Schutz vor Verwitterung 11.12.2013, 17:25 Uhr

Deutsche Ingenieure wollen Weltkulturerbe Pompeji retten

Die Ruine der antiken Stadt Pompeji ist vom Einsturz bedroht: Verwitterung und 2,5 Millionen Touristen bedrohen die Stadt. Jetzt will ein internationales Forscherkonsortium Techniken entwickeln, mit der die Zerstörung der Stadt aufgehalten werden kann.

Blick über das Forum von Pompeji: Erste Ausgrabungen Ende des 18. Jahrhunderts brachten die gut erhaltenen Überreste der Stadt wieder zum Vorschein und ermöglichten der Wissenschaft wertvolle Einblicke in das Leben der Antike.

Blick über das Forum von Pompeji: Erste Ausgrabungen Ende des 18. Jahrhunderts brachten die gut erhaltenen Überreste der Stadt wieder zum Vorschein und ermöglichten der Wissenschaft wertvolle Einblicke in das Leben der Antike.

Foto: Fraunhofer IBP

Die Tragödie der Stadt Pompeji geht zurück in das Jahr 79. Am 24. August explodierte der Gipfel des Vulkans Vesuv, eine riesige schwarze Wolke stieg aus seinem Trichter. Die Bewohner der nächstgelegenen Stadt Herculaneum wurden unter Schlamm, Lava und Wasserfluten begraben. Nicht besser erging es den Menschen in Pompeji. Alle, die nicht rechtzeitig flohen, starben an tödlichen Phosphordämpfen oder wurden von Gesteinsbrocken erschlagen. Am Ende des Tages wurde eine sieben Meter hohe Schicht aus Asche und Bimsstein zu ihrem Grab.

Die antike Stadt in der Region Kampanien zieht jährlich ca. 2,5 Millionen Besucher an.

Die antike Stadt in der Region Kampanien zieht jährlich ca. 2,5 Millionen Besucher an.

Quelle: Fraunhofer IBP

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Diese Tragödie wurde für die Archäologie zu einem Glücksfall: Über Jahrhunderte schlummerte die antike Stadt am Golf von Neapel verschüttet in ihrem Grab und überdauerte so 1500 Jahre. Erst um 1600 erblickte sie wieder das Tageslicht, als Arbeiter bei Entwässerungsarbeiten auf ihre Überreste stießen. Dann begann der archäologische Run: Bis Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts legten Forscher gut zwei Drittel des antiken Stadtgebietes frei. Von Wäschereien bis zu Bordellen ist alles erhalten. Das lockt Menschen an: Über zweieinhalb Millionen Touristen tummeln sich jährlich in den Ruinen.

Immer mehr freigelegte Gebäude sind vom Einsturz bedroht

Mittlerweile ist die Stadt ein zweites Mal in Gefahr: Mauern, Fresken und Mosaike halten der Witterung nicht länger stand. Teilweise stürzen mühsam freigelegte Gebäude ein. „Das tut uns in der Seele weh“, sagt Dr. Ralf Kilian vom Holzkirchener Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP). Der Restaurator legte gemeinsam mit dem Archäologen Dr. Albrecht Matthaei im Jahr 2012 den Grundstein für das Pompeji Sustainable Preservation Project, das die Ruinen schützen soll. „Zwar wird in Pompeji beständig restauriert, doch fordert allein schon die schiere Größe der Stadt immer wieder neue Anstrengungen, wenn man dauerhaft und nachhaltig im gesamten Gebiet der Stadt konservatorisch arbeiten will.“

Der heute immer noch aktive Vulkan Vesuv thront über den Ruinen von Pompeji, das er im Jahr 79 n. Chr. unter einer dicken Schicht Asche und Bimsstein begrub.

Der heute immer noch aktive Vulkan Vesuv thront über den Ruinen von Pompeji, das er im Jahr 79 n. Chr. unter einer dicken Schicht Asche und Bimsstein begrub.

Quelle: Fraunhofer IBP

Fraunhofer Forscher wollen neue Restaurierungsmaterialien entwickeln

Gemeinsam mit internationalen Partnern und Behörden vor Ort wollen die Fraunhofer Forscher eine nachhaltige Lösung für den Schutz des Weltkulturerbes finden. Vor Ort sollen nicht nur Archäologen und Restauratoren den Ton angeben, sondern auch Naturwissenschaftler und Techniker. „Wir wollen beispielsweise bestehende Restaurierungsmaterialien wie Mörtel dahingehend optimieren, dass sie mit dem Originalmaterial kompatibel und länger haltbar sind“, erklärt Kilian im Gespräch mit ingenieur.de. „Das macht unter anderem mikroskopische Analysen des Originalmörtels vor Ort notwendig.“ So ließen sich Mauern und Gebäude vor dem Einsturz bewahren, ohne dabei ihr Aussehen zu verändern.

Die Überreste Pompejis sind den widrigen Umwelt- und Witterungseinflüssen meist ungeschützt ausgesetzt. Deutsche Forscher wollen deshalb Techniken entwickeln, um die Stadt vor der Zerstörung zu retten.

Die Überreste Pompejis sind den widrigen Umwelt- und Witterungseinflüssen meist ungeschützt ausgesetzt. Deutsche Forscher wollen deshalb Techniken entwickeln, um die Stadt vor der Zerstörung zu retten.

Quelle: Fraunhofer IBP

Ist die Erste Hilfe geschafft, geht es im zweiten Schritt darum, die Stadt vor Wind und Wetter zu schützen. „Die sogenannte Präventive Konservierung ist ein recht junger Zweig der Restaurierung“, sagt Kilian weiter. „Wir wollen ein Konzept entwickeln, das die Installation von Schutzdächern und Wasserableitungen vorsieht. Denkbar ist auch die lokale Temperierung sensibler Bereiche in den antiken Bauten.“ Die Wissenschaftler packen ihren Werkzeugkoffer für diese Aufgaben mit hochmodernen Instrumenten: unter anderem mit  Geoinformationssystemen und 3D-Laserscannern.

Projekt ist auf zehn Millionen Euro Förderhilfe angewiesen

Eines der Projektziele ist die Entwicklung neuer Technologien, die zur Verbesserung der Konservierungsmethoden etwa für empfindliche Fresken beitragen sollen. 

Eines der Projektziele ist die Entwicklung neuer Technologien, die zur Verbesserung der Konservierungsmethoden etwa für empfindliche Fresken beitragen sollen.

Quelle: Fraunhofer IBP

Doch bevor es an die Rettung geht, ist das Forschungskonsortium auf Geld von Sponsoren angewiesen. „Das Projekt steht und für den Start haben wir vom Vorstand der Fraunhofer-Gesellschaft eine Anschubfinanzierung erhalten. Nun suchen wir nach Geldgebern, die uns in den kommenden zehn Jahren das für die Umsetzung unseres Vorhabens notwendige Budget in Höhe von zehn Millionen Euro zur Verfügung stellen“, erklärt Kampagnenleiterin Nina Martens. „Mit einer ehrgeizigen Fundraising-Strategie möchten wir Förderer für das Projekt gewinnen, deren Herz ebenfalls für den Erhalt dieses unwiederbringbaren Zeugnisses abendländischer Kultur schlägt.“

Ein Beitrag von:

  • Patrick Schroeder

    Patrick Schroeder arbeitete während seines Studiums der Kommunikationsforschung bei verschiedenen Tageszeitungen. 2012 machte er sich als Journalist selbstständig. Zu seinen Themen gehören Automatisierungstechnik, IT und Industrie 4.0.

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