Trick des Gotteslachs 17.05.2015, 07:01 Uhr

Forscher staunen: Warmblütiger Fisch hat Heizkreislauf

Ein Dogma der Biologie wankt: Forscher haben einen Fisch entdeckt, dessen Körpertemperatur stabil um fünf Grad über der Wassertemperatur liegt. Möglich macht das ein temperaturregelnder Flüssigkeitskreislauf. 

Der Gotteslachs: Der Tiefseefisch kann bis zu 1,80 m lang werden und hat einen temperaturregelnden Flüssigkeitskreislauf erfunden – lange bevor der Mensch auf diese Idee kam.

Der Gotteslachs: Der Tiefseefisch kann bis zu 1,80 m lang werden und hat einen temperaturregelnden Flüssigkeitskreislauf erfunden – lange bevor der Mensch auf diese Idee kam.

Foto: NOAA Fisheries/ Southwest Fisheries Science Center

Säugetiere und Vögel sind Warmblüter, Reptilien, Amphibien und Fische sind Kaltblüter. So hat man das im Biologieunterricht gelernt. Stimmt nicht ganz, denn der Gotteslachs, der auch Mondfisch oder Opah genannt wird, ist ein waschechter Warmblüter.

Der unter Gourmets beliebte fettreiche Fisch mit dem seltsamen runden abgeflachten Körper ist in der Lage, selbst in der eisigen Tiefsee seine Körpertemperatur konstant um fünf Grad Celsius über Wassertemperatur zu halten. Der Fisch mit dem biologischen Namen Lampris guttatus hat einen ausgefuchsten Trick entwickelt, um sich warm zu halten: Er hat eine eingebaute Heizung.

Gotteslachs nutzt temperaturregelnden Flüssigkeitskreislauf

Aufgefallen ist diese biologische Anomalie den beiden Biologen Nicolas Wegner und Owyn Snodgrass im Rahmen von Forschungsarbeiten der US-amerikanischen Ozeanografiebehörde NOAA. Wegner entdeckte in den Kiemen des Rundfischs eine ungewöhnliche Gefäßanordnung, die ihn spontan an Heizschlangen erinnerte: Die Gefäße, die das in den Kiemen mit Sauerstoff angereicherte kalte Arterienblut in den Fischkörper transportieren, sind von Blutgefäßen umwickelt, die warmes Venenblut aus dem Körperinneren zuleiten.

Studienleiter Nick Wegner mit einem Gotteslachs: Das Heizsystem macht den Hochseefisch zu einem flinken Jäger.  

Studienleiter Nick Wegner mit einem Gotteslachs: Das Heizsystem macht den Hochseefisch zu einem flinken Jäger.  

Quelle: NOAA Fisheries/ Southwest Fisheries Science Center

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„So etwas hat man in den Kiemen eines Fisches noch nie gefunden“, berichtet Wegner, der diesen Befund jetzt im Fachjournal Science veröffentlicht hat. „Das ist eine coole Innovation, die diesen Fischen einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Das Konzept des temperaturregelnden Flüssigkeitskreislaufes wurde von Fischen erfunden, lange bevor wir darauf kamen.“

Der Gotteslachs setzt für seine körpereigene Heizung ständig seine Muskeln ein und arbeitet so gegen die eisige Umgebungstemperatur an. Er verfügt über einen überproportional ausgebauten Muskelgürtel, der offenbar pausenlos die rötlichen Brustflossen antreibt. Durch seine trickreiche Gefäßkonstruktion, die an einen umgekehrten Wasserkühlkreislauf eines Kraftwagens erinnert, hält der Fisch seine Körpertemperatur konstant um fünf Grad Celsius über der Umgebungstemperatur.

Heizung mach Opah zum flinken Jäger

Und das beschleunigt seinen Stoffwechsel, seine Beweglichkeit und auch seine Reaktionszeit. Tiefseefische sind in der Regel langsam und träge und sparen Energie, indem sie ihre Beute aus dem Hinterhalt angreifen. Befeuert durch seine innere Heizung, entpuppt sich der vermeintlich gemütliche, rotgoldene Opah eben nicht als lahmer Opa, sondern als flinker Jäger. „Vor unserer Entdeckung dachte ich, dass der Opah sich langsam bewegt wie die meisten Fische in kalten Umgebungen“, sagt Wegner. „Weil er seinen Körper aber erwärmen kann, ist er ein sehr aktiver Raubfisch, der wendige Beute wie Kalmare jagen und lange Entfernungen überwinden kann.“ 

Ein Beitrag von:

  • Detlef Stoller

    Detlef Stoller ist Diplom-Photoingenieur. Er ist Fachjournalist für Umweltfragen und schreibt für verschiedene Printmagazine, Online-Medien und TV-Formate.

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