Umwelt 11.03.2011, 19:52 Uhr

Es liegt zu viel reaktiver Stickstoff in der Luft

Ammoniak und Stickstoffoxide in der Luft schädigen Gesundheit und Ökosysteme, sagt Jochen Flasbarth, Präsident des Umweltbundesamtes (UBA). Helfen soll die NEC-Richtlinie der EU, die nationale Emissionshöchstmengen für Luftschadstoffe festlegt.

Der Gesetzgeber sorgt auf zwei Wegen für saubere Luft. Er gibt Grenzwerte für Emissionen aus Industrieanlagen oder Auspuffrohren vor. Und er begrenzt die Gesamtemissionen.

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Die EU tut Letzteres seit 2010 mit der Richtlinie für nationale Emissionshöchstmengen (NEC-Richtlinie) bei vier Luftschadstoffen: bei Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffoxiden (NOx), Ammoniak (NH3) und der Gruppe der flüchtigen organischen Verbindungen (ohne Methan). Danach darf Deutschland jedes Jahr maximal 520 kt SO2, 1051 kt NOx, 550 kt NH3 und 995 kt flüchtige organische Verbindungen emittieren.

Nach ersten Berechnungen des Umweltbundesamtes (UBA) wird Deutschland bei SO2 etwa 10 % unter dem Zielwert liegen, die anderen Vorgaben aber wohl überschreiten. Deutschland ist kein Sonderfall: Viele EU-Staaten werden vor allem die Vorgaben für NOx und NH3 verfehlen. Die EU-Kommission wird die NEC-Richtlinie voraussichtlich bis 2013 überarbeiten und künftig wohl niedrigere Werte für die vier Schadstoffe einfordern.

VDI nachrichten: Wird Deutschland die 2010-Zielwerte der NEC-Richtlinie einhalten?

Flasbarth: Derzeit fehlen uns noch Informationen, um die genauen Zahlen für 2010 zu berechnen. Die Emissionen für Ammoniak, Stickstoffoxide und auch für flüchtige organische Substanzen werden die Zielwerte in 2010 voraussichtlich noch überschreiten. Hierzu trägt auch bei, dass wir viele Emissionen nach und nach immer besser abschätzen können meist liegen die Werte dann höher als bislang vermutet.

Wie viel Stickstoffeinträge hält das UBA eigentlich für erträglich?

Mit Blick auf Ökosysteme und die menschliche Gesundheit müssen wir die Einträge deutlich verringern. Dazu ist eine engagierte Stickstoffpolitik nötig. Jeder muss was tun. Landwirte sollten beispielsweise den Stickstoffüberschuss auf ihren Höfen halbieren, aber auch Pkw und Lkw, Energieerzeuger und Fabriken können und müssen ihren Teil dazu beitragen.

Die jetzigen Ziele der NEC-Richtlinie halten Sie also für nicht ausreichend?

Nein. Das ist ein erster Zwischenschritt. In 5- oder 10-Jahresschritten sollten die Obergrenzen weiter abgesenkt werden.

Eigentlich brauchen wir Stickstoffverbindungen ja zum Leben …

… aber die Dosis macht’s. Durch ein Zuviel an Stickstoff verlieren wir natürliche Ökosysteme, die auf wenig Nährstoffe angewiesen sind. Wer an der Ostsee Urlaub macht, kann manchmal eine Algenblüte als Folge der Stickstoffüberschüsse erleben. Zusätzlich verschärft Lachgas den Klimawandel.

Nicht zu vergessen die Wirkungen auf die menschliche Gesundheit!

Richtig: Stickstoffoxide schädigen Atemwege. Sie sind zudem Vorläufersubstanzen für bodennahes Ozon. Besonders betroffen hier sind Innenstädte.

Stickstoffoxide, Nitrate, Ammoniak und Lachgas: Wie wollen Sie alles zusammenbringen?

Wir sprechen wegen der vielen Stickstoffverbindungen mit ihren unterschiedlichen Wirkungen von der Stickstoffkaskade: Reaktiver Stickstoff gelangt über die Luft in den Boden und wandert von dort ins Grundwasser. Anschließend erreicht er die Gewässer. Da es zudem viele Verursacher gibt, ist es schwierig, eine übergreifende Stickstoffpolitik zu organisieren.

Der wichtigste Verursacher …

… ist die Landwirtschaft. Ich möchte aber betonen, dass die Landwirte schon einiges getan haben. Der Stickstoffüberschuss auf den Höfen – ein wichtiger Gradmesser für die Nachhaltigkeit der Landwirtschaft – sank seit 1991 von 130 kg Stickstoff/ha im Jahr auf rund 100 kg. Den Löwenanteil davon hatte Anfang der 1990er-Jahre der Rückgang der Viehbestände in Ostdeutschland. Seit 1993 sinkt der Überschuss durch Effizienzgewinne der Landwirte jedes Jahr um etwa 1 kg/ha.

