Wasserbus auf Flüssen 24.02.2021, 14:21 Uhr

Mobilität der Zukunft ist ganz anders, als viele denken

Staus, überfüllte Straßenbahnen und Busse, die sich durch die Stadt quälen: Mobil sein macht nicht immer Spaß. Wie sieht die Mobilität der Zukunft aus? In Köln und zahlreichen anderen Städten an Flüssen sollen Wasserbusse das Verkehrsproblem lösen.

Wasserbus von oben auf Fluss

Auf dem Wasser oder doch eher an Land: Wie sieht die Mobilität der Zukunft aus?

Foto: panthermedia.net/ kanzilyou

Wer in einer Stadt lebt, die an einem Fluss liegt, stellt vielleicht irgendwann fest: Dieses Gewässer ist zwar da, aber mit dem Alltag der Stadtbewohner hat es im Grunde nichts zu tun. Dabei könnte diese riesige Wasserfläche doch genutzt werden – etwa als Verkehrsmittel.

Folgendes Szenario hat sicher schon mal jeder erlebt: Der langersehnte Bus hat sich durch die vollen Straßen gekämpft und hält an der Haltestelle. Doch zu früh gefreut: Der Bus ist total überfüllt. In Corona-Zeiten ist das zwar vorübergehend undenkbar geworden. Aber überfüllte Busse und Bahnen sind im Alltag die Regel.

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Eine Lösung kann direkt auf dem Wasser liegen.

Mobilität: Wasserbus soll auf dem Rhein fahren

In Köln wird derzeit Projekt geprüft, das einen zusätzlichen Verkehrsweg möglich machen könnte: Wasserbusse sollen über den Rhein durch Köln, Leverkusen und Wesseling fahren. Während am Ufer Autos nur stockend weiter kommen, gleitet man selbst entspannt über den Fluss – bis ans Ziel, so die Idee.

Die Stadt Köln hat dazu eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Erste Ergebnisse zeigen positive Voraussetzungen für ein Wasser-Busnetz in Köln.

Diese wasser-verkehrlichen Besonderheiten müssen beachtet werden:

  • Lage der Anleger
  • Strömung des Rheins
  • mögliche Geschwindigkeiten sowie welche Schiffstypen in Frage kommen

Mobilität der Zukunft: Wie bewerten Experten die Bootsstrecken?

„Es gibt gute Beispiele von Städten, wo sowas funktioniert. In Bangkok, Dubai oder Venedig. In Deutschland gibt es das eher nicht. Wassergebundene Verkehrsmittel haben den Vorteil, dass sie einen zusätzlichen Verkehrsweg nutzen. Aber sie sind recht langsam. Ein Bus hält an einer Haltestelle etwa 20 Sekunden, bevor er weiterfährt, bei einer U-Bahn sind es 40 Sekunden. Aber ein Schiff braucht mit dem An- und Ablegevorgang mehrere Minuten. In Deutschland haben wir gute schienengebundene Verkehrswege. Eine S-Bahn wird immer schneller als ein Schiff sein. Der Wasserweg macht nur dann Sinn, wenn wir Verbindungen herstellen, die sonst nicht existieren“, erklärt Markus Friedrich, Leiter des Lehrstuhls für Verkehrsplanung und Verkehrsleittechnik an der Universität Stuttgart.

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Auf die regionalen Pläne von Köln bezogen, führt Friedrich weiter aus: „In Köln oder Düsseldorf ist die Zahl der Brücken relativ gering. Eine Wasserbuslinie kann hier sinnvolle zusätzliche Verbindungen anbieten. Der geplante Linienweg in Köln verläuft allerdings auch parallel zur bereits existierenden Schienenangebote. Diese Angebote werden in der Regel schneller sein.“

Als Vorbild für den Kölner Wasserbus dient eine Linie aus Rotterdam. Die Wasserbus-Linie 20 startet in der niederländischen Stadt an der Erasmusbrücke und fährt bis nach Dordrecht. Insgesamt ist der Bus 35 Minuten unterwegs.

Christian Masilge, Geschäftsführer der Schiffbau-Versuchsanstalt Potsdam GmbH (SVA) findet das Thema Wasserbus generell „interessant“. Die SVA ist Gründungsmitglied der Zuse-Gemeinschaft, der Deutschen Industrieforschungsgemeinschaft Konrad Zuse e.V.

„Ich selbst habe mich früher schon mit Amphibienfahrzeugen auseinandergesetzt. Es gab ja schon einige Projekte, die mit solch einem Unterfangen befasst waren. Meine Entwicklung zielte aber nicht auf die Personenbeförderung ab, obwohl es auch als Tourismusfahrzeug gedacht war.“

Schiffbau hat die Menschen seit jeher beschäftigt. Eine Schiffbau-Versuchsanstalt klingt nach einem geheimnisvollen Ort. Was passiert dort genau? Masilge lüftet das Geheimnis:

„Die Geschichte von Schiffbauversuchsanstalten ist ja schon mehrere hundert Jahre alt. Man wusste nie so genau, wie schnell wird ein Schiff als es damals noch vom Wind angetrieben wurde und wie sieht die optimale Form aus. So richtig groß wurde das Problem dann aber mit den mechanischen Antrieben. Welche Leistung braucht man, um eine gewisse Geschwindigkeit zu erreichen, lautete da die Fragestellung. Auch heute noch ist man auf Versuche angewiesen. Wir ermitteln, welcher Leistungsbedarf besteht, um ein Schiff auf eine gewisse Geschwindigkeit zu bekommen. Darüber hinaus ermitteln wir auch das Seeverhalten und viele andere Aspekte.“

Wie hoch ist die Akzeptanz der Gesellschaft?

