Warum manche Absolventen keine Stelle als Ingenieur finden
Wenn Absolventen auf ihre Bewerbungen als Ingenieur nur Absagen bekommen, ist eine Analyse angesagt: Liegt es an den Unterlagen? Oder wird die Hürde des Vorstellungsgespräches nicht genommen? Eventuell sind auch die angeschriebenen Unternehmen falsch gewählt. Aber all das lässt sich ändern!
Der Arbeitsmarkt für Ingenieure zeigt insgesamt weniger Dynamik als in der Vergangenheit. Das heißt jedoch nicht, dass keine Ingenieure gesucht werden. Wohl bedeutet dies aber, dass Einsteller die Absolventen genauer unter die Lupe nehmen. Die im Job stehenden Ingenieure zeigen ihrerseits geringere Wechselbereitschaft und agieren bei Stellenwechseln vorsichtiger.
Die neue Gewinnmaximierung-Formel „Wachstum ohne Neueinstellungen“ lässt gleichfalls keine entscheidende Belebung erwarten und die Globalisierung bietet Unternehmen die Chance, teure, deutsche Ingenieure durch Ingenieure anderer Herkunft zu ersetzen. Für Absolventen heißt dies ganz konkret, dass sie sich rechtzeitig und mit entsprechender Intensität um einen Einstiegsjob bemühen müssen. Wer schon einige erfolglose Bewerbungsrunden gedreht hat, sollte anhand der folgenden Checkpunkte prüfen, ob wirklich alles auf der Suche nach einem Arbeitgeber unternommen wurde.
Haben sich die Absolventen rechtzeitig um einen Job als Ingenieur gekümmert?
Vor vielen Jahren war es üblich, dass sich Studenten bereits ein halbes Jahr vor Studienabschluss bei Arbeitgebern bewarben. Die heute straff organisierten Bachelor- und Masterstudiengänge lassen dazu wenig Zeit. Also werden Bewerbungen von Absolventen ans Ende des Studiums verlagert oder erst nach Abschluss in den Markt geschickt. Bei einem hervorragenden Arbeitsmarkt schadet dies nicht, denn der Bewerbungsprozess ist nur von kurzer Dauer und der Einstiegsjob winkt an jeder Ecke.
Heute dauert der Suchprozess offensichtlich länger. Dies führt nach einiger Suchzeit zu hoher Nervosität der Absolventen, die einen Job als Ingenieur suchen. Es werden grundlegende Fehler im Bewerbungsprozess gemacht und mit zunehmendem zeitlichem Abstand zum Studienabschluss sinkt das Selbstbewusstsein. Der erste, adäquate Job rückt in weite Ferne.
Waren die Bemühungen der Absolventen um einen Arbeitsplatz als Ingenieur ausreichend?
Selbst, wenn vor den Abschlussprüfungen wenig Zeit für Bewerbungen bleibt, muss danach aus allen Rohren auf den Arbeitsmarkt geschossen werden. Wenn Ingenieure als Absolventen nach einem halben Jahr Suchzeit ganze zwanzig Bewerbungen in den Markt geschickt haben, waren die Anstrengungen einfach zu gering. Mit anderen Worten, wer sein Studium bereits beendet hat, sollte die Suchbemühungen zum Fulltime-Job machen. Hobbies, Weltreisen, Gelegenheitsjobs können warten – bis der Arbeitsplatz gefunden ist. Danach bleiben im Regelfall immer noch ein paar Wochen bis zum Arbeitsbeginn Zeit, die anderweitig genutzt werden können.
Erfolglose Absolventen, die als Ingenieur arbeiten wollen, sollten nach einiger Zeit ihre Bewerbungswege auf Herz und Nieren überprüfen. Wurde nur der einfachste Weg gewählt, die vorgefertigte, standardisierte Bewerbung auf Online-Stellenangebote zu versenden oder wurden auch andere, aufwändigere Wege intensiv beschritten?
