Klimaforscher entschlüsseln Proxydaten 14.07.2020, 15:08 Uhr

Höchster CO2-Wert seit 3,3 Millionen Jahren: Uralter Fund aus der Karibik zeigt die Klimazukunft

Klimadaten, die sich aus winzigen, Millionen von Jahre alten Fossilien ablesen lassen, zeigen uns die Zukunft unserer Klimaentwicklung. Forscher haben die uralten Daten entschlüsselt und stellen eine düstere Prognose.

Fossilien

Klimaforscher untersuchen Fossilien – und können einen Blick in die Klimazukunft werfen.

Foto: panthermedia.net/Klanneke

Unsere Welt steuert auf den höchsten CO2-Wert in der Luft seit 3,3 Millionen Jahren zu. Bereits in fünf Jahren soll es so weit sein: Laut einer Studie der University of Southampton könnte der Gehalt von Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre 2025 noch höher sein als in der wärmsten Periode der vergangenen 3,3 Millionen Jahre. Ein Blick zurück in die Anfänge unserer Welt offenbart diese dramatische Entwicklung. Die Ergebnisse haben die Forscher aus Southampton im Fachmagazin “Scientific Reports” veröffentlicht.

Blick zurück in die Zukunft: Blaupause für das künftige Klima

Die Erdgeschichte vor 5-3 Millionen Jahren v.h. ist für Klimaforscher besonders interessant, weil die Klimaverhältnisse damals ähnlich waren wie heute. Daher nehmen Forscher an, dass sie die globale Erwärmung anhand alter Daten prognostizieren können. Man spricht hier vom frühen bis mittleren Pliozän. Es stellt die letzte warme Klimaperiode vor Beginn des Eiszeitalters dar.

Das Pliozän stellt in der Erdgeschichte ein Zeitintervall dar. Es begann vor circa 5,3 Millionen Jahren und endete vor 2,5 Millionen Jahren. Vor dem Pliozän liegt das Miozän. Nach ihm folgt die Eiszeit, das Pleistozän.

Die Ozeane und Kontinente lagen ungefähr in der heutigen Position, auch die Tiefenverteilung der Meere war ähnlich. Im Gegensatz zu anderen warmen Perioden der Erdgeschichte liegen aus dem mittleren und frühen Pliozän viele Proxydaten aus Land- und Ozeantemperaturen vor, die Ableitungen erlauben. Proxydaten sind indirekte Anzeiger für das Klima, man spricht auch von Klimazeugen. So können zum Beispiel aus Eisbohrkernen, Baumringen, Pollen, Korallen, Sedimenten oder Isotopen Rückschlüsse auf das Klima vergangener Zeiten gezogen werden.

“Das Wissen über den CO2-Gehalt in der geologischen Vergangenheit ist wichtig, weil es uns zeigt, wie das Klimasystem, die Eiskappen an den Polen und der Meeresspiegel darauf reagiert haben“, sagt Studienautor Elwyn de la Vega von der University of Southampton.

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Mit seinen Kollegen analysierte er die Schalen von winzigen Fossilien, die sich vor Jahrmillionen im heutigen Karibischen Meer abgelagert hatten. Diese Daten zeigen, wie hoch der CO2-Anteil in der Atmosphäre zu dieser Zeit war.

Was wurde untersucht?

In der aktuellen Studie untersuchten die Forscher die Isotope des Elements Bor, welches in den Schalen von Zooplankton gespeichert ist. Die winzigen Organismen strömten bereits vor über drei Millionen Jahren durch das Meer. Starben die Tierchen ab, sanken sie auf den Meeresboden. Mit der Zeit bildete sich so eine dicke Schicht aus versteinertem Zooplankton – heute ein Schatz an Klimainformationen.

Temperaturen lagen vier Grad höher als heute

Im Pliozän lagen die Temperaturen bis zu vier Grad höher als heute, in Europa siedelten sich Giraffen an; Grönland war gänzlich eisfrei. Der Bor-Gehalt in den Schalen der Fossilien erzählt den Forschern heute, wie hoch der pH-Wert im Wasser vor Millionen von Jahren war. Der Säuregrad in den Meeren hängt auch vom CO2-Gehalt in der Atmosphäre ab, sodass sich dadurch die Zusammensetzung der Luft rekonstruieren lässt. Heutige Messungen zeigen, dass der pH-Wert in den Ozeanen wegen der gestiegenen Emissionen sinkt.

Laut den Analysen schwankte der CO2-Gehalt in der Atmosphäre des Pliozäns zwischen 380 und 420 Teilchen pro eine Million Teilchen Luft (ppm). Das kommt in etwa dem heutigen Durchschnittswert gleich.

„Weil der CO2-Gehalt um etwa 2,5 ppm pro Jahr steigt, werden wir bis zum Jahr 2025 alles übertroffen haben, was wir aus den vergangenen 3,3 Millionen Jahren kennen“, sagt Studienautor Thomas Chalk. „Das heißt, wir befinden uns bereits auf einem Level, das in der Erdgeschichte mit steigenden Temperaturen und einem höheren Meeresspiegel verbunden war.“

Warum haben wir nicht schon Temperaturen wie im Pliozän?

Dass unsere Erde nicht schon jetzt ähnlich hohe Temperaturen erlebt wie im Pliozän, liegt laut den Forschern daran, dass es eine Weile dauert, bis das Klima auf den höheren CO2-Gehalt reagiert. Sollten die Emissionen weiter steigen, wird die Atmosphäre bald den CO2-Gehalt vom Pliozän übertreffen.

Die Weltwetterorganisation (WMO) warnte bereits, dass die globalen Durchschnittstemperaturen bald die entscheidende 1,5 Grad-Grenze knacken werden. Die jährliche Durchschnittstemperatur der Welt dürfte in den kommenden fünf Jahren mindestens 1 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau (1850-1900) liegen, heißt es in einer Pressemeldung der WMO.

Grafik WMO

Foto: WMO

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Ein Beitrag von:

  • Sarah Janczura

    Sarah Janczura

    Sarah Janczura schreibt zu den Themen Technik, Forschung und Karriere. Nach einem Volontariat mit dem Schwerpunkt Social Media war sie als Online-Redakteurin in einer Digitalagentur unterwegs. Aktuell arbeitet sie als Referentin für Presse und Kommunikation beim VDI e.V.

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