Mineral aus 660 km Tiefe 03.12.2014, 11:51 Uhr

Das häufigste Mineral der Erde hat endlich einen Namen: Bridgmanit

Hunderte von Kilometern tief im Erdinneren existiert ein Mineral in großen Mengen, das für Geologen aber unerreichbar ist. Nun haben Forscher das Mineral auch in einem Meteoriten nachweisen und ihm deshalb endlich einen offiziellen Namen geben können. Ab sofort heißt das häufigste Mineral der Erde Bridgmanit.

So sieht es aus, das erstmals genau bestimmte Mineral Bridgmanit: Rechts die dunkle Ader in dem 4,5 Milliarden Jahre alten Gesteinsbrocken des in Australien eingeschlagenen Meteoriten Tenham enthält ein Mineral, das 38 Prozent der Erdmasse bildet. 

So sieht es aus, das erstmals genau bestimmte Mineral Bridgmanit: Rechts die dunkle Ader in dem 4,5 Milliarden Jahre alten Gesteinsbrocken des in Australien eingeschlagenen Meteoriten Tenham enthält ein Mineral, das 38 Prozent der Erdmasse bildet. 

Foto: Chi Ma/Caltech

Das Mineral, das bis vor kurzem noch keinen Namen hatte, macht immerhin geschätzte 38 Prozent des gesamten Erdvolumens aus. Trotzdem war und ist es für die Geologen unerreichbar, denn es steckt Hunderte von Kilometern tief in der Übergangszone zum unteren Erdmantel. Und bis in diese Tiefe reichen keine menschlichen Bohrungen, und Vulkane haben das Mineral auch noch nicht an die Erdoberfläche geschleudert. Und so wussten die Forscher bislang nur theoretisch, aufgrund seismischer Messungen, von seiner Existenz.

Das Mineral steckte im Schmelzäderchen eines Meteoriten

Das bedeutete allerdings auch, dass das Mineral offiziell noch keine Bezeichnung hatte, denn nach den Regeln der Internationalen Mineralogischen Gesellschaft muss für eine Namensgebung eine in der Natur gefundene Probe beschrieben werden. Nun sind der in Köln promovierte Prof. Oliver Tschauner von der University of Nevada in Las Vegas und Chi Ma, Mineraloge am California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena, in einem Meteoriten fündig geworden.

Das Erdinnere bleibt der direkten Forschung zwar weiterhin verschlossen, aber das Mineral konnten die Geologen auch in den Schmelzäderchen eines Meteoriten nachweisen und seine Kristallstruktur beschreiben. Die Voraussetzung für eine offizielle Taufe war also gegeben und so heißt das Mineral jetzt Bridgmanit, benannt nach dem Nobelpreisträger Percy W. Bridgman, dem 1961 verstorbenen Begründer physikalischer Hochdruckexperimente.

Damit hat die alte Hilfsbezeichnung Silikat-Perowskit für das Mineral ihre Schuldigkeit getan. Das Mineral, ein Magnesium-Eisen-Silikat, bildet sich ausschließlich unter hohem Druck. In etwa 660 Kilometern Tiefe ist der Druck 240.000-mal höher als der Luftdruck an der Erdoberfläche. Und erst unter diesen Verhältnissen entsteht das Mineral.

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Sogar die Abstände der Atome im Gitter konnten die Forscher ausmessen

Tschauner und seine Kollegen haben Partikel des 1879 in Australien eingeschlagenen Tenham-Meteoriten auf Spuren des Minerals untersucht. Der Meteorit war für die Wissenschaftler deshalb interessant, weil bekannt ist, dass bei Meteoriteneinschlägen im Gestein ähnlich hohe Drücke und Temperaturen entstehen können wie im Erdinneren. Beim Aufschlag des Tenham soll der Druck 250.000 mal so hoch wie an der Erdoberfläche gewesen sein – also genug, damit Silikat-Perowskit entstehen konnte.

Mit Hilfe von sehr energiereicher Röntgenstrahlung fanden die Wissenschaftler in der Tat das gesuchte Mineral in einem kleinen Schmelzäderchen des Meteoriten und konnten seine Zusammensetzung analysieren. Sogar die Abstände der einzelnen Atome im Gitter ließen sich mit den Röntgenstrahlen ausmessen.

Die Struktur des Minerals stimme recht gut mit der im Labor erzeugten künstlichen Variante überein, berichten Tschauner und Chi Ma. Das echte Mineral sei aber reicher an Natrium und Eisen als erwartet.

Der Vorschlag, dem endlich nachgewiesenen Mineral den Namen Bridgmanit zu geben, kam ebenfalls von Tschauner und seinen Kollegen. Als offizielle Entdecker durften sie das Mineral auch taufen.

 

Ein Beitrag von:

  • Gudrun von Schoenebeck

    Gudrun von Schoenebeck

    Gudrun von Schoenebeck ist seit 2001 journalistisch unterwegs in Print- und Online-Medien. Neben Architektur, Kunst und Design hat sie sich vor allem das spannende Gebiet der Raumfahrt erschlossen.

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