Möchte man von A nach B kommen, wird eine direkte Linie bevorzugt. Reinsetzen, aussteigen, ankommen, erklärt Markus Friedrich: „Fahrgäste mögen keine Umsteigevorgänge. Und erst recht nicht in einen Bus. Schienengebundene Fahrzeuge sind der Kern des öffentlichen Verkehrssystems in Städten wie Köln.“

„Die Haltestellen einer Wasserbuslinie liegen häufig nicht da, wo die Menschen wirklich hinwollen. Das schränkt die Flexibilität bei der Planung ein.“

Laut dem Professor aus Stuttgart kann eine Wasserbuslinie dennoch eine sinnvolle Ergänzung für Stadtbewohner sein, zum Beispiel, wenn sie mit dem Fahrrad unterwegs sind. „Aber es wird nicht das Verkehrsmittel sein, bei dem viele Kölner sagen: weil es den Wasserbus gibt, steige ich jetzt auf den öffentlichen Verkehr um.“

Christian Masilge von der SVA verweist auf den Sicherheitsaspekt: „Wenn so ein Fahrzeug mal Leck schlägt, muss eine Sinksicherheit gewährleistet sein und die ist schwer herzustellen bei einem Amphibienfahrzeug. Die Passagiere wären eingesperrt im Wasserbus. Daher lautete mein damaliges Credo auch: Touristisches Amphibienfahrzeug ja, aber als offenes Fahrzeug.“

Anders seien die Wasserbusse auf dem Rhein zu verstehen. “Diese müssen die europäischen Vorschriften für Fahrgastschiffe erfüllen und sind dann sicher. Der Personentransport auf dem Wasser kann eine gute Alternative für den Landverkehr sein.”

Wasserbus fährt unter Brücke

Laut Experten wird der Wasserweg noch zu wenig als Verkehrsmöglichkeit genutzt.

Foto: panthermedia.net/frans_blok_3develop

Wie sieht die Mobilität der Zukunft aus?

Wie bewegen wir uns in Zukunft fort? Erschließen wir uns den Fluss als tägliche Verkehrsstrecke oder setzen wir uns sogar in Flugtaxis? Mobilitätsexperte Friedrich hat eine vielleicht ernüchternde Antwort:
„Bei der Planung von Verkehrsangeboten ergeben sich Zielkonflikte, die eine Abwägung erfordern. Die Nutzer wollen ein Verkehrssystem, das kurze Reisezeiten und hohen Komfort bietet. Städte wollen möglichst wenig Autoverkehr. Wenn wir die Menschen möglichst direkt mit privaten oder geteilten Autos befördern, dann ist das schnell und komfortabel, verursacht aber viel Verkehr.“

Mehr Mobilität mit weniger Verkehr, also mit weniger Fahrzeugkilometern, das gehe nur mit leistungsfähigen öffentlichen Verkehrsmitteln. „Das erfordert die Bereitschaft, gewisse Einschränkungen bei der Verbindungsqualität zu akzeptieren. Das entspricht allerdings nicht den Vorstellungen, die viele von einer modernen Mobilität haben. Anders geht es aber nicht, wenn wir weniger Autoverkehr wollen“, so Friedrich.

“Die Lösung ist nicht so sexy”

„Im Unterschied zum Auto kann eine Straßenbahn das Fassungsvermögen einfach verdoppeln: Indem Fahrgäste stehen. Das ist für den Fahrgast unbequem, für den städtischen Verkehr aber effizient. Das Motto für die Stadt der Zukunft müsste sein: Ich steh auf meine Stadt. Ich stehe für meine Stadt – aber nur 15 Minuten lang. Diese Lösung ist nicht so sexy wie das autonome Sharingfahrzeug, das uns zuhause abholt. Es ist aber die Lösung, wenn wir die Fahrzeugkilometer in einer Stadt reduzieren möchten”, führt er weiter aus.

“Auf dem Wasser ist recht wenig los”

Masilge aus Potsdam setzt indes stärker auf die Wasserstraße:

„Ich denke, dass wir alle uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen sollten, insbesondere die Verkehrsträger, die aktuell wenig genutzt werden. Daher arbeiten wir für die Wasserstraße und versuchen einen Teil der City-Logistik aufs Wasser zu bekommen. Auf dem Wasser ist aktuell recht wenig los. Vor 100 Jahren war das noch anders. Dann kam der Lkw und hat das Schiff aufgelöst. Vielleicht müssen wir eine Rolle rückwärts machen.“

Die Mobilität der Zukunft kann sich also auch auf die Vergangenheit besinnen und ungenutzte Wege ausbauen, anstatt immer neue Beförderungswege zu finden. Statt dem Flugtaxi nehmen wir vielleicht auch in 50 Jahren noch die überfüllte Straßenbahn. Zum Ziel bringt uns diese auf jeden Fall.

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Ein Beitrag von:

  • Peter Sieben

    Peter Sieben schreibt über Forschung, Politik und Karrierethemen. Nach einem Volontariat bei der Funke Mediengruppe war er mehrere Jahre als Redakteur und Politik-Reporter in verschiedenen Ressorts von Tageszeitungen und Online-Medien unterwegs.

  • Sarah Janczura

    Sarah Janczura

    Sarah Janczura schreibt zu den Themen Technik, Forschung und Karriere. Nach einem Volontariat mit dem Schwerpunkt Social Media war sie als Online-Redakteurin in einer Digitalagentur unterwegs. Aktuell arbeitet sie als Referentin für Presse und Kommunikation beim VDI e.V.

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