Das erste E-Auto ohne Feinstaub- und Mikroplastik-Emissionen
Ein Elektro-Antrieb ist eine gute Basis. Doch er allein reicht nicht aus, wenn das Fahrzeug praktisch null Emissionen verursachen soll. Ein Projektteam hat es nun geschafft, einen solchen Prototypen zu entwickeln, der kaum Feinstaub und Mikroplastik ausstößt.
Emissionsfreie Mobilität hat nicht nur etwas mit dem Antrieb zu tun. Damit ein Fahrzeug wirklich umweltfreundlich unterwegs ist, müssen noch weitere Faktoren betrachtet und verändert werden. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat sich genau damit auseinandergesetzt und erstmals einen entsprechenden Prototypen präsentiert: Zero Emission Drive Unit – Generation 1, kurz ZEDU-1, heißt das Straßenfahrzeug, das vom DLR in Kooperation mit dem Automobilunternehmen HWA entwickelt worden ist.
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ZEDU-1 schafft es, fast vollständig emissionsfrei unterwegs zu sein. Laut DLR sei es damit das umweltfreundlichste Straßenfahrzeug der Welt. Besonders im Visier hatten die Entwicklerinnen und Entwickler den Ausstoß von Feinstaub und Mikroplastik. Beides entsteht vor allem durch den Abrieb von Bremsen und Reifen. „Das Projekt ZEDU-1 konzentriert sich auf die Komponenten, die bislang eher wenig Beachtung gefunden haben und nun von der EU-Kommission nach und nach durch gesetzgebende Maßnahmen in ihren Emissionen geregelt werden: nämlich Bremsen und Reifen“, sagt Tjark Siefkes, Direktor des DLR-Instituts für Fahrzeugkonzepte.
Umweltfreundliches E-Auto: Konzept auf andere Fahrzeuge übertragbar
Die Entwicklerinnen und Entwickler sind besonders stolz darauf, dass ihr Konzept einen hohen Wirkungsgrad besitze. Es sei kompakt, alltagstauglich und vielseitig einsetzbar. Damit könne es auch problemlos auf zukünftige Pkw und Nutzfahrzeuge übertragen werden. Die Wirtschaftsministerin Baden-Württembergs, Nicole Hoffmeister-Kraut, betrachtet das Projekt als Grundstein für eine nahezu emissionsfreie Mobilität der Zukunft. Die Projektpartner hätten eine „erstklassige Vorlage für unsere Industrie“ geliefert. Die können nun die Technologien in die Serienreife bringen.
Das Konzept ist technologisches Neuland: Während bei herkömmlichen Fahrzeugen klassische Scheibenbremsen zum Einsatz kommen, nutzten die Entwicklerinnen und Entwickler hier eine Lamellenbremse, die in die geschlossene Einheit von Elektromotor und Getriebe integriert ist. Eine eigens für diesen Einsatz entwickelte Hochleistungselektronik ermöglicht es, die Bremsenergie nahezu vollständig zurückzugewinnen – auch Rekuperation genannt. Mit diesem Ansatz ließe sich die Größe der Bremskomponenten deutlich reduzieren. Dadurch könne die Antriebseinheit auch sehr kompakt gebaut werden. Der Abrieb, der beim Bremsen entsteht, landet in einem Ölbad, da sich auch die Lamellen darin befinden. Das Öl wird wie in einem Kreislauf durch Filter gepumpt und so gereinigt. Neben der Lamellenbremse gibt es eine zweite Bremse: Die Induktionsbremse nutzt die Kraft von Magnetfeldern und leistet ihren Dienst ohne Verschleiß.
Spezielle Filtersysteme machen dieses E-Auto so umweltfreundlich
Da die Bremse sich nun im Inneren des Fahrzeugs befindet, ist in den Radkästen Platz frei geworden. Diesen nutzte das Projektteam dafür, den Reifenabrieb weiter zu reduzieren. Deshalb entschied das Team sich für eine Einhausung der Radkästen, die aerodynamisch so ausgelegt ist, dass während des Fahrens ein Unterdruck entsteht. Das hat zur Folge, dass sich der Reifenabrieb an einer bestimmten Stelle sammelt. Eine eingebaute Lüftereinheit in der Frontpartie saugt die Partikel ab und filtert sie. Das Prinzip ist vergleichbar mit dem eines Staubsaugers. Am Ende verlässt nur gereinigte Luft das Fahrzeug.
Da der Prototyp aus durchweg neu entwickelten Komponenten besteht, ist es nicht ganz einfach, einen passenden Prüfstand zu finden. Am Ende entschied sich das Team, einmal auf dem Rollenprüfstand des DLR in Stuttgart zu testen sowie auf dem Gelände des Prüfzentrums Boxberg der Robert Bosch GmbH. Die Tests sollten zeigen, wie gut ZEDU-1 sich unter realen Bedingungen präsentiert. Das DLR-Institut für Verbrennungstechnik in Stuttgart bot modernste Messtechnik, mit der Feinstaub bis in den ultrafeinen Bereich nachgewiesen und bestimmt werden kann. Dem Team kam es besonders darauf an, die Gesamtmenge an Feinstaubemissionen zu ermitteln sowie die Größenverteilung der Partikel im Detail zu erfahren.
Serienreife für das umweltfreundlichste E-Auto geplant
Die Tests führte das Team unter anderem auch nach der sogenannten WLTC-Methode durch. WLTC steht für „Worldwide harmonized Light vehicles Test Cycles“, ein von internationalen Fachleuten entwickeltes Messverfahren. Die Ergebnisse: Beim ZEDU-1 entsteht kein Bremsabrieb. Auch ein Reifenabrieb ließ sich bei einer Geschwindigkeit von bis zu 50 Stundenkilometern nicht nachweisen, der bei höheren Geschwindigkeiten um 70 bis 80% reduziert werden könne. Nächster Schritt: die Technologien zur Serienreife weiterentwickeln.
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