Technikgeschichte 18.01.2013, 12:09 Uhr

Bahn-Kartelle haben in Deutschland eine lange Tradition

Lange Zeit galten Kartelle als Korrektiv gegen die Anarchie der Märkte, erst in den 50er-Jahren wurden sie verboten. Auch wenn die Bahn zeitweise Preissenkungen durchsetzen konnte, blieb ihre Abhängigkeit von Kartellen bestehen, so der Wirtschaftshistoriker Christopher Kopper, Autor des folgenden Artikels.

Die deutsche Bahn ist nach wie vor von Kartellen abhängig

Die deutsche Bahn ist nach wie vor von Kartellen abhängig

Foto: Deutsche Bahn AG

Die Ära der Kartelle begann in den 1890er-Jahren, als der preußische Staat fast alle Privatbahnen verstaatlicht hatte. 1897 legalisierte das Reichsgericht in einer Grundsatzentscheidung die bindende Wirkung von Kartellverträgen und bahnte der Kartellbildung in der Grundstoffindustrie den Weg. Bis 1904 waren die Stahlproduzenten, die im Branchenverband organisiert waren, lückenlos kartellisiert.

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Diese Kartellbildung hatte für die Königlich Preußische Eisenbahnverwaltung und die übrigen deutschen Staatsbahnen einschneidende Folgen. Die Preise für Schienen und andere wichtige Walzstahlprodukte wurden nicht auf dem freien Markt gebildet, sondern in Kartellverhandlungen ausgehandelt. Vor allem in konjunkturschwachen Perioden lagen die Kartellpreise über den marktwirtschaftlichen Gleichgewichtspreisen.

Ähnliches galt auch für die Steinkohle, deren Fördermenge zu einem Zehntel an die Eisenbahn ging. Seit 1893 organisierte das Rheinisch-Westfälische Kohlensyndikat den Absatz und die Preisbildung der Lokomotivkohle. Einsprüche und Protest der deutschen Staatsbahnen waren nicht zu erwarten: Die Preußische Eisenbahnverwaltung war ein unselbstständiger Regiebetrieb unter der Leitung des Preußischen Ministers für öffentliche Arbeiten, der nur dem preußischen Ministerpräsidenten und nicht dem Preußischen Landtag verantwortlich war.

Kartelle erschienen als legitimes Mittel gegen die Anarchie der Märkte

Die Ökonomen aus der meinungsführenden „Historischen Schule der Nationalökonomie“ hielten die liberale Wettbewerbslehre ihrer angelsächsischen Kollegen für nicht verallgemeinerbar. Ihnen erschienen Kartelle als legitime Mittel gegen die Anarchie der Märkte, gegen ruinöse Konkurrenz und zur Glättung starker Preisausschläge und Nachfrageschwankungen.

Bei der Beschaffung von Lokomotiven und Wagons setzten die deutschen Bahnen auf ein Quotensystem, das alle Hersteller entsprechend ihrer Größe berücksichtigte. Die Vielfalt der sogenannten Länderbaureihen bei den Lokomotiven war das Ergebnis einer Beschaffungspolitik, welche aus regionalwirtschaftlichen Gründen die Hersteller des eigenen Landes bevorzugte. Heute ist diese Typenvielfalt ein unerschöpflicher Gegenstand für Eisenbahnfreunde – damals trieb sie die Stückkosten hoch.

Erst die Vereinigung zur Reichsbahn im Jahr 1920 ermöglichte die Reduzierung der Typenvielfalt. Doch die Beschaffungspolitik per Quotensystem blieb auch nach der Vereinigung der Länderbahnen zur Reichsbahn bis 1945 bestehen.

Auch nach ihrer Umwandlung in eine reichseigene Aktiengesellschaft mit unternehmerischer Eigenverantwortung änderte sich die Beschaffungspolitik der Bahn nur wenig. Durch die Zentralisierung der Beschaffung im Reichsbahn-Zentralamt konnte die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (DRG) die Preise für Kohle und Stahl zwar senken, aber die Kartellabhängigkeit nicht durchbrechen.

Trotz ihrer Gewinnorientierung identifizierte sich die DRG weiterhin mit den Pflichten eines gemeinwirtschaftlich orientierten Staatsbetriebs. Aus volkswirtschaftlichem Verantwortungsgefühl gegenüber den Lokherstellern und unter dem Druck der Reichsregierung orderte die DRG in Rezessionsphasen mehr Lokomotiven als nötig. Gegenüber dem Lieferantenkartell der Waggonbauer konnte sie jedoch Preissenkungen und ein Gewinnlimit durchsetzen.

Nach 1945 führte die amerikanische Besatzungsmacht ein strenges Kartellverbot ein

Nach 1945 verschwanden die Kartelle von der Bildfläche. Die amerikanische Besatzungsmacht betrachtete Kartelle als politisch gefährliche Machtzentren und führte 1947 ein strenges Kartellverbot nach amerikanischem Vorbild ein.

Nach langen und harten Auseinandersetzungen mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) setzte Wirtschaftsminister Ludwig Erhard 1957 das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) durch. Bis auf wenige genehmigungspflichtige Ausnahmen waren Kartelle nun auch nach deutschem Recht verboten. Bis 1957 schützten auch staatlich festgelegte Höchstpreise für Kohle und Stahl die Deutsche Bundesbahn (DB) vor einer Übervorteilung durch Lieferanten.

In ihrer neuen Rechtsform als unselbstständiges Sondervermögen des Bundes unterlag die DB den Anweisungen der Bundesregierung. Die DB war gehalten, Aufträge bevorzugt an Unternehmen in strukturschwachen Regionen und im Grenzgebiet zur DDR zu vergeben und die Strukturpolitik der Bundesregierung zu unterstützen. So kaufte die DB zu Beginn der Kohlekrise im Jahr 1958 einige hunderttausend Tonnen mehr Kohle als nötig und lagerte sie auf Halde. Obwohl die DB zu diesem Zeitpunkt schon dauerhafte rote Zahlen schrieb, blieb sie auf dem Zinsaufwand und den Lagerkosten sitzen.

Sofern möglich, gingen die Aufträge für Stahl, Schwellen und Fahrzeuge auch weiter ausschließlich an deutsche Unternehmen. Bei Triebfahrzeugen ließ sich die exklusive Auftragsvergabe an deutsche Anbieter noch mit der technologischen Pfadabhängigkeit und der Anpassung an die technischen Standards in Deutschland rechtfertigen. Für international standardisierte und homogene Produkte wie Schienen traf dies aber nicht zu.

Da die Zahl der inländischen Lieferanten für Schienenstahl überschaubar war, verschärfte sich mit der politisch gewollten Selbstbeschränkung auf deutsche Anbieter das Oligopolproblem – und die Gefahr illegaler Preisabsprachen.

Die Bahnreform von 1993 und die Umwandlung der Bundesbahn in die unternehmerisch autonome Deutsche Bahn AG konnte die Strukturprobleme wichtiger Beschaffungsmärkte nicht lösen. Durch den Zwang zur schnellen technologischen Innovation musste die DB ihre Energie auf die Beschaffung neuer Fahrzeugserien konzentrieren, die sie teilweise verspätet und technisch unausgereift von der Industrie erhielt.

In den 1990er-Jahren stand die DB AG unter Druck, den enormen Instandhaltungs- und Modernisierungsrückstand im ostdeutschen Schienennetz so schnell wie möglich aufzuholen. Die etatisierten Investitionszuschüsse des Bundes aus den Programmen „Aufbau Ost“ und aus dem Lückenschlussplan des Bundesverkehrsministeriums mussten so schnell wie möglich abgerufen und verbaut werden. Mögliche Anzeichen für ein überhöhtes Preisniveau für Schienenstahl blieben unentdeckt.

Die zunehmende Unternehmenskonzentration auf dem Stahlmarkt tat ein Übriges, um Preisabsprachen hinter dem Rücken der DB AG zu erleichtern. 

Ein Beitrag von:

  • Christopher Kopper

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