Wirtschaftsethik 11.07.2013, 09:30 Uhr

„Viele denken im Markt an Profit, aber nicht an Moral“

Geld oder Leben, in einem  Experiment der Bamberger Ökonomin Nora Szech und ihres Bonner Kollegen Armin Falk ging es genau darum. Sie haben dabei herausgefunden, dass es einen grundlegenden Unterschied macht, ob jemand individuell entscheidet oder sich in einer Marktsituation bewegt. Wie Marktkräfte dafür sorgen, dass moralische Standards ignoriert werden, erklärt Szech im Interview.

Mäuseleben oder Geld? Darum ging es bei dem <link url_id="9738">Experiment</link> von Nora Szech und Armin Falk. Lesen Sie dazu auch den ausführlichen Bericht auf ingenieur.de.

Mäuseleben oder Geld? Darum ging es bei dem Experiment von Nora Szech und Armin Falk. Lesen Sie dazu auch den ausführlichen Bericht auf ingenieur.de.

Foto: A. Farkas, afi

VDI nachrichten: Wie sind Sie bei dem Experiment vorgegangen?

Szech: Ausgangspunkt war die Frage, ob Märkte unser moralisches Verhalten beeinflussen können. Die Versuchsteilnehmer sollten darüber entscheiden, ob sie einer Maus das Leben schenken oder die Maus töten und dafür einen Geldbetrag entgegennehmen wollten. Ein Teil der Probanden entschied individuell, er befand sich also nicht in einer Marktsituation. Ein anderer Teil agierte in verschiedenen Marktsituationen, das heißt in der Rolle eines Käufers oder Verkäufers, der seine Maus verkaufen und damit töten kann.

Wie sahen die Marktbedingungen aus?

Wir haben kleine Märkte untersucht, in denen ein Käufer mit einem Verkäufer handeln kann. Und wir haben große Märkte untersucht, mit vielen Käufern und Verkäufern – konkret waren es sieben Käufer und neun Verkäufer in den größeren Märkten.

Stellenangebote im Bereich Forschung & Entwicklung

Forschung & Entwicklung Jobs
WIRTGEN GROUP Branch of John Deere GmbH & Co. KG-Firmenlogo
Projektleiter (m/w/d) mit dem Schwerpunkt R&D und Produktion WIRTGEN GROUP Branch of John Deere GmbH & Co. KG
Windhagen Zum Job 
Ruland Engineering & Consulting GmbH-Firmenlogo
Leiter (m/w/d) verfahrenstechnische Fertigung Ruland Engineering & Consulting GmbH
Neustadt an der Weinstraße Zum Job 
RHEINMETALL AG-Firmenlogo
Verstärkung für unsere technischen Projekte im Bereich Engineering und IT (m/w/d) RHEINMETALL AG
deutschlandweit Zum Job 
CoorsTek GmbH-Firmenlogo
Prozessingenieur / Ingenieur (m/w/d) Produktion CoorsTek GmbH
Mönchengladbach Zum Job 
über aeconsult-Firmenlogo
(Bereichs-)Leiter Produktion (m/w/d) über aeconsult
zentral in Norddeutschland Zum Job 
A. Menarini Research & Business Service GmbH-Firmenlogo
Junior-Ingenieur für Infrastruktur und Herstellanlagen (m/w/d) A. Menarini Research & Business Service GmbH
über RSP Advice Unternehmensberatung-Firmenlogo
Technische Leitung (m/w/d) über RSP Advice Unternehmensberatung
Schleifring GmbH-Firmenlogo
Testingenieur für die Produktqualifikation (m/w/d) Schleifring GmbH
Fürstenfeldbruck Zum Job 
Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V. (INP)-Firmenlogo
Ingenieur*in (w/m/d) Verfahrenstechnik für innovative Wasserstofftechnologien Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V. (INP)
Greifswald Zum Job 
Flowserve Corporation-Firmenlogo
Trainee Operations (m/w/d) mit dem Schwerpunkt Prozessoptimierung und Digitalisierung Flowserve Corporation
Dortmund Zum Job 
FEIG ELECTRONIC GmbH-Firmenlogo
(Senior-) Hardwareentwickler*in - Schaltungstechnik und Mikrocontroller, Sensorik FEIG ELECTRONIC GmbH
Weilburg Zum Job 
Tagueri AG-Firmenlogo
(Junior) Consultant Funktionale Sicherheit (m/w/d)* Tagueri AG
Stuttgart Zum Job 
ANDRITZ Separation GmbH-Firmenlogo
Automatisierungsingenieur (m/w/d) für Dynamic Crossflow-Filter ANDRITZ Separation GmbH
Vierkirchen Zum Job 
durlum Group GmbH-Firmenlogo
Konstruktionsingenieur (m/w/d) durlum Group GmbH
Schopfheim Zum Job 
Technische Hochschule Mittelhessen-Firmenlogo
W2-Professur mit dem Fachgebiet Material- und Fertigungstechnologie Metallischer Werkstoffe Technische Hochschule Mittelhessen
Friedberg Zum Job 

Und wie lautet Ihr Ergebnis?