Absolventen müssen für eine Stelle als Ingenieur alle Wege nutzen
Dazu gehören der Besuch von Recruiting-Events, die inhaltlich hervorragende Präsenz in den bekannten Netzwerken und Ingenieurdatenbanken, die Initiativbewerbung und die klassische, schriftliche Bewerbung auf Printanzeigen. Wer sich nur online bewirbt und nicht den leicht eingängigen, mit allen Vorzügen versehenen Lebenslauf besitzt, wird möglicherweise immer wieder in ähnlich gestalteten (automatisierten) Vorselektionsprozessen aussortiert. Die anderen Bewerbungswege bieten Absolventen mehr Möglichkeiten, den Lebenslauf zu erläutern und die eigenen Vorzüge als Ingenieur in den Mittelpunkt zu stellen.
Grundsätzlich spricht nichts dagegen, zunächst Bewerbungen an Unternehmen zu versenden, die „vor der Haustüre“ liegen. Häufig reicht das für Ingenieure nicht mehr aus. Absolventen sollten sich daher relativ rasch von der rein regionalen Stellensuche verabschieden und auf die bundesweite Suche umschalten. Klar, es gibt Fälle, wo das ohne weiteres nicht möglich ist, weil etwa private Beziehungen und Verpflichtungen dies verhindern.
Absolventen sollten sich nicht auf wenige Unternehmen beschränken
Bei einer solchen Ausgangssituation für Ingenieure sollten Absolventen quasi lückenlos die Unternehmenslandschaft im Tagespendelbereich abscannen und sich bei interessanten Arbeitgebern bewerben. Hier wird an den Internetdrang der Jugend appelliert. Nie war es so einfach wie heute, alle Informationen, die zu einer umfangreich angelegten regionalen Bewerbungsaktion notwendig sind, vom Schreibtisch aus abzufragen. Bewerber werden überrascht sein, wie viele interessante (insbesondere mittelständische) Arbeitgeber sie bei einer solchen Suche finden werden, die sie überhaupt nicht auf dem Radar hatten.
Häufig konzentrieren sich Absolventen zu stark auf die wenigen bekannten Großunternehmen, bei denen jeder Ingenieur arbeiten möchte. Fehlt die Arbeitsmarktdynamik, ist klar, dass nur ein verschwindend kleiner Prozentsatz von Bewerbern zum Erfolg kommt. Häufig dauert das Bewerbungsprozedere mit Abwarten auf Antworten auf die Bewerbung, umfangreiche Vorstellungsrunden und so weiter bei diesen Unternehmen sehr lange.
Ingenieurdienstleister können für Absolventen interessant sein
In der Hoffnung, erfolgreich zu sein, wird so anfänglich viel Zeit verschenkt, sollte es mit den Bewerbungen nicht klappen. Vergessen wird hierbei meist, dass der Jobmotor schon immer die mittelständischen Unternehmen waren. Klar, es bedeutet Aufwand, die häufig namentlich nicht sehr bekannten Unternehmen zu recherchieren und sich dort als Absolventen die Stellenangebote für Ingenieure anzusehen. Aber so what? Schließlich geht es hier um die berufliche Zukunft!
Ingenieurdienstleister sind heute eine feste Größe am Arbeitsmarkt. Sie spielen mittlerweile beim Angebot von Ingenieurpositionen eine gewichtige Rolle. Geht nichts mit einer Festanstellung in den Industrieunternehmen, geht meist noch etwas bei den Ingenieurdienstleistern. Diese sollten von Absolventen also nicht per se bei der Stellensuche als Ingenieur ausgeschlossen werden.
Bewerbungen der Absolventen müssen zur Ingenieurstelle passen
Es gibt ohnehin für Absolventen keinen Grund, die Ingenieurdienstleister auszuschließen. Sie bezahlen wettbewerbsfähig, und frischgebackene Absolventen haben die Gelegenheit, über die Arbeit in unterschiedlichen Projekten ihre Interessen und Neigungen besser kennenzulernen. Zudem werden Schlüsselqualifikationen wie Flexibilität, Mobilität, Kommunikationsfähigkeit, Teamarbeit und Ähnliches gerade in diesen Unternehmen von Beginn an praktisch trainiert.
