Dieselhaltern bleiben Softwareupdates und Umtausch 11.02.2019, 13:32 Uhr

Warum es so bald keine Hardwarenachrüstung für Diesel-Pkw geben wird

Mit einem Katalysator wollen unabhängige Nachrüster den Diesel sauber machen, doch die Hersteller sträuben sich. So wird die Geschichte gerne erzählt. Doch die technischen Details einer Hardwarenachrüstung für Diesel-Pkw lassen noch eine andere Lesart zu.

Ein Auspuff ist mit einer diagnostischen Sonde zur Abgasmessung bei Dieselfahrzeugen bestückt

Die Diagnose mag zwar lauten, dass Diesel-Pkw zu viel NOx emittieren, doch welche Behandlung sich daraus ergibt, ist weiter unklar.

Foto: panthermedia.net/Corepics

Hardwarenachrüstungen mögen außerhalb des Fahrzeugs als effiziente Lösung zur Abgasnachbehandlung scheinen, die Komplexität von Fahrzeugen führt die Unternehmung jedoch ad absurdum. Das ist das Ergebnis einer Studie, in der fünf habilitierte Ingenieure im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums „die prinzipielle Machbarkeit einer hardwareseitigen Umrüstung, insbesondere der Abgasnachbehandlung“ durch OEM analysierten. Die Wissenschaftler empfehlen sowohl für Dieselfahrzeuge mit Euro 5 als auch für solche mit Euro 6 Softwareupdates statt technischer Nachrüstungen. Zumindest, wenn es um Pkw und Transporter geht.

Welche Zusammenhänge und baulichen Voraussetzungen dazu führen, dass die Forscher Hardwarenachrüstungen weniger zutrauen als Softwareupdates, haben wir mit dem Motorenexperten  und Mitautor der Studie,  Thomas Koch, besprochen. Seit 2013 leitet der Maschinenbauingenieur das Institut für Kolbenmaschinen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), außerdem ist er Mitglied im VDI-Fachbeirat Antrieb und Energiemanagement.

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In unserem Gespräch wurden vor allem drei Dinge deutlich:

  1. In der Debatte müssen wir zwischen Pkw und Transporter auf der einen und Lkw sowie Busse auf der anderen Seite differenzieren.
  2. Außerdem dürfen wir die technischen Systeme, die zur Nachrüstung des Antriebsstrangs vorgesehen sind, nicht als Stand-alone-Lösung betrachten. Sondern als technisches Element, das zu einem ohnehin hoch komplexen Modell hinzugefügt werden soll. Was uns zum ersten Grund führt, weshalb es noch keine marktfähigen Hardwarelösungen zur Nachrüstung von Dieselfahrzeugen gibt.
  3. Wir müssen uns fragen, wer eine etwaige Lösung in das Fahrzeug verbaut: der OEM oder ein unabhängiger Nachrüster. Die Antwort liefert auch einen wesentlichen Hinweis auf die entstehenden Kosten und die Haftungsproblematik.

 

Jede Nachrüstlösung ist ein integratives Element

Eine Abgasnachbehandlung, egal welcher Fasson, ist kein Katalysator, den man einfach an die Abgasanlage anflanscht. Vielmehr ist es „ein hoch integratives Element des gesamten Fahrzeugs, das mit dem Fahrzeug kommunizieren muss“, so Koch. „Da können Sie nicht einfach irgendwo ein Kabel anlöten. Wenn ein Fahrzeughersteller eine Umrüstung durchführt, müssen Kabelsätze ausgetauscht und zuvor abgesichert werden, sonst werden im Feld Fehler auftreten.“ All diese Wechselwirkungen seien grundsätzlich in den Griff zu bekommen, aber das ist zeitintensiv und es ist teuer.

Etwa weil die Nachrüstung an die Systeme der On-Board-Diagnose (OBD) angebunden werden muss. Oder weil die Abgasanlage, die von den Katalysatoren verstärkt werden soll, ein crashrelevantes Bauteil ist. Damit müssen nicht nur große Umbauten durchgeführt werden, sondern auch neue Sicherheitstests wie ein komplett neuer Crashtest. Zwei weitere gravierende Probleme führen wir hier kurz auf:

Temperatur

Und dann weist Koch auf ein Problem hin, das dem Diesel quasi in die Wiege gelegt wurde und nun bei der Frage von Hardwarenachrüstungen bei Euro-5-Dieseln einigen Lösungen im Wege steht. Nämlich denjenigen, die bei der Abgasnachbehandlung auf die Harnstofflösung AdBlue setzen. „Einerseits möchte man einen effizienten Motor mit einer geringen Abgastemperatur, andererseits braucht man eine hohe Abgastemperatur, um das AdBlue zu dosieren“, sagt Koch.

Für Anbieter von auf AdBlue basierenden Nachrüstlösungen heißt das: Ihre Lösungen brauchen Heizungen, damit sie funktionieren. Weil die Abgastemperatur im Stadtverkehr nicht auf die erforderliche Mindesttemperatur von 180 °C kommt, die AdBlue benötigt, um zu funktionieren. Bzw. um auszuschließen, dass es zusätzlich zur Bildung von Verunreinigungen durch Biuret, Amylin oder Melamin kommt, die sich im Verbrennungsraum festsetzen. „Baut man aber einen zusätzlichen Heizkatalysator ein, werden ältere Fahrzeuge eine erhöhte Bordnetzbelastung haben und die Batterien in die Knie gehen“, führt Koch aus.

Sekundäremissionen

Laut Koch besteht die Gefahr, dass die Luftqualität trotz verringerter Stickoxid-Emissionen bei Diesel-Pkw nicht besser wird. Weil stattdessen Sekundäremissionen auftreten, die „unbedingt vermieden werden müssen“, so der Motorenexperte. Dazu zählen neben Ammoniak etwa Lachgas und Vanadiumoxid. Ammoniak wird nun durch den verbindlich vorgeschriebenen Schlupfkatalysator abgesichert. Vanadium aber nicht. Es entsteht, wenn ein Vanadium-basierter Katalysator mit aktiver Regeneration mit einem Partikelfilter kombiniert wird und die Randbedingungen ungünstig sind. Deshalb erhalten diese Lösungen in den USA, in China und in Japan keine Zulassung.

Garantie und Haftung oder OEM vs. unabhängige Nachrüster

Ein unabhängiger Nachrüster ist etwa HJS Emission Technology aus dem sauerländischen Menden. Dessen Inhaber Hermann-Josef Schulte sagte im Deutschen Bundestag, dass die Hardware-Nachrüstung bei Pkw „eine dramatische Herausforderung“ sei. Ohne die technischen Daten der Hersteller für die betroffenen Modelle könnten die nötigen Kat-Systeme nicht entwickelt werden, wird Schulte in einem Artikel der Welt zitiert. Die Autohersteller haben zugesagt, an diesem Punkt mit den Nachrüstern zu kooperieren.

Hinzu kommt allerdings, dass die Nachrüstung nicht nur in ein hoch komplexes System namens Auto eingebaut, sondern auch nachhaltig abgesichert werden muss. Es bleibt also die Frage nach Garantie und Haftung. Die Nachrüster haben sich bisher nur bereit erklärt, die ausschließliche Haftung für ihr System zu übernehmen. Doch das wird nicht reichen, wenn sich die Nachrüstung auf das komplette Fahrzeug auswirken und an ganz anderen Bauteilen zu Schäden führen kann. Diese Gefahr sehen die Autohersteller und weigern sich ihrerseits, die Gewährleistung für das Gesamtsystem zu übernehmen.

Groß- und Kleinfahrzeuge sind bei der Nachrüstung zu unterscheiden

In Autos und Lieferwagen lassen sich aus den oben genannten Gründen nur unter großen Schwierigkeiten Systeme einbauen, die den Ausstoß von NOx bei Diesel-Pkw verringern könnten.

Anders sieht es bei Lkw und Stadtbussen aus. Dort hält Koch Hardware-Nachrüstungen für durchaus sinnvoll, weil die Fahrzeuge von speziell ausgebildeten Fahrern gelenkt werden, der Fuhrpark professionell gemanagt wird, es um überschaubare Stückzahlen geht und die Randbedingungen ganz andere sind. So müssten viele Lkw heute schon mit einer Einspritzung für den Dieselzusatz Adblue ausgestattet sein, sofern sie diese Regelung nicht umgehen.

Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) stellte in einer Überprüfung im Zeitraum von Juli 2017 bis April 2018 fest, dass knapp 2 % der Lkw manipuliert waren. Fahrer und Halter versuchen so, die Betriebskosten zu senken, erhöhen allerdings den Ausstoß von Stickstoffdioxiden (NOx). Im Umkehrschluss heißt das: 98 % der Halter setzten Adblue vorschriftsgemäß ein und reduzierten so den Schadstoffausstoß ihrer Fahrzeuge.

Die Kosten für eine Nachrüstung liegen weit über den zugesagten 3.000 €

Angenommen, Autohersteller und Anbieter von Nachrüstsätzen finden eine Lösung, um das integrative Bauteil zur Abgasnachbehandlung über das fahrzeugeigene Steuergerät zu überwachen, also eine On-Board-Diagnose sicherzustellen – wie teuer wäre wohl der Einbau, Herr Koch? „Für eine richtige Pkw-Lösung rechnen wir derzeit mit rund 5.000 € Nachrüstkosten. Diese Zahl wurde gerade von einem seriösen Nachrüster unter der günstigsten Annahme großer Stückzahlen bestätigt.“

Die Bundesregierung aber geht von durchschnittlich 3000 € aus, die eine Hardwarenachrüstung zur Reduzierung von NOx-Emissionen bei Diesel-Pkw kosten werde. Auf die Frage der Grünen-Fraktion, wer für eventuelle Mehrkosten aufkäme, hat die Bundesregierung in ihrer Antwort nicht einmal reagiert. Ein Trost für alle Dieselhalter: Sollte eine Nachrüstlösung kommen, wollen die Hersteller VW und Daimler die Kosten in Höhe von maximal 3.000 € übernehmen. BMW lehnt dies bislang ab.

Es gibt (noch) keine marktreifen Nachrüstlösungen für Pkw

Die Zusagen sind insofern nicht allzu belastbar, da bisher ohnehin kein einziges solches System in Deutschland zugelassen ist. „Lkw- und Bus-Lösungen sind durchaus marktreif“, differenziert Koch. „Die Pkw-Lösungen bedingen jedoch noch mehr Absicherungsaufwand.“ Immerhin zwei Hersteller haben bereits Anträge auf Zulassung von Nachrüstsystemen beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) vorgelegt. „Die entscheidungsrelevanten Dokumente“ seien bisher jedoch bei keinem der Anträge vollständig, so die Bundesregierung in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen.

Sollte sich an dieser Ausgangslage kurzfristig etwas ändern, würden Nachrüstsysteme zur Reduzierung von Stickoxid-Emissionen frühestens 2020 eine Rolle spielen. Denn erst dann greifen die „herstellerspezifischen Maßnahmen“ der Automobilhersteller für die „nach den Umtauschaktionen verbleibenden Euro-5-Diesel“, auf die sich Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer mit den Herstellern im November 2018 geeinigt hat. Bis dahin sollen sich Dieselfahrer vor allem von ihren „alten“ Dieseln trennen, um neue Fahrzeuge zu kaufen. Haltern von Dieselfahrzeugen der Abgasnorm Euro 4 und darunter bleibt selbst im Falle einer baldigen Markteinführung von Nachrüstsystemen ohnehin nichts anderes übrig.

 

Mehr zu Nachrüstung und Stickoxiden:

Die Nachrüstlösung von Twintec und den Katalysator, der Stickoxide fast komplett aus Dieselabgasen entfernt, eine Entwicklung des Forschungszentrums Jülich, haben wir bereits vorgestellt.

Zur Diskussion um NOx-Grenzwerte haben wir den Beitrag „Der NOx-Grenzwert ist ein Zufallsprodukt“, der die Kritik am Grenzwert und dessen Festlegung beleuchtet. Außerdem gibt es den Beitrag „Der Stickstoffdioxid-Grenzwert hat seine Berechtigung“, in dem es um die Auswirkungen von NOx auf die Gesundheit und die Messungen geht.

Lesen Sie auch, wo Fahrverbote in deutschen Innenstädten gelten, wo sie drohen und wie es überhaupt so weit kommen konnte.

Ein Beitrag von:

  • Lisa Diez-Holz

    Die Autorin war von 2017 bis Ende 2019 Content Managerin für das TechnikKarriere-News-Portal des VDI Verlags. Zuvor schrieb sie als Redakteurin für die VDI nachrichten.

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