Die Bundesregierung hatte in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie von 2002 als 2010-Zielmarke 80 kg/ha ausgegeben.

Ja, es gibt Nachholbedarf. Landwirte müssen mit Gülle und Mineraldünger, der übrigens mit erheblichem Energieaufwand hergestellt wird, präziser düngen. Das ist mit Technik möglich. Allein wenn wir alle Güllebehälter abdecken würden und Gülle unmittelbar nach Ausbringung auf Äckern in den Boden einarbeiten würden, könnten wir die Ammoniakwerte der oben erwähnten NEC-Richtlinie voraussichtlich einhalten. Das Wort „industrielle Landwirtschaft“ hat zwar oft eine negative Konnotation, mit Düngeplanung und Technik lassen sich aber Pflanzen ihrem Nährstoffbedarf entsprechend düngen – zur richtigen Zeit und in richtiger Menge. Das würde Umweltprobleme, z. B. Nitratauswaschungen, senken.

Fordern Sie eine Stickstoffüberschussabgabe?

Das ist eine Möglichkeit. Man muss sie aber richtig ausgestalten, es nutzt der Umwelt wenig, wenn man etwa Pflanzenbauer bestraft und Tierhalter davonkommen lässt. Wichtig ist, dass wir den Überschuss langfristig auf das unvermeidbare Maß reduzieren – wir halten etwa 50 kg Stickstoff/ha im Jahr für machbar.

Und die Massentierhaltung?

In Teilen Deutschlands ist das Verhältnis von Tierdichten und vorhandener Fläche aus den Fugen geraten. Das wird oft mit dem Begriff der Massentierhaltung bezeichnet. Ich möchte richtig verstanden werden und sage daher, eine effiziente Form der Tierhaltung ist gewünscht. Aber sie muss, wie es etwa das Bundesnaturschutzgesetz fordert, in einem ausgewogenen Verhältnis zum Pflanzenbau stehen. Wir sehen ein Problem, wenn aufgrund zu hoher Tierbestände bezogen auf die verfügbare Fläche die Gülle die Ökosysteme belastet.

Was fordern Sie?

Die Zahl der Tiere pro zur Verfügung stehender landwirtschaftlicher Fläche beschränken! Es geht aber nicht nur um Ordnungsrecht. Wir haben den riesengroßen Vorteil, dass der Staat die Landwirtschaft mit Steuergeldern in erheblichem Umfang unterstützt. Es ist wichtig, dieses Geld so einzusetzen, dass Landwirte Anreize haben, verträglich zu wirtschaften, also z. B. vernünftig zu düngen und verträgliche Tierzahlen pro Fläche sicherzustellen.

Und die Futtermittel?

Tierhaltung ohne eigene Futtergrundlage basiert häufig auf dem Import von Eiweißfuttermitteln. Deren Anbau führt in den Herkunftsländern zu ökologischen Problemen und hier zu einem zusätzlichen Nährstoffüberschuss. Wir müssen verstärkt regionale Kreisläufe schließen und die Potentiale des heimischen Eiweißanbaus nutzen. Es gibt bereits Ansätze dazu, beispielsweise in Bayern.

Haben Sie als Umweltschützer eine Chance gegen die Bauernlobby?

Das ist ja kein Gegeneinander, auch wenn die Interessen manchmal unterschiedlich sind. Wir haben mit unseren Umweltdaten eine gute Basis, um sagen zu können, die EU-Förderung sollte so genutzt werden, dass noch verbliebene Umweltprobleme aus der Landwirtschaft noch gelöst werden. Und die Chance ist gegeben: Denn die EU-Kommission bereitet zurzeit die Neuausrichtung der europäischen Agrarförderung vor.

Ein wesentlicher Bestandteil der Kommissionsvorschläge ist dabei eine sogenannte Ökologisierungskomponente, im englischen Sprachgebrauch als „greening“ bezeichnet. Das heißt, die Direktzahlungen an die Landwirte sollen nicht nur eine grundlegende Einkommenssicherung bewirken, sondern auch mit ökologischen Leistungen über die gesetzlichen Mindeststandards hinaus verknüpft werden.

Durch diese Einbeziehung von Umweltleistungen in die sogenannte „Erste Säule der gemeinsamen Agrarpolitik“ sollen sie nicht mehr wie bisher in den Agrar-Umweltprogrammen auf freiwilligen Maßnahmen beruhen, sondern quasi obligatorisch und damit auf der gesamten Fläche wirksam werden.

Die Landwirte haben mit den Stickstoffoxiden in unseren Innenstädten wenig zu tun, oder?

Hier ist der Verkehr einer der wichtigsten Verursacher.

Was empfehlen Sie hier?

Zum Beispiel mehr effektive Umweltzonen!

Die werden aber kritisiert!

Ja, aber zu Unrecht. Wir haben bei den Belastungen in den Städten jahreszeitlich und von Jahr zu Jahr unterschiedliche Witterungseinflüsse. Deshalb ist es unseriös, von einem zum anderen Jahr zu messen und zu sagen, eine Umweltzone hat etwas gebracht oder hat nichts gebracht. Ich habe das unlängst vom ADAC gelesen. Das sind keine wissenschaftlich seriösen Aussagen. Wir brauchen dazu längere Zeiten.

Sinken die Stickstoffwerte bereits?

Wir sehen, die Einträge werden geringer. Die Fahrzeugflotte mit grünen Plaketten hat sich dort, wo die Umweltzonen konsequent angewendet werden, deutlich vergrößert. Und wenn Einträge geringer sind, dann wird witterungsbereinigt damit zu rechnen sein, dass die Immissionsbelastung wieder zurückgeht – alles andere wäre unlogisch.

Kann man noch was tun?

Die Einführung von Euro 6 für Pkw und Euro VI für Lkw sollte etwa durch Regelungen in der Kfz-Steuer beschleunigt werden. Das hat sich bereits bewährt, als etwa der Katalysator eingeführt wurde.

Und die Industrie?

Die Industrie hat Lachgas- und Stickstoffoxidemissionen schon deutlich gesenkt. Aber natürlich gibt es noch ein erhebliches Potenzial. In Zementwerken beispielsweise sehen wir ein Einsparpotenzial von 50 %. Aber auch Glashütten oder Stahlwerke können die Stickstoffoxidemissionen noch senken.

Und die Kohlekraft?

Steinkohlekraftwerke entsticken ihre Abgase bereits, Braunkohlekraftwerke nicht. Hier werden weitere Anforderungen kommen, sodass wir Erneuerungen, was die technische Ausstattung angeht, erwarten können. Und ich denke, wir sind hier auf einem guten Weg. Deutschland hat ja ambitionierte Ziele beim Ausbau erneuerbarer Energien. Das bedeutet, automatisch werden weniger Kohlekraftwerke gebraucht.

Also alles in Butter?

Nein. Wir behalten den zunehmenden Einsatz von Biomasse im Blick. Holzkraftwerke und kleinere Feuerungsanlagen wirken nicht nur segensreich, sondern führen zu höheren örtlichen Emissionen etwa an Stickstoffoxiden. Hier müssen wir frühzeitig eingreifen.

Also schärfere Grenzwerte für Biomassekraftwerke?

Wir warten derzeit noch auf neue Forschungsergebnisse, um etwa bei Holzkraftwerken Aussagen machen zu können, wie die unter Klimagesichtspunkten erwünschte Technologie auch emissionsfreundlich werden kann. Es geht darum, kostengünstig Emissionen zu mindern, damit dies letztendlich eine in sich schlüssige technologische Entwicklung wird.

Das ist ja insgesamt ein langer Wunschzettel. Ihr Wunsch für 2025?

Wir müssen zu einer stärker integrierten Betrachtung der globalen Stoffströme kommen. Und ganz konkret wünsche ich mir, dass wir 2025 die heutigen Probleme zu einem Großteil erledigt haben werden. Also keine Überdüngung mehr, saubere Brunnen und keine Algenblüten in der Regelmäßigkeit wie heute.

Kann eigentlich jeder Einzelne was tun?

Der Staat muss Regeln setzen, aus dieser Pflicht kann man ihn auch nicht entlassen. Aber der Einzelne kann natürlich dazu beitragen, die Stickstoffemissionen zu senken – etwa durch weniger Fleischkonsum oder weniger Auto fahren. RALPH AHRENS

Ein Beitrag von:

  • Ralph H. Ahrens

    Chefredakteur des UmweltMagazins der VDI Fachmediengruppe. Der promovierte Chemiker arbeitete u.a. beim Freiburger Regionalradio. Er absolvierte eine Weiterbildung zum „Fachjournalisten für Umweltfragen“ und arbeitete bis 2019 freiberuflich für dieverse Printmedien, u.a. VDI nachrichten. Seine Themenschwerpunkte sind Chemikalien-, Industrie- und Klimapolitik auf deutscher, EU- und internationaler Ebene.

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