Elektrisch in die Luft - Spirit of Innovation 10.03.2021, 07:00 Uhr

Das schnellste Elektroflugzeug rollt: Rolls-Royce auf Rekordkurs

Rolls-Royce tritt selbstbewusst auf: Schon vor zwei Jahren hat der Konzern angekündigt, den Geschwindigkeitsrekord für ein Elektroflugzeug brechen zu wollen. Bisher ist das neue Modell des Konzerns noch gar nicht abgehoben, aber ein wichtiger Meilenstein sei nun erreicht, verkündet das Unternehmen. Der Weg zu einer neuen Generation von Elektroflugzeugen scheint frei zu sein.

Montage Elektroflugzeug vor Big Ben

Bald könnte diese Montage Wirklichkeit werden, und das schnellste Elektroflugzeug der Welt fliegt über London.

Foto: Rolls-Royce Group

Elektromobilität ist nicht nur auf der Straße ein großer Hoffnungsträger für weitgehend CO2-freie Formen der Fortbewegung. Auch der Luftverkehr trägt unter normalen Reisebedingungen über 2,8 % zum weltweiten Ausstoß an Kohlenstoffdioxid bei. Das setzt die Branche enorm unter Druck. Doch bislang hat das Elektroflugzeug den Durchbruch noch nicht geschafft. Die Europäische Union hat als Klimaziel null Emissionen für das Jahr 2050 ausgerufen. Außerdem sinkt aus Umweltschutzgründen in weiten Teilen der Bevölkerung die Akzeptanz fürs Fliegen, was vor allem Kurzstreckenflüge betrifft. An neuen Antrieben kommen die Flugzeughersteller daher nicht vorbei. Und so ist es kein Wunder, dass Rekorde medienwirksam aufgestellt – und gebrochen werden. Ein schneller, leichter und effizientester Prototyp eines Elektroflugzeugs ist nämlich vor allem eines: Blaupause für eine neue Generation von Flugzeugen.

Airbus nun weltweit größter Hersteller von Flugzeugen

Jetzt scheint Rolls-Royce nach eigenen Aussagen kurz davor zu stehen, den Geschwindigkeitsrekord für ein Elektroflugzeug zu brechen. Noch kann aber einiges dazwischenkommen. Denn die Maschine mit dem klangvollen Namen „Spirit of Innovation“ ist bislang nicht abgehoben. Einen ersten Test hat sie trotzdem erfolgreich absolviert: Sie ist über die Landebahn gerollt. Für Laien klingt das nach einer unerheblichen Kleinigkeit, aber Flugzeugingenieure wissen, dass diese Aktion die grundsätzliche Funktionsfähigkeit des Antriebsstrangs demonstriert.

Rolls-Royce: Testflug mit Elektroflugzeug steht kurz bevor

Spirit of Innovation ist das Herzstück des sogenannten ACCEL-Projekts, das für „Accelerating the Electrification of Flight“ steht, was übersetzt so viel heißt wie „Beschleunigung der Elektrifizierung der Luftfahrt“. Neben Rolls-Royce ist daran das Unternehmen YASA beteiligt, das Elektromotoren und Steuergeräte entwickelt, sowie das Start-up Electroflight. Das Projekt wird vom Aerospace Technology Institute (ATI) und dem Department for Business, Energy & Industrial Strategy und Innovate UK gefördert. Denn auch Großbritannien will bis 2050 eine emissionsfreie Luftfahrt erreichen und investiert daher Geld in die entsprechenden Forschungsabteilungen.

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Motorblock
Eine ausgeklügelte Technologie ist unter der Karrosserie verborgen.

Foto: Rolls-Royce Group

Mitarbeiterin und Batterie
Die Energie wird über 6.000 Batteriezellen bereit gestellt.

Foto: Rolls-Royce Group

Illustration Komponenten
Diese Komponenten sollen für Leistung sorgen. Sie stammen von verschiedenen Herstellern.

Foto: Rolls-Royce Group

Pilot vor Flugzeug
Bereit zum Start? Nach dem Rolltest soll das Flugzeug bald abheben.

Foto: Rolls-Royce Group

Neu ist das ganze Thema eigentlich nicht. Denn den Bau des Elektroflugzeugs hat Rolls-Royce schon im Jahr 2019 verkündet, die ersten Testflüge sollten eigentlich im vergangenen Jahr stattfinden. Der Konzern äußerte sich nicht dazu, ob es technische Schwierigkeiten gegeben habe. Die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie haben die Arbeiten in jedem Fall verzögert. Jetzt soll es aber so weit sein.

6.000 Batteriezellen, drei Motoren, 2.400 Umdrehungen

Der elektrische Antriebsstrang verfügt über stolze 500 PS (400 Kilowatt) und soll die Spirit of Innovation dank der neuen Energiespeichertechnologie mit über 480 Stundenkilometern durch die Luft fliegen lassen. Die Batterie sei eigens für Höchstleistungen entwickelt worden. Sie besteht aus 6.000 Zellen, die extrem leicht verpackt sind und doch optimal vor thermischen Einflüssen geschützt sind. Ein spezielles System sorgt natürlich für ausreichende Kühlung. Laut Rolls-Royce liefert die Batterie genug Energie, um die Strecke von London nach Paris zu bewältigen. Beim Rekordversuch sorgen drei 750R Leichtbau-Elektromotoren des britischen Elektromotorenherstellers YASA fürs Tempo, sodass die Propeller bis zu 2.400 Umdrehungen pro Minute schaffen.

Rolls-Royce erreicht Durchbruch bei nachhaltigen Kraftstoffen für Triebwerke

Der Rolltest hat gezeigt, dass alle Komponenten hervorragend ineinandergreifen. Der erste Testflug soll in Kürze stattfinden, einen genauen Termin nennt das Unternehmen bisher nicht. Wenn die Spirit of Innovation tatsächlich die Marke von 480 Stundenkilometern knackt, stellt sie damit den Rekord eines Fliegers mit Siemens-Elektromotor aus dem Jahr 2017 haushoch ein. Der lag für E-Flugzeuge mit einem Gewicht von bis zu 1.000 Kilogramm bei knapp 338 Stundenkilometern. Nachlegen wird Siemens nicht – Rolls-Royce hat die E-Flugzeugmotorensparte von Siemens übernommen.

Elektroflugzeug soll Leistungsfähigkeit der Technologie zeigen

Die Ankündigung neuer Geschwindigkeitsrekorde ist natürlich sehr medienwirksam, eine Spielerei ist das Projekt aber definitiv nicht. Denn die Technologie, die hier entwickelt wird, soll später unter anderem in Lufttaxis genutzt werden. Rob Watson, Direktor von Rolls-Royce Electrical, setzt große Hoffnung in das Hochleistungsflugzeug: „Dieses System und die Einsatzmöglichkeiten, die wir dafür entwickeln, werden dazu beitragen, Rolls-Royce als Technologieführer zu positionieren, der Energiesysteme für den Markt der urbanen Luftmobilität anbietet.“

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Ein Beitrag von:

  • Nicole Lücke

    Nicole Lücke macht Wissenschaftsjournalismus für Forschungszentren und Hochschulen, berichtet von medizinischen Fachkongressen und betreut Kundenmagazine für Energieversorger. Sie ist Gesellschafterin von Content Qualitäten. Ihre Themen: Energie, Technik, Nachhaltigkeit, Medizin/Medizintechnik.

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