Klimaneutraler Luftverkehr 22.09.2022, 07:00 Uhr

E-Fuels: Diese Technologie könnte alles ändern

Forschende wollen durch synthetische Treibstoffe einen emissionsfreien Luftverkehr ermöglichen. Schlüssel ist ein Herstellungsverfahren, das die Produktion der E-Fuels in großer Menge ermöglichen soll. Am Campus in Karlsruhe steht bereits eine Pilotanlage.

Flugzeug

Ein Flugzeug, dessen Ausstoß der Atmosphäre nicht schadet. Das ist das Ziel.

Foto: panthermedia.net/Simsek (YAYMicro)

Flugzeuge haben das Reisen erheblich vereinfacht und beschleunigt, aber in Bezug auf den Klimawandel sind sie ein Problem. Denn sie stoßen erhebliche Mengen an klimaschädlichen Gasen wie CO2 aus. Bis es effiziente Elektro-Flugzeuge geben wird, die auch weite Strecken zurücklegen können, wird es vermutlich noch eine Weile dauern. Bis dahin könnten synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, die Lösung sein. Sie werden im Wesentlichen aus Wasser und der Umgebungsluft hergestellt. Verwendet man für diesen Prozess Strom aus erneuerbaren Energiequellen, sind sie klimaneutral.

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In der Theorie klingt das hervorragend. In der Praxis ist es aber noch nicht möglich, synthetische Kraftstoffe in ausreichender Menge kosteneffizient zu produzieren. Das wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) gemeinsam mit Partnern weiterer Hochschulen und der Industrie ändern. Sie nutzen im Forschungsprojekt KEROGREEN eine innovative Plasmatechnologie für die E-Fuel-Produktion.

Synthetischer Treibstoff: Viereinhalb Jahre Entwicklungszeit

Viele Forschende suchen nach Wegen, um den Luftverkehr klimaneutral zu gestalten. „Batterien, Wasserstoff und Hybridlösungen sind aufgrund ihrer geringen Energiedichte ungeeignet“, sagt Peter Pfeifer, Professor am Institut für Mikroverfahrenstechnik des KIT und einer der Sprecher des Forschungsprojekts KEROGREEN. „Biokraftstoffe wiederum stehen aufgrund der benötigten Anbauflächen in Konkurrenz mit der Nahrungsmittelproduktion und dem Naturraum.“

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Pfeifers Vorstellung ist daher ein neues Kerosin, das aus Luft und Wasser gewonnen wird. Damit das gelingt, haben sich mehrere Partner zusammengeschlossen: neben dem KIT das Dutch Institute for Fundamental Energy Research (DIFFER) als Koordinator, das Flemish Institute for Technology Research (VITO) sowie die Unternehmen INERATEC, eine Ausgründung des KIT, Hygear und Cerpotech. Die EU fördert das Projekt KEROGREEN.

Viereinhalb Jahre hat das Team gebraucht, um ein skalierbares Verfahren zu entwickeln, das die Expertinnen und Experten für zukunftsfähig halten. Es basiert auf einer neuen Plasmatechnologie und passt in ein Containermodul.

Bekannte Verfahren für E-Fuel-Produktion einbezogen

Der Prozess basiert im Wesentlichen auf drei Schritten: Als Erstes nutzen die Forschenden die Umgebungsluft beziehungsweise das darin enthaltende CO2. Sie führen es in einen Reaktor und zerlegen es in Kohlenmonoxid (CO) und Sauerstoff. Das geschieht durch ein mit Mikrowellenstrahlung erzeugtes Plasma. Im nächsten Schritt entfernen sie den Sauerstoff und wandeln einen Teil des COs in einem zweiten Reaktor in Wasserstoff um. Dafür nutzen sie eine sogenannte Wassergas-Shift-Reaktion. Das Verfahren ist gut erprobt, um in Synthesegas den CO-Anteil zu verringern.

Zurück bleiben also Wasserstoff und CO, die von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in dieser Zusammenstellung als Synthesegas bezeichnet werden.

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In einem dritten Reaktor wandeln sie das restliche CO in Kohlenwasserstoffe, und zwar über die Fischer-Tropsch-Synthese, die ebenfalls gut bekannt ist. Hochmolekulare Kohlenwasserstoffe werden in der Anlage prozessintern gespalten. So entsteht am Ende ein Produkt, das dem Grundbestandteil der Kraftstoffe entspricht, die sonst im Flugverkehr verwendet werden. Das E-Fuel lässt sich zu Kerosin veredeln oder als Energiespeicher lagern.

Herstellungsverfahren für E-Fuels ist skalierbar

Die Forschenden sehen für ihre Plasmatechnologie zwei Einsatzmöglichkeiten: Auf der einen Seiten ließen sich die Anlagen bis in den Megawattbereich hochskalieren. Auf der anderen Seite wäre es auch möglich, sie dezentral zu verwenden. „Zukünftige Anlagen werden modular und skalierbar sein und könnten deshalb einfach in einen Offshore-Windpark oder in einen Solarpark in der Wüste integriert werden“, sagt Pfeifer. „Wenn dann Wind oder Sonne mal nicht vorhanden sind, würde sich der Plasmareaktor vorübergehend ausschalten und mit verfügbarer Energie einfach wieder hochfahren.“

Auf dem Campus des KIT steht aktuell eine Pilotanlage für die E-Fuel-Produktion, auch wenn noch nicht jeder einzelne Prozessschritt technisch vollständig ausgereift sei. Pfeifer ist sich sicher, dass diese Form der Herstellung von synthetischen Treibstoffen Zukunft hat: „Das neue Herstellungsverfahren ist besonders ressourcenschonend, weil keine seltenen Rohstoffe verwendet werden“, sagt er.

„Mit erneuerbarer Energie und CO2 direkt aus der Atmosphäre, entsteht dabei ein geschlossener Kohlenstoffkreislauf. Wir können sogar die bestehende Infrastruktur für die Lagerung, den Transport, die Betankung der Flugzeuge und vor allem die Triebwerkstechnik weiternutzen.“

Nicht zu vergessen: E-Fuels emittieren zudem keinen Schwefel sowie weniger Ruß und Stickstoffoxide (NOx) als herkömmliches Kerosin.

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Ein Beitrag von:

  • Nicole Lücke

    Nicole Lücke macht Wissenschaftsjournalismus für Forschungszentren und Hochschulen, berichtet von medizinischen Fachkongressen und betreut Kundenmagazine für Energieversorger. Sie ist Gesellschafterin von Content Qualitäten. Ihre Themen: Energie, Technik, Nachhaltigkeit, Medizin/Medizintechnik.

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