Wer sich als Hochschulabsolvent bewirbt, sollte auf eine hohe Passgenauigkeit der Bewerbung achten. Sprich: Thema der Diplomarbeit, Studienrichtung, Studienfächer und eventuell erbrachte praktische Erfahrungen müssen zur vakanten Stelle passen. Hat jemand beispielsweise Produktionstechnik studiert und bewirbt sich als Konstrukteur, so liegt eine hohe Passgenauigkeit nicht unbedingt auf der Hand. Absolventen müssen begründen können, warum diese Stelle als Ingenieur für sie geeignet wäre.
Absolventen können inhaltliche Abweichungen erklären
Gleiches gilt etwa, wenn ein Elektroingenieur in die Forschung und Entwicklung möchte und parallel zum Studium im elterlichen Betrieb Vertriebserfahrung im Bereich Technische Gebäudeausrüstung gesammelt hat. Unpassend scheint zunächst auch die Masterarbeit im Bereich der Windenergie für einen Absolventen, der sich im Fahrzeugbau bewirbt. Hier liegen erklärungsbedürftige Tatbestände vor, die bei standardisierten Auswahlverfahren schnell ins Aus führen. Entweder sollten hier die Stellen, um die sich der Ingenieur bewirbt, von den Absolventen besser selektiert werden oder es müssen Bewerbungswege gewählt werden, die Raum für Erklärungen lassen.
Über das Einstiegsgehalt für Absolventen, die als Ingenieur arbeiten wollen, lässt sich heute viel nachlesen. Gehaltsstudien kommen zu teilweise recht unterschiedlichen oder stark erläuterungsbedürftigen Ergebnissen. Die Erfahrungen zeigen, dass Ingenieure, die bereits mehrere Monate am Arbeitsmarkt erfolglos suchen, faktisch also arbeitslos sind, keine Spitzeneinstiegsgehälter erwarten können. Möglicherweise führten bereits die unrealistischen Gehaltsvorstellungen zu den Absagen. Gehaltsvorstellungen sollten sich für diese Ingenieure daher im Bereich zwischen 40.000 und 45.000 Euro bewegen. Beträge wesentlich über oder unter diesen Grenzen sprechen für keinen starken Realitätsbezug.
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Alternativen für Absolventen, die keine Stelle als Ingenieur finden
Nach einigen Wochen oder Monaten des Suchens sollten Absolventen kritisch auf ihre Bewerbung als Ingenieur schauen. Insbesondere stellt sich die Frage, in welcher Phase die Bewerbungen scheitern. Folgen auf viele Bewerbungen keine Vorstellungsgespräche, stimmt der Inhalt der Bewerbung nicht. Führen viele Vorstellungsgespräche (mehr als 5) nicht zum gewünschten Erfolg, dürften angemessenes Kommunikationsverhalten oder persönliches Auftreten angezweifelt werden. Ein Kommunikationstraining oder eine kritische Analyse der Bewerbungsunterlagen durch einen außenstehenden Experten scheinen hier die Mittel der Wahl.
Grundsätzlich sollte über ein Bildungs-Upgrade nachgedacht werden. Wer beispielsweise in der Forschung und Entwicklung Karriere machen möchte und nur einen Bachelorabschluss hat, könnte seine Attraktivität durch einen Masterabschluss steigern. Es sollte besonders darauf geachtet werden, dass das zweite Studium eine echte Vertiefung des Erststudiums oder eine sinnvolle Ergänzung darstellt. Aber auch Gedankenspiele über verwandte Berufsgebiete sollten nicht ungespielt bleiben. Die Welt der digitalen Medien bietet hier etwa eine ganze Reihe von Möglichkeiten für Absolventen, die keinen Job als Ingenieur bekommen haben.
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