt, desto weniger Informationen stehen zur Verfügung. 

Fachleute gehen davon aus, dass Polsprünge unregelmäßig auftreten, ohne dabei einem festgelegten Muster oder Zeitrahmen zu folgen. Es gibt keine sicheren Voraussagen oder gar eine festgelegte Frequenz, in der Polsprünge auftreten. Es könnte Tausende oder sogar Millionen von Jahren dauern, bis es zum nächsten Polsprung kommt. 

Der letzte richtige Polsprung fand vor etwa 780.000 Jahren statt, wie bereits erwähnt. Er dauerte circa 22.000 Jahre. Er wird als sogenannte Brunhes-Matuyama-Umkehr bezeichnet. Den genauen Zeitpunkt dieses Polsprungs konnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler durch Gesteins- und Sedimentuntersuchungen festlegen. Allerdings gab es in jüngerer Zeit – vor etwa 41.000 bis 42.000 Jahren – eine teilweise Feldumkehr (Laschamps-Exkursion), die aber nur geschätzt 800 Jahre anhielt. Hätten die frühen Menschen damals einen Kompass gehabt, hätte dessen Nadel nach Süden gezeigt. 

Welche Auswirkungen hatten frühere Polsprünge?

Frühere Polsprünge haben sich unterschiedlich auf die Erde ausgewirkt. Alle Konsequenzen lassen sich aufgrund mangelnder Informationen nicht konkret benennen. Damals gab es natürlich keine Aufzeichnungen darüber. Auch über die Folgen der Polumkehr haben Forscherinnen und Forscher ihre Erkenntnisse durch geologische Untersuchungen gewonnen: 

  • Veränderungen im Magnetfeld: Während eines Polsprungs schwächt sich das Erdmagnetfeld ab. Es können mehrere magnetische Pole entstehen, bevor sich die Pole endgültig umkehren. Das führt dazu, dass das Magnetfeld der Erde instabil wird oder regionale Anomalien aufweist. 
  • Klimaauswirkungen: Ein Polsprung könnte Einfluss auf das Klima gehabt haben, obwohl der genaue Mechanismus (noch) nicht vollständig bekannt ist. Expertinnen und Experten nehmen an, dass durch die Änderungen im Magnetfeld die kosmische Strahlung stärker auf die Erde wirkt. Diese erhöhte Strahlung könnte die Wolkenbildung und damit das Klimasystem verändert haben. 
  • Auswirkungen auf Tier- und Pflanzenarten: Ein Polsprung wirkt sich indirekt auf die Navigationssysteme im Gehirn von Tieren aus, welche sich am Magnetfeld der Erde orientieren. Viele von ihnen, insbesondere Zugvögel und Meeressäuger, finden sich auf diese Weise während ihrer Wanderungen zurecht. Infolge von Abweichungen im Magnetfeld könnte es zu Verwirrung oder Schwierigkeiten bei der Navigation gekommen sein, die Tiere wurden fehlgeleitet. 

Die Folgen von Polsprüngen sind nicht grundsätzlich katastrophal oder bedrohen das Leben auf der Erde unmittelbar. Die Natur hat sich über Millionen Jahre an solche Veränderungen angepasst. Viele Arten haben überlebt und sich weiterentwickelt, während Polsprünge stattfanden. 

Anders war das allerdings bei der letzten kürzeren Feldumkehr, der sogenannten Laschamps-Exkursion. Durch die genaue Analyse von Ringen neuseeländischer Kauri-Baumstämme gelang es Forscherinnen und Forschern, detailliert darzulegen, wie sich die Erdatmosphäre in dieser Zeit veränderte: Es kam zu erheblichen Veränderungen der atmosphärischen Ozonkonzentration, was zu weltweiten Klimaverschiebungen führte. Viele Tier- und Pflanzenarten starben für immer aus, der frühe Mensch jedoch überlebte diesen Polsprung. 

Wann findet der nächste Polsprung statt?

Der genaue Zeitpunkt des nächsten Polsprungs ist derzeit nicht bekannt und kann nicht präzise vorhergesagt werden. Obwohl Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Erdmagnetfeld studieren und versuchen, die Muster und Mechanismen der Polsprünge besser zu verstehen, gibt es immer noch Unsicherheiten und offene Fragen. 

Was bekannt ist: Der magnetische Nordpol der Erde wandert. Dabei nimmt er zunehmend an Geschwindigkeit auf. Das haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der US-Raumfahrtbehörde NASA herausgefunden. Anfang des 20. Jahrhunderts bewegte sich der Nordpol „nur“ rund 16 Kilometer pro Jahr, aktuell sind es 55 Kilometer pro Jahr in Richtung Nord-Nord-West. 

Es gibt weitere Indizien, die darauf hindeuten, dass ein neuer Polsprung begonnen hat – aber auch solche, die dagegen sprechen. De facto hat sich das Erdmagnetfeld seit Beginn der Messungen vor 175 Jahren bis heute um zehn Prozent abgeschwächt. Die stärksten Rückgänge gab es über der westlichen Hemisphäre. Auch das Auftauchen eines Gebiets im Südatlantik, in dem die geomagnetische Feldstärke sehr schnell abnimmt (Südatlantik-Anomalie), hat zu Spekulationen geführt, dass die Erde auf eine neuerliche Polaritätsumkehr zusteuert. 

Eine neue Studie der Universität Lund (Schweden), die Belege aus den letzten 9.000 Jahren zusammengestellt hat, legt jedoch nahe, dass die derzeitigen Veränderungen nicht einzigartig sind und ein Polsprung möglicherweise gar nicht bevorsteht. Demnach sind Anomalien wie die im Südatlantik vermutlich wiederkehrende Phänomene, die mit Schwankungen bei der Stärke des Erdmagnetfeldes zusammenhängen. 

Indem sie untersuchten, wie sich das Magnetfeld verändert hat, haben die Forscherinnen und Forscher mehr über die Prozesse im Erdkern erfahren, die das Feld erzeugen. Das hat zu einer Schlussfolgerung bezüglich einer bevorstehenden Polaritätsumkehr geführt: Aufgrund der Ähnlichkeiten mit nachgebildeten Anomalien gehen die Fachleute davon aus, dass die Südatlantik-Anomalie innerhalb der nächsten 300 Jahre verschwindet und demnach kein Polsprung bevorsteht. 

Ein Beitrag von:

  • Julia Klinkusch

    Julia Klinkusch ist seit 2008 selbstständige Journalistin und hat sich auf Wissenschafts- und Gesundheitsthemen spezialisiert. Seit 2010 gehört sie zum Team von Content Qualitäten. Ihre Themen: Klima, KI, Technik, Umwelt, Medizin/Medizintechnik.

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