Fraunhofer-Report 28.07.2021, 07:00 Uhr

Mehr Photovoltaik, aber weniger Arbeitsplätze? Die Fakten

Die Energiewende steht vor der Tür. Deutschland lässt nicht nur die Kernkraft, sondern auch die fossilen Energieträger hinter sich. Welche Rolle kann dabei die Photovoltaik spielen? Ein aktueller Report vom Fraunhofer ISE verrät die Fakten.

Solarmodule

Welche Bedeutung hat Photovoltaik für die Energiewende? Und werden Solarmodule bald nur noch in Asien hergestellt?

Foto: panthermedia.net / pedro2009

Die Bundesregierung hat große Ziele. Bis zum Jahr 2045 soll die nationale Treibhausgas-Bilanz ausgeglichen sein. Es gibt noch viel zu tun. Gerade die erneuerbaren Energien stehen dabei im Fokus. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat die Photovoltaik (PV) unter die Lupe genommen. Wie ist der aktuelle Stand und was ist von PV-Systemen für die Zukunft zu erwarten? Der Report beantwortet wichtige Fragen.

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Werden die Ausbauziele der Photovoltaik erreicht?

Gesetzlich ist festgelegt, dass pro Jahr ein PV-Zubau von 2,5 Gigawatt erfolgen soll. Im vergangenen Jahr wurde diese Zahl übertroffen. Für die Energiewende wird diese Leistung nach Ansicht der Fraunhofer-Forschenden jedoch nicht ausreichen. Es gibt verschiedene modellbasierte Szenarien, die ausrechnen, wie der Treibhausgas-Ausstoß um 90% gesenkt werden könnte, bezogen auf das Referenzjahr 1990. Demnach müsste der PV-Ausbaukorridor bei 130 bis 650 Gigawatt Peak (GWp) Nennleistung liegen. Die Bandbreite der Zahlen ist so groß, weil die Szenarien verschiedene Rahmenbedingungen berücksichtigen, unter anderem für Energieimporte und die Steigerung der Energieeffizienz. Den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erscheint eine Größenordnung von 400 bis 500 GWp installierte PV-Leistung als plausibel. Das heißt: Bis zum Jahr 2045 müssten durchschnittlich 18 GWp an Solaranlagen neu hinzukommen. Dabei ist noch nicht eingerechnet, dass im Laufe der Zeit zunehmend Altanlagen ersetzt werden müssen.

Windenergie: Boom in Asien lockt deutsche Unternehmen

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hat zusätzlich ein Zwischenziel festgelegt: Bis zum Jahr 2030 sollen regenerative Energien 65% des Brutto-Stromverbrauchs erzeugen. Dazu wäre laut Fraunhofer ISE ein jährlicher PV-Zubau von mindestens fünf bis zehn GWp erforderlich, abhängig unter anderem vom Ausbau der Windkraft.

Exportiert Deutschland viel Photovoltaik-Strom ins Ausland?

Obwohl die steigenden Exportzahlen genau das vermuten lassen, ist das nach Analyse der Forschenden nicht der Fall. Der gewachsene Exportüberschuss komme vor allem aus Kohlekraftwerken. Das wird unterstrichen durch die Tatsache, dass der Exportüberschuss im Winter besonders hoch ist, wenn naturgemäß besonders wenig Photovoltaik produziert wird.

Können sich kleine Photovoltaik-Anlagen lohnen?

Tatsächlich können kleine PV-Anlagen über zwei Wege Erträge einfahren, nämlich zum einen über die EEG-Vergütung für die Einspeisung des überschüssigen Stroms in das Netz. Zum anderen sparen die Besitzer Geld, weil sie weniger Strom von ihrem Versorger hinzukaufen müssen. Dass attraktive Renditen möglich sind, hat aber einen weiteren Grund: Die Preise für die Solarmodule sind stark gesunken.

Wer wird durch die Umstellung auf erneuerbare Energien am wenigsten belastet?

Industriebetriebe, die viel Energie benötigen, sind weitgehend von der EEG-Umlage befreit worden. Eine zu große Belastung soll hier vermieden werden. Das heißt aber auch, dass die Belastung für alle übrigen Stromkunden, insbesondere für Privathaushalte entsprechend höher ausfällt.

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Wandern die Arbeitsplätze der Photovoltaik-Branche alle nach Asien?

Das ist zwar nicht der Fall, aber die Bilanz zeigt, dass Deutschland in den letzten Jahren viele Arbeitsplätze in der Solar-Branche verloren hat. In Deutschland sind Betriebe aus folgenden PV-Bereichen aktiv:

  • Materialherstellung: Solarsilicium, Metallpasten, Verbinderdrähte, Kunststofffolien, Solarglas, Glasbeschichtung
  • Herstellung von Zwischen- und Endprodukten: Module, Kabel, Wechselrichter, Montagegestelle, Nachführsysteme
  • Maschinenbau für die Zell- und Modulproduktion
  • Installation (vor allem Handwerk)
  • Kraftwerksbetrieb und -wartung

Nennenswerte Anteile am Weltmarkt hielten im Jahr 2019 die deutschen Wechselrichterhersteller, Siliciumproduzenten und Silberpastenhersteller sowie Betriebe, die auf die Herstellung von Produktionsanlagen spezialisiert sind. Von Firmenschließungen und Insolvenzen waren in der Photvoltaik in den letzten Jahren viele Branchen betroffen, etwa Zell- und Modulproduzenten, der Maschinenbau und die Installateure.

Die Ziele waren ursprünglich andere. Deutschland wollte sich als weltweit führender Produktionsstandort für PV-Zellen und Solarmodule positionieren. Eine Kombination aus EEG, Investitionsbeihilfen in den neuen Bundesländern und Forschungsförderung sollte das – neben dem Know-how der Industrie sowie der Wissenschaft – ermöglichen. Tatsächlich führte 2007 eine deutsche Firma die internationale Rangliste nach Produktionsvolumen an. Anschließend ging es bergab, und die Marktanteile wanderten nach Asien. Hauptgrund waren die dortigen Investitionen in Produktionskapazitäten. Die Lohnkosten spielten dabei nur eine Nebenrolle, da Photovoltaik-Systeme mit einem hohen Grad der Automatisierung hergestellt werden. Umso wichtiger ist spezialisiertes Know-how.

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Ein Beitrag von:

  • Nicole Lücke

    Nicole Lücke macht Wissenschaftsjournalismus für Forschungszentren und Hochschulen, berichtet von medizinischen Fachkongressen und betreut Kundenmagazine für Energieversorger. Sie ist Gesellschafterin von Content Qualitäten. Ihre Themen: Energie, Technik, Nachhaltigkeit, Medizin/Medizintechnik.

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