Energiewende auf der Kippe: Fachkräfte werden zum Engpass
Während in anderen Wirtschaftszweigen Tausende von Arbeitsplätzen abgebaut werden, kämpft der Energiesektor verzweifelt um qualifiziertes Personal. Eine aktuelle Analyse von LinkedIn enthüllt, dass es sowohl in Deutschland als auch weltweit an qualifizierten Fachkräften mangelt, um die vereinbarten Klimaziele zu verwirklichen.
LinkedIn-Analyse: Fachkräftemangel gefährdet globale Klimaziele
Laut LinkedIn schaffen Unternehmen Stellen im Bereich der grünen Wirtschaft, und die Einstellungsrate erreicht kontinuierlich neue Höchststände – in diesem Jahr liegt sie weltweit bei beeindruckenden 24 % und in Deutschland sogar 19 % über der allgemeinen Einstellungsquote. Trotz dieses positiven Trends besteht jedoch ein erheblicher Mangel an qualifizierten Fachkräften, die diese grünen Positionen besetzen könnten.
„Die Auswertung unserer Daten zeigt, dass weltweit und in allen Branchen grüne Fachkräfte fehlen. Unternehmen schaffen zwar zunehmend grüne Arbeitsplätze, aber es gibt schlicht nicht genügend qualifizierte Fachkräfte, um diese Stellen zu besetzen und unseren Bedarf langfristig zu decken. Unsere Daten zeigen zwar, dass LinkedIn Mitglieder ihren Profilen zunehmend grüne Kompetenzen hinzufügen, aber dies geschieht nicht schnell genug. Damit wir unsere Klimaziele erreichen können, müssen klimapolitische Maßnahmen von umfassenden Schulungs- und Ausbildungsprogrammen begleitet werden, die von Unternehmen aktiv gefördert werden“, kommentiert Barbara Wittmann, Country Managerin bei LinkedIn DACH Ergebnisse der Untersuchung.
Grundsätzlich weist Deutschland im Bereich grüner Fachkräfte eine solide Basis auf: Mit einem Anteil von 16,8 % aller Berufstätigen gehört Deutschland zu den Ländern mit den höchsten Anteilen an grünen Talenten – nur Österreich (17,6 %) weist einen höheren Anteil auf. Dennoch ist der Anteil der grünen Talente in Deutschland in den letzten fünf Jahren im Durchschnitt nur um 5,0 % pro Jahr gestiegen. Im Vergleich dazu verzeichneten andere Länder wie Frankreich (7,4 %), das Vereinigte Königreich (5,7 %) oder die USA (5,4 %) einen etwas stärkeren Anstieg. Das bedeutet, dass, obwohl der Anteil grüner Talente weltweit kontinuierlich wächst, dieser Fortschritt nicht schnell genug erfolgt, um der steigenden Nachfrage der grünen Wirtschaft gerecht zu werden.
Weniger Frauen im grünen Talentpool
Gleichzeitig verdeutlichen Daten von LinkedIn, dass es in der grünen Wirtschaft nicht nur an qualifizierten Fachkräften mangelt, sondern auch eine Unterrepräsentation von Frauen im sogenannten grünen Talentpool besteht. Weltweit machen Frauen lediglich ein Drittel (33 %) der grünen Talente aus, wobei der Frauenanteil in Deutschland mit 25 % sogar noch geringer ist. Im Gesamten verfügt in Deutschland nur etwa jede achte Frau (12,3 %) unter allen Arbeitnehmern über grüne Fähigkeiten oder Berufserfahrung, verglichen mit gut einem Fünftel der Männer (21,8 %). Mit einem Unterschied von 9,5 Prozentpunkten ist der grüne Gender Gap in Deutschland nicht nur der größte (gefolgt von den Vereinigten Arabischen Emiraten mit 8,4 %), sondern wächst auch besonders schnell. Seit 2016 ist der grüne Gender Gap in Deutschland um 2,9 Prozentpunkte gestiegen, verglichen mit einem Wachstum von 2,7 Prozentpunkten in Frankreich und 1,4 Prozentpunkten im Vereinigten Königreich.
Schneller wachsender Gender Gap in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern
Die Kluft zwischen den Geschlechtern in Führungspositionen sei dieser Untersuchung zufolge sogar noch ausgeprägter – es bildet sich eine sogenannte „Green Ceiling“. In den Erneuerbaren Energien, einer der Branchen, die die grüne Transformation maßgeblich vorantreiben, liegt der Frauenanteil in Führungspositionen weltweit bei 25 %, im Vergleich zu 31 % in anderen Branchen. Deutschland hinkt mit einem Frauenanteil von 18 % in Führungspositionen im Bereich Erneuerbare Energien deutlich hinter dem weltweiten Durchschnitt zurück. Der Anteil von Frauen in Führungspositionen im Bereich erneuerbare Energien liegt in Frankreich bei 33 %, im Vereinigten Königreich bei 22 % und in den USA bei 25 %.
Wittmann erklärt, dass sie schon seit Langem darüber Bescheid wissen, dass Frauen auf dem Arbeitsmarkt unterrepräsentiert sind. Die Daten zeigen, dass sich auch in der grünen Wirtschaft ein deutlicher Gender Gap abzeichnet. Weltweit kommen auf eine Frau, die über grüne Fähigkeiten oder Berufserfahrung verfügt, zwei Männer. In Deutschland ist der Anteil sogar noch geringer. Wittmann stellt fest, dass der grüne Gender Gap in Deutschland im internationalen Vergleich nicht nur am größten ist, sondern auch noch am schnellsten wächst.
Dringender Handlungsbedarf seitens Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
„Die grüne Wirtschaft bietet bereits jetzt und langfristig sehr gute Karrierechancen, an denen auch Frauen und andere marginalisierte Gruppen auf dem Arbeitsmarkt teilhaben sollten. Um die Green Ceiling einzureißen und zu verhindern, dass der Gender Gap langfristig gesamtgesellschaftlich wieder stärker wächst, müssen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft dringend Barrieren abbauen und allen Arbeitnehmer*innen Zugang zur grünen Wirtschaft und zu grünen Jobs ermöglichen”, sagte die Expertin.
Mit anderen Worten: Es besteht ein dringender Handlungsbedarf, der nicht allein in der Verantwortung der Regierungen liegt, die Förderung von Ausbildung, Umschulung und Weiterbildungen zu intensivieren. Auch Unternehmen und Arbeitnehmer sind aufgefordert, aktiv zu werden. Unternehmen sollten genau evaluieren, welche grünen Fähigkeiten sie für die Realisierung ihrer Klimaziele benötigen, und potenzielle Qualifikationslücken durch gezielte Weiterbildungsmaßnahmen sowie kompetenzbasiertes Recruiting gezielt schließen.
Vorteilhafte Verhandlungsposition für Arbeitnehmende
LinkedIn im Umgang mit dem Fachkräftemangel: Strategien und Lösungsansätze
In diesem Zusammenhang bietet das berufliche Netzwerk LinkedIn eine Palette kostenloser Online-Lernkurse an. Diese Kurse bieten Fachleuten und Unternehmen praxisnahe Ratschläge im Bereich nachhaltiger Karrieren, unterstützen bei der Jobsuche in den Bereichen Klima, Nachhaltigkeit und Klimaleadership und tragen dazu bei, Qualifikationslücken in grünen Berufen zu schließen. Diese Ressource ist gleichermaßen für Führungskräfte von Nutzen, die grüne Talente rekrutieren oder entwickeln möchten, sowie für Arbeitnehmer, die aktiv nach Möglichkeiten suchen, in grünen Berufen Fuß zu fassen.
LinkedIn definiert grüne Kompetenzen als sämtliche Fähigkeiten von Arbeitnehmern, die unmittelbar dazu beitragen, den Einfluss des Klimawandels zu bekämpfen. Dies kann sich sowohl auf den Erhalt natürlicher Ressourcen wie Trinkwasser beziehen als auch auf Technologien, die Umweltverschmutzung reduzieren. Als grüne Berufe werden jene Positionen betrachtet, die ohne fundierte Kenntnisse im Bereich grüner Fähigkeiten nicht auskommen können.
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