Die Bereitschaft zu töten war in den Märkten deutlich höher: Knapp 46 % der Teilnehmer in der Individualbedingung waren bereit, die Maus für Geld zu töten. Dieser Wert stieg im größeren Markt auf über 75 %  an. Erschreckt hat uns dabei, dass die Probanden bereit waren, die Mäuse bereits bei einem Betrag von 5 € töten zu lassen.

Nora Szech:

Nora Szech: „In Märkten wirken Mechanismen, durch die wir unser moralisches Empfinden herabsetzen können.“

Quelle: Szech

Daraus lässt sich also schließen: Märkte untergraben die Moral. Wie lässt sich das Verhalten des Kollektivs erklären?

Die Standardbegründungen der Teilnehmer lauteten: Ich wollte Profit machen. Ich mag keine Mäuse. Ich brauche das Geld. Andere haben das auch gemacht.

Die Menschen sehen in solch einer Situation, dass die anderen auch auf den Profit schauen. Das macht es leichter, moralische Bedenken zu überwinden. Und dann ist es so, dass in einer Masse von Menschen der Einzelne sich sagt: Mein Verhalten ist doch sowieso egal!

Interessant waren die Reaktionen nach dem Ende unseres Experiments. Diejenigen, die im Markt das Geldangebot akzeptiert und die Maus zu Geld gemacht hatten, gaben häufig an, ihre Entscheidung zu bereuen.

Märkte und Moral – passt das überhaupt zusammen?

Viele denken im Markt an Profit, aber nicht an Moral. In Märkten wirken Mechanismen, durch die wir unser moralisches Empfinden herabsetzen können. Die Akteure können etwa ihre Schuldgefühle mit anderen im Markt teilen. In der Ökonomie beschäftigen wir uns häufig mit Fragen des Marktdesigns, beispielsweise: Wie kann man Märkte effizient gestalten oder steuern? Aber sobald eine moralische Dimension ins Spiel kommt, wirken offensichtlich psychologische Mechanismen, die wir in unseren Marktmodellen genauer abbilden müssen.

Tritt das beobachtete Phänomen nur in Marktsituationen auf? Ein solches Verhalten lässt sich an jeder roten Ampel beobachten. Sobald einer aus einer Gruppe die Straße überquert, folgen ihm andere, ohne auf Grün zu warten.

Das ist richtig. In Märkten kommen allerdings mehrere Effekte zusammen. Es ist für uns normal geworden, im Markt insbesondere an den Profit zu denken. Bei der Ampel haben viele Menschen grundsätzlich noch eher Skrupel, ein schlechtes Vorbild abzugeben. Liegt der Fokus auf Geld und Gewinn, oder auf den vielen Anderen, die am Markt beteiligt sind, werden moralische Bedenken schwächer. Man denke auch an die berühmte Schnäppchenjagd, umschrieben mit Geiz ist geil, eine Verhaltensweise, die teils sehr undifferenziert als Tugend dargestellt wird. Arme Menschen haben sicherlich ihre Gründe für Sparsamkeit. Trotzdem sind mehr gesellschaftliche Debatten notwendig über Produktionsbedingungen, Handlungsfolgen – und auch über Werte.

Marktteilnehmer sind auch Entscheider in Wirtschaft und Politik. Wie können sie moralische Standards aufbauen bzw. mit welchen Methoden oder Werkzeugen festigen – womöglich gegen den vorherrschenden Mainstream?

Es ist ganz gut, wenn die Menschen sich als Einzelne in der Pflicht sehen und sich nicht hinter anderen verstecken können. Für Unternehmen ist es wichtig, auf die eigenen Strukturen zu achten: Wird ein Unternehmen autoritär geführt oder herrscht eine gleichberechtigte Entscheidungskultur? Wie sollte ein Gremium, ein Komitee oder eine Projektrunde zusammengesetzt sein, wie ist die Stimmgewichtung, auf welche Weise wird Einfluss genommen? Und: Traut sich ein Arbeitnehmer, moralische Bedenken zu äußern? Herrscht ein Klima der Offenheit, das dies zulässt?

 

Ein Beitrag von:

  • Eve Tsakiridou

    Eve Tsakiridou ist Journalistin und Podcasterin. Sie hat Biologie und Philosophie studiert und im Bereich Hirnforschung promoviert. Das redaktionelle Handwerkszeug lernte sie bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten gehören u.a. Technologie und Wissenschaft.

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.