Elektronische Tätowierung 19.12.2018, 07:00 Uhr

Taktil, elastisch, ultradünn: Neue elektronische Haut verbessert Robotersteuerung

Die Haut ist voll von Sensoren, die Informationen aus der Umwelt aufnehmen. Forscher haben mit einfachen Mitteln eine elektronische Haut hergestellt, die diese Informationen auf Prothesen oder Roboter überträgt und eine bessere Steuerung ermöglicht.

Man sieht eine Computerhand und eine Menschenhand, die sich berühren.

Portugiesische und US-amerikanische Wissenschaftler haben einen einfachen Weg gefunden, elektronische Haut inklusive integrierter Mikroelektronik herzustellen.

Foto: Panthermedia.net/AndreyPopov

Die menschliche Hautoberfläche enthält eine Fülle von Druck-, Temperatur- und Tastsensoren. Sie nehmen Informationen aus der Umgebung auf und verarbeiten sie. Durch speziell entwickelte elektronische Sensoren versuchen Wissenschaftler, Robotern und Prothesen diese Fähigkeiten zu verleihen, Informationen zu übertragen oder sie gezielt zu steuern. Portugiesische und US-amerikanische Wissenschaftfler haben nun eine einfache Methode entwickelt, mit der sie kostengünstig eine ultradünne, elastische elektronische Haut erzeugen können. Ihre Ergebnisse haben sie im Fachmagazin Applied Materials & Interfaces veröffentlicht. Die elektronische Haut kann als Schnittstelle für unterschiedlichste Mensch-Maschine-Interaktionen eingesetzt werden. Beispiele hierfür sind Prothesen, Roboter und Virtual Reality (VR).

Mensch-Maschine-Interaktion: Die Schnittstelle ist das Problem

Bei der Mensch-Maschine-Interaktion (oder Mensch-Maschine-Kommunikation) suchen und entwickeln Forscher Möglichkeiten der direkten oder indirekten Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Der Mensch, die Schnittstelle und das technische System verschmelzen im Idealfall zu einem einheitlich funktionierenden Mensch-Maschine-System. Die Mensch-Computer-Interaktion (HCI) ist ein Teilbereich davon. Sie erforscht und entwickelt Technologien für die Schnittstelle zwischen Mensch und Computer. Eine der großen Herausforderungen ist die technische Schnittstelle. Schwierig ist vor allem, extrem feine Stromkreise und winzige Sensoren auf komplexe dreidimensionale Oberflächen zu übertragen. Die Elektronik muss bieg- und dehnbar bleiben und zugleich stabil funktionieren. Schließlich wird sie ständig bewegt, gedehnt, gebogen, gekrümmt oder gezogen.

Herkömmliche elektronische Tätowierungen sind teuer

Einige Wissenschaftler haben zu diesem Zweck bereits verschiedene Formen der elektronischen Haut erzeugt, die auch als elektronische Tätowierungen oder e-Tattoos bezeichnet werden. Ähnlich wie Tattoos aus Kaugummiverpackungen werden sie auf die Haut, zum Beispiel auf den Zeigefinger, aufgetragen. Sie geben Berührungen über kurze Distanzen als Befehle an das jeweilige Endgerät weiter. Im Wesentlichen sind sie für einfache, perspektivisch auch für komplexe Steuerbefehle gedacht.

Der Vorteil: Die Steuerung über die e-Tattoos funktioniert intuitiv und ohne Blickkontakt, da Menschen die Position des e-Tattoos auf dem Körper stets bewusst ist. Jedoch ist die verbreitete Herstellung aufwendig, teuer und erfordert Reinraumbedingungen. Eine Team von Wissenschaftlern um Mahmoud Tavakoli vom Institut für Robotik der Universität Coimbra (Portugal) hat nun eine schnelle und kostengünstige Alternative entwickelt. Mit ihr lässt sich elektronische Haut nebst integrierter Mikroelektronik vergleichsweise einfach herstellen.

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Schaltkreisvorlage vom Laserdrucker

Hierfür kopierten die Wissenschaftler mit einem Desktop-Laserdrucker eine Schaltkreisvorlage auf ein spezielles Papier, das sie im Anschluss mit einer dünnen Silbertinte überzogen. Diese haftet nur an der gedruckten Tonertinte. Durch eine zusätzliche Gallium-Indium-Metalllegierung des Silberüberzugs erhöhten sie die elektrische Leitfähigkeit und machten die Schaltung flexibler. Schließlich befestigten sie die Elektronik, zum Beispiel Mikrochips, mit einem leitfähigen „Klebstoff“ aus vertikal ausgerichteten Magnetpartikeln. Dieser war in Polyvinylalkoholgel eingebettet. Der Kleber ermöglicht stabile elektrische Kontakte zu Mikrochips, die eine Kantenlänge von gerade mal 300 Mikrometern haben. Die Schaltung selbst ist etwa 5 Mikrometer dick. Alle Druck- und Schnittstellenprozesse führten sie bei Raumtemperatur durch.

Die produzierte elektronische Haut ist weich, ultradünn und dehnbar. Sie kann um jede dreidimensionale Oberfläche gewickelt werden und haftet an der menschlichen Haut. Die Forscher übertrugen nun das elektronische Tattoo auf verschiedene Objekte und demonstrierten verschiedene Anwendungen: So konnten sie eine Roboterarmprothese steuern, die Aktivität menschlicher Skelettmuskeln überwachen und die Informationen aus Abstandssensoren in das 3D-Modell einer Hand integrieren.

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Ein Beitrag von:

  • Thomas Kresser

    Thomas Kresser macht Wissenschafts- und Medizinjournalismus für Publikumsmedien, Fachverlage, Forschungszentren, Universitäten und Kliniken. Er ist geschäftsführender Gesellschafter von ContentQualitäten und Geschäftsführer von DasKrebsportal.de. Seine Themen: Wissenschaft, Technik, Medizin/Medizintechnik und Gesundheit.

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