360-Grad-Ansicht 13.04.2016, 10:11 Uhr

Arbeit mit Robotern: Radar hat auch bei schlechter Sicht alles im Blick

Schlechte Sicht in der Fabrik der Zukunft? Da könnte es zu Unfällen zwischen Industrierobotern und Mensch kommen. Fraunhofer-Forscher haben jetzt einen Radarscanner entwickelt, der optische Hindernisse durchdringt und auch bei Staub, Rauch, Nebel oder Regen klar sieht. Präsentiert wird die Entwicklung auf der Hannover Messe.

Die Hannover Messe präsentiert Robotik mit Bezug zu industriellen Anwendungen.

Die Hannover Messe präsentiert Robotik mit Bezug zu industriellen Anwendungen.

Foto: Hannover Messe

Industrie 4.0 wird auf der Hannover Messe das Megathema. Ganz entscheidend für die intelligente Fabrik der Zukunft ist die reibungslose Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Denn der Trend geht hin zu Industrierobotern, die autonom agieren und ohne Schutzabsperrung betrieben werden. Wie der Schubmaststapler, der sich frei im Raum bewegen kann und der ebenfalls in Hannover präsentiert wird.

Diese neue Freiheit birgt aber auch Risiken, denn Industrieroboter haben oft einen ziemlich großen Aktionsradius. Daher ist es entscheidend, dass in dieser Mensch-Roboter-Kollaboration die Sicherheit zu jedem Zeitpunkt gewährleistet ist.

Staub oder Nebel können die Sicht behindern

Dafür wird der Gefahrenbereich im Umfeld der Maschinen bislang mit Laserscannern überwacht. Betritt ein Mensch diese Risikozone stoppt die Maschine. Im harten Produktionsalltag stören wechselnde Lichtsituationen das optische Erkennungssystem. Auch können Rauch, Staub, Nebel oder Regen die Sicht behindern.

Durch Pappe oder Kunststoff schauen – das gelingt dem menschlichen Auge nicht. Was uns verborgen bleibt, macht ein Radar des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Festkörperphysik IAF sichtbar: Das System arbeitet mit Millimeterwellen bei 94 GHz und einer Bandbreite von 15 GHz. Dabei ist das Radarmodul nicht größer als eine Zigarettenschachtel.

Durch Pappe oder Kunststoff schauen – das gelingt dem menschlichen Auge nicht. Was uns verborgen bleibt, macht ein Radar des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Festkörperphysik IAF sichtbar: Das System arbeitet mit Millimeterwellen bei 94 GHz und einer Bandbreite von 15 GHz. Dabei ist das Radarmodul nicht größer als eine Zigarettenschachtel.

Quelle: Fraunhofer IAF

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Nun haben Forscher des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Festköperphysik (IAF) einen kompakten, modular aufgebauten 360-Grad-Radarscanner entwickelt, der Wellen im Millimeterbereich aussendet. Millimeterwellen durchleuchten alle dielektrischen und somit optisch nicht transparenten Stoffe wie Kleidung, Kunststoffplatten, Papier, aber auch Staub, Regen, Schnee und Nebel.

Entfernung, Position und Geschwindigkeit von Personen werden erkannt

„Unser Radar fokussiert nicht auf einen Punkt, sondern sendet die Millimeterwellen keulenförmig aus. Anders als beim Laserscanner werden die Signale selbst dann reflektiert, wenn optische Sichtbehinderungen bestehen“, erklärt Christian Zech, Wissenschaftler am IAF. Sende- und Empfangssignal werden mit Hilfe numerischer Algorithmen verabeitet und ausgewertet. Aus diesen Berechnungen lassen sich Entfernung, Position und sogar die Geschwindigkeit der Personen ermitteln.

Der komplette Radarscanner: Im unteren silbernen Bereich befindet