Synthetische Treibstoffe 06.05.2021, 16:45 Uhr

Diesel-Autos werden grüner: Die Rettung des Verbrennungsmotors?

An 20 Tankstellen gibt es ab 2022 Diesel, der zehn Prozent grünen Sprit enthält. Produziert werden die e-Fuels in Frankfurt-Höchst vom Start-up Ineratec aus Ökostrom und Kohlenstoffdioxid aus Biogasanlagen.

Ab 2022 wird der Diesel an 20 Tankstellen etwas grüner. PantherMedia / AY_PHOTO

Ab 2022 wird der Diesel an 20 Tankstellen etwas grüner. PantherMedia / AY_PHOTO

Ab 2022 können ein paar Besitzer moderner Diesel-Pkw, die heute schon einige 10.000 Kilometer fahren müssen, um beim Ausstoß von Kohlendioxid mit Elektroautos gleichzuziehen, noch besser abschneiden. Dann bieten 20 Tankstellen in Deutschland Diesel an, der zehn Prozent synthetischen Treibstoff enthält. Dieser kleine Anteil erzeugt bei der Verbrennung im Motor nur so viel Kohlendioxid wie bei seiner Produktion aus der Atmosphäre entnommen worden ist.

Diesel: Millionen Autos auch noch in zehn Jahren unterwegs

Das könnte der Startschuss zur Rettung des Verbrennungsmotors sein, den viele schon abgeschrieben haben. Doch auch in zehn Jahren werden noch Millionen Autos mit Diesel- und Benzinmotor unterwegs sein. Es deutet sich jetzt schon an, dass der Wechsel zum Elektroauto weitaus schleppender verläuft als von der Politik erhofft. Konventionelle Fahrzeuge mit wirksamer Abgasreinigung, die synthetische Treibstoffe tanken, könnten dazu beitragen, die Klimaziele zu erreichen. Dazu müssen sie allerdings deutlich billiger werden.

Das internationale Beratungsunternehmen Frontier Economics schätzt die reinen Herstellungskosten auf 2,40 Euro pro Liter, wenn der Sprit mit Windstrom aus Nord- und Ostsee hergestellt wird, allerdings nur, wenn Netzentgelte nicht berücksichtigt werden. e-Fuels, die aus sonnen- und windreichen Regionen, importiert werden, sind deutlich preiswerter, bis hinunter zu gut einem Euro. Ohne eine politische Weichenstellung stehen e-Fuels also zunächst mal auf verlorenem Posten. Allerdings wird die Kostenschere zwischen mineralischen Treibstoffen und e-Fuels mit den Jahren immer kleiner.

E-Autos ziehen erst spät mit Diesel gleich

Elektroautos haben, wenn sie erstmals auf der Straße rollen, bereits einen deftigen Kohlendioxid-Fußabdruck. Der resultiert vor allem aus der Produktion der Lithium-Ionen-Zellen in Asien. Erst nach einigen 10.000 Kilometern ziehen sie mit Diesel-Autos gleich. Wenn sie allerdings keinen Solarstrom vom eigenen Dach oder zertifizierten Ökostrom „tanken“ dauert es noch länger.

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Den synthetischen Treibstoff beziehen die Tankstellen, die Mitglieder von UNITI sind, dem Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen, von Ineratec, einem Jungunternehmen, das aus dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hervorgegangen ist. Dort ist das Verfahren, das Ineratec einsetzt, auch entwickelt worden.

Weltweit erste integrierte Power-to-Liquid (PtL) Versuchsanlage zur Synthese von Kraftstoffen aus dem Kohlendioxid der Luft. Foto: Patrick Langer, KIT

Weltweit erste integrierte Power-to-Liquid (PtL) Versuchsanlage zur Synthese von Kraftstoffen aus dem Kohlendioxid der Luft.

Foto: Patrick Langer, KIT

Die Produktionsanlage wird im Industriepark Höchst in Frankfurt aufgebaut. Hier lockt ein Elektrolyseur, der mit einer Spitzenleistung von zwei Megawatt zu den großen in der Welt zählt. Er stammt vom Kölner Unternehmen Areva H2Gen, das seit kurzem zu GTT, dem französischen Spezialisten für den Transport von Flüssiggasen gehört.

Im zweiten Schritt entsteht Synthesegas

Der Elektrolyseur spaltet Wasser in Wasser- und Sauerstoff. Die Energie liefert zertifizierter Ökostrom. Aus Wasserstoff und Kohlendioxid, das aus Biogasanlagen bezogen werden soll – dort wird das Klimagas abgetrennt, um nahezu reines Methan zu erhalten, das ins Erdgasnetz eingespeist werden kann –, entsteht im zweiten Schritt Synthesegas. Dieser chemische Prozess findet bei relativ hohen Temperaturen und in Anwesenheit eines speziellen Katalysators statt.

Diesel-Alternative für Autos, Schiffe und Flugzeuge

Synthesegas ist ein Gemisch aus Wasserstoff und Kohlenstoffmonoxid. Mit dem mehr als 100 Jahre alten Fischer-Tropsch-Verfahren entstehen daraus flüssige Treibstoffe, auch e-Fuels genannt. Das „e“ steht für „elektrisch“, weil Strom aus erneuerbaren Quellen eine entscheidende Rolle spielt. Nach dem derzeitigen Plan sollen Diesel und Kerosin produziert werden, um sowohl dem Straßen- als auch dem Schiffs- und Luftverkehr eine Alternative zu fossilen Treibstoffen zu bieten, wenigstens eine kleine.


E-Fuels

Die Abkürzung E-Fuels steht für electrofuels. Gemeint sind synthetische Kraftstoffe, die mithilfe von Strom aus Wasser und Kohlenstoffdioxid (CO2) hergestellt werden.


Auch das Fischer-Tropsch-Verfahren benötigt hohe Temperaturen. Trotzdem ist der Energiebedarf des gesamten Prozesses relativ niedrig. Ein raffiniertes Design sorgt dafür, dass keine Wärme verlorengeht. Sie wird zwischen den einzelnen Komponenten ausgetauscht.

200.000 Liter Öko-Diesel pro Jahr

Die Tankstellen haben sich vertraglich 200.000 Liter e-Fuels pro Jahr gesichert. Das ist nur ein kleiner Teil dessen, was die Anlage in Höchst produzieren wird. Aus jährlich 10.000 Tonnen Kohlendioxid, die in die Atmosphäre entweichen, so lange es keine Verwendung dafür gibt, will Ineratec 3500 Tonnen e-Fuels produzieren, das sind 4,6 Millionen Liter. Eine Versuchsanlage, die zehn Liter e-Fuels pro Tag produziert, ist seit mehr als einem Jahr am Unternehmenssitz in Karlsruhe in Betrieb.

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Uniti setzt sich dafür ein, synthetische Treibstoffe in großen Mengen zu produzieren, um den Fahrzeugbestand emissionsfrei fahren zu lassen, was Kohlenstoffdioxid angeht. Synthetische Treibstoffe entwickeln, weil sie reiner sind als mineralische, auch weniger Schadstoffe wie Ruß und Kohlenmonoxid. Bei Stickoxiden gibt es allerdings kaum Unterschiede. Doch die Abgasreinigungssysteme moderner Dieselfahrzeuge sind so effektiv, dass die Grenzwerte locker unterboten werden.

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Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Kempkens

    Wolfgang Kempkens studierte an der RWTH Aachen Elektrotechnik und schloss mit dem Diplom ab. Er arbeitete bei einer Tageszeitung und einem Magazin, ehe er sich als freier Journalist etablierte. Er beschäftigt sich vor allem mit Umwelt-, Energie- und Technikthemen.

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