Vorurteile weit verbreitet 18.06.2025, 13:20 Uhr

E-Auto-Mythen im Faktencheck: Was wirklich stimmt

Zwischen Vorurteil und Wirklichkeit: Warum viele Menschen beim Thema Elektromobilität noch skeptisch sind – und was Fakten dagegenhalten

E-Auto laden

Wie umweltfreundlich sind Stromer, wie lange halten die Batterien und zahlt man als Nutzer drauf? Lange gab es widerstreitende Antworten. Eine große Überblickstudie kommt nun aber zu klaren Aussagen.

Foto: PantherMedia / Mediawhalestock

E-Autos gelten als zentraler Baustein der Verkehrswende. Dennoch stehen viele Menschen der Elektromobilität skeptisch gegenüber. Warum? Weil sich eine Reihe von Behauptungen hartnäckig halten – unabhängig davon, ob sie stimmen. Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) hat die gängigsten E-Auto-Mythen wissenschaftlich überprüft. Auch eine internationale Studie zeigt: Fakten allein überzeugen nicht immer. Persönliche Weltanschauungen spielen eine entscheidende Rolle.

Klimabilanz: Besser als ihr Ruf

Ein häufiges Argument gegen E-Autos lautet: Die Herstellung sei zu energieintensiv. Tatsächlich verursacht die Produktion – insbesondere die Batterieherstellung – mehr CO₂-Emissionen als bei einem Verbrenner. Je nach Batteriegröße kann der Unterschied bis zu 130 % betragen. Doch das Bild ändert sich schnell, sobald das Auto auf der Straße ist.

Laut Fraunhofer-Studie liegen die gesamten Treibhausgasemissionen über den Lebenszyklus hinweg bei einem durchschnittlichen Mittelklasse-E-Auto etwa 40 bis 50 % unter denen eines vergleichbaren Verbrenners – vorausgesetzt, das Fahrzeug wird mit überwiegend grünem Strom geladen. Die Unterschiede sind dabei nicht theoretisch: Sie basieren auf Daten aus mehr als 70 wissenschaftlichen Quellen.

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Eine Ausnahme gibt es jedoch. Wenn ein besonders schweres E-Auto mit großer Batterie nur selten gefahren und zudem mit dem aktuellen deutschen Strommix geladen wird, kann der Vorteil schrumpfen. Solche Fälle sind aber eher selten. Die Studienleitung um Martin Wietschel betont: Die Klimabilanz hängt immer auch vom Nutzungsverhalten ab.

Kosten: Auf Dauer oft günstiger

Viele Menschen nehmen an, E-Autos seien grundsätzlich teurer. Das Fraunhofer ISI widerspricht. Zwar liegt der Anschaffungspreis häufig höher, doch auf die Gesamtkosten kommt es an. Berücksichtigt man Kaufpreis, Stromkosten, Wartung und Reparaturen, schneiden viele E-Autos bereits nach wenigen Jahren günstiger ab.

Ein zentraler Punkt ist dabei das Laden. Wer zu Hause oder am Arbeitsplatz laden kann, spart am meisten. Bereits nach drei Jahren Haltedauer können sich E-Autos finanziell lohnen – besonders bei sinkenden Stromkosten und günstigen Förderbedingungen. Bei gebrauchten Modellen fällt die Rechnung oft noch deutlicher aus.

Ein weiterer Vorteil ergibt sich durch sogenanntes bidirektionales Laden: Dabei kann das Fahrzeug nicht nur Energie speichern, sondern auch wieder abgeben – etwa ins Hausnetz oder zurück ins Stromnetz. Bis zu 1000 € jährlich sind laut Studienleitung realistisch. Voraussetzung: gesteuertes Laden, etwa per Smart Meter.

Brandgefahr? Kein größeres Risiko

Medienberichte über brennende E-Autos schüren Ängste. Doch die Datenlage ergibt ein anderes Bild. Forschende des Fraunhofer ISI sehen derzeit keine Hinweise auf ein generell höheres Brandrisiko bei E-Autos. Manche Untersuchungen legen sogar nahe, dass Fahrzeuge mit Elektromotor seltener brennen als solche mit Verbrennungsmotor.

Die Analyse zeigt aber auch: Die Daten sind begrenzt. Deshalb lässt sich derzeit nur sagen, dass E-Autos nicht häufiger in Brand geraten. Eine abschließende Bewertung braucht bessere Langzeitdaten. Unstrittig ist jedoch: Die Technik entwickelt sich weiter. Brandschutz, Zellchemie und Softwareüberwachung verbessern sich stetig.

Feinstaub: Reifen sind das neue Problem

Beim Thema Umweltbelastung gerät oft nur der CO₂-Ausstoß in den Fokus. Doch auch Feinstaub spielt eine Rolle. Moderne E-Autos erzeugen keinen Auspufffeinstaub, wohl aber Partikel durch Reifen- und Bremsabrieb. Ihr höheres Gewicht wirkt sich hier negativ aus.

Gerade bei Reifenabrieb schneiden E-Autos daher teils schlechter ab als leichte Verbrenner. Die Industrie arbeitet jedoch an Lösungen – etwa neuen Gummimischungen oder aerodynamisch optimierten Felgen. Klar ist: Kein Auto fährt komplett emissionsfrei. Aber unter dem Strich sind E-Autos sauberer unterwegs als vergleichbare Verbrenner.

Die Rolle von Fehlinformationen

Eine im Fachjournal Nature Energy veröffentlichte Studie hat 2025 untersucht, wie weit Fehlinformationen über E-Autos verbreitet sind – und welchen Einfluss sie haben. Befragt wurden 4.200 Menschen in Deutschland, Österreich, Australien und den USA. Das Ergebnis: In keinem der Länder war die Zustimmung zu Falschinformationen so hoch wie in Deutschland.

Insgesamt glaubten zwischen 34 und 38 % der Befragten an Mythen über E-Autos. Nur 20 bis 27 % widersprachen aktiv. Der Besitz eines E-Autos schützte nicht vor Fehleinschätzungen. Auch wer selbst elektrisch fährt, glaubt mitunter an Dinge wie etwa eine höhere Brandgefahr, gesundheitliche Risiken oder Umweltzerstörung durch seltene Rohstoffe.

Die Forschenden machten dabei deutlich: Es geht weniger um Faktenwissen als um persönliche Einstellungen. Wer an Verschwörungstheorien glaubt oder institutionelles Misstrauen hegt, lässt sich eher von Falschinformationen beeinflussen. Dagegen sind Menschen mit umweltfreundlicher Haltung und progressiver Weltsicht deutlich resistenter.

KI gegen Halbwissen

Interessant ist: Der Einsatz von KI kann helfen, Vorurteile zu entkräften. In der Studie wurde getestet, wie sich die Meinung von Teilnehmenden ändert, wenn sie mit Fakten konfrontiert werden – einmal über ein Info-Blatt, einmal durch ein Gespräch mit ChatGPT. In beiden Fällen sank die Zustimmung zu Falschbehauptungen spürbar.

Gerade der Dialog mit KI zeigte Potenzial, den Glauben an Mythen zu verringern. Die Studie verweist daher auf zwei Handlungsempfehlungen: Erstens, absichtliche Fehlinformationen rechtlich einzuschränken. Zweitens, faktenbasierte Kommunikation mit modernen Mitteln – etwa durch KI – zu stärken.

Fazit: Fakten schaffen Klarheit

Elektroautos sind nicht perfekt – aber besser als ihr Ruf. Sie verursachen weniger CO₂, sind langfristig günstiger im Betrieb und bieten neue Möglichkeiten wie das bidirektionale Laden. Risiken wie Brandgefahr lassen sich bisher nicht belegen. Probleme wie Feinstaub betreffen auch andere Fahrzeugtypen – und lassen sich durch technische Lösungen mildern.

Viele Vorurteile halten sich hartnäckig, obwohl sie wissenschaftlich widerlegt sind. Der Grund liegt oft nicht in mangelndem Wissen, sondern in tief verwurzelten Ansichten. Umso wichtiger ist es, sachlich zu informieren – auf Basis von Forschung, nicht von Meinung.

 

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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