Roter Überriese WOH G64 21.11.2024, 14:00 Uhr

Erste Nahaufnahme eines sterbenden Sterns in der Milchstraße

Ein ESO-Teleskop zeigt einen sterbenden Riesenstern in noch nie gesehener Detailtreue. Das Bild enthüllt: WOH G64 steht kurz vor der Supernova.

Nahaufnahme sterbender Stern

Erstes Nahaufnahmebild eines Sterns außerhalb unserer eigenen Galaxie. Das helle Oval in der Mitte dieses Bildes ist ein staubiger Kokon, der den Stern umhüllt. Ein schwächerer elliptischer Ring um ihn herum könnte der innere Rand eines staubigen Torus sein, aber es sind weitere Beobachtungen erforderlich, um dieses Merkmal zu bestätigen.

Foto: ESO/K. Ohnaka et al.

Zum ersten Mal ist es gelungen, ein detailreiches Bild eines sterbenden Sterns in einer Galaxie jenseits der Milchstraße zu erstellen. Dieses bahnbrechende Ergebnis verdanken wir dem Very Large Telescope Interferometer (VLTI) der Europäischen Südsternwarte (ESO). Der Stern WOH G64, ein roter Überriese in der Großen Magellanschen Wolke, wurde dabei in beeindruckender Detailgenauigkeit abgebildet.

Ein gigantischer Stern in der Großen Magellanschen Wolke

WOH G64 liegt rund 160.000 Lichtjahre entfernt in der Großen Magellanschen Wolke, einer Satellitengalaxie der Milchstraße. Mit einem Durchmesser, der etwa 2000-mal so groß ist wie der unserer Sonne, zählt er zu den extremsten bekannten Sternen. Wissenschaftler*innen beobachten ihn seit Jahrzehnten, doch ein Bild mit derartiger Detailtreue war bisher nicht möglich.

Der Astrophysiker Keiichi Ohnaka von der Universidad Andrés Bello in Chile erklärt: „Zum ersten Mal ist es uns gelungen, ein vergrößertes Bild eines sterbenden Sterns in einer Galaxie außerhalb unserer eigenen Milchstraße aufzunehmen.“

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Ein Staubkokon um einen sterbenden Riesen

Die Beobachtungen zeigen, dass der Stern von einem eiförmigen Kokon aus Staub und Gas umgeben ist. Dieser Kokon entsteht durch den Materialausstoß, der in den letzten Lebensstadien eines Roten Überriesen üblich ist. Das Team glaubt, dass diese Materialien auch für die Verdunkelung des Sterns verantwortlich sind.

Ohnaka ergänzt: „Wir haben einen eiförmigen Kokon entdeckt, der den Stern eng umgibt. Wir sind begeistert, weil dies mit dem drastischen Ausstoß von Material aus dem sterbenden Stern vor einer Supernova-Explosion zusammenhängen könnte.“

Warum diese Beobachtung besonders ist

Bislang konnten Astronominnen und Astronomen nur vergrößerte Bilder von Sternen innerhalb der Milchstraße aufnehmen. Die Entfernung zu anderen Galaxien stellte eine große Herausforderung dar. WOH G64 ist nun der erste Stern außerhalb unserer Galaxie, der so detailliert untersucht wurde. Dies wurde durch die einzigartige Technologie des VLTI möglich.

Das VLTI kombiniert das Licht mehrerer Teleskope und erreicht dadurch eine außergewöhnlich hohe Auflösung. Die jüngste Entwicklung des Instruments GRAVITY hat die Empfindlichkeit und Bildqualität weiter verbessert. Diese Fortschritte machten das Bild von WOH G64 möglich.

Veränderungen in Echtzeit verfolgen

Besonders spannend ist die Veränderung, die das Team bei WOH G64 über die Jahre beobachtet hat. Der Stern wurde in den letzten zehn Jahren deutlich schwächer. Gerd Weigelt, Astronom am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn, betont:

„Wir haben festgestellt, dass der Stern in den letzten 10 Jahren eine bedeutende Veränderung erfahren hat, was uns die seltene Gelegenheit bietet, das Leben eines Sterns in Echtzeit zu beobachten.“ Diese Veränderungen könnten auf eine bevorstehende Supernova hindeuten, eine explosive Phase, in der ein Stern sein Leben beendet.

Das kann VLTI der ESO

Das Very Large Telescope Interferometer (VLTI) der ESO kombiniert das Licht, das von den vier 8-Meter-Hauptteleskopen oder den vier kleineren Hilfsteleskopen des Very Large Telescope (VLT) gesammelt wird. Auf diese Weise entstehen hochdetaillierte Bilder des Universums. Durch diese Lichtbündelung wird das VLTI zu einem „virtuellen“ Teleskop, dessen Auflösung der Entfernung zwischen den einzelnen Teleskopen entspricht. Dieser komplexe Prozess erfordert speziell entwickelte Instrumente.

In den Jahren 2005 und 2007 nutzte das Team von Keiichi Ohnaka die erste Generation solcher Instrumente: MIDI. Damals war es möglich, das Licht von zwei Teleskopen zu kombinieren, was für die damalige Technik beeindruckend war. Heute steht den Forschenden mit GRAVITY ein modernes Instrument der zweiten Generation zur Verfügung. Es erlaubt die Kombination des Lichts von vier Teleskopen und bietet eine deutlich verbesserte Empfindlichkeit und Auflösung, was die Aufnahme des Sterns WOH G64 überhaupt erst möglich machte.

Doch die Entwicklung geht weiter: GRAVITY+ ist eine geplante Erweiterung, die von den neuesten technologischen Fortschritten am VLTI und VLT profitieren wird. Diese Innovation wird es ermöglichen, noch schwächere und weiter entfernte Objekte im Universum zu beobachten.

Hier geht es zur Originalpublikation (PDF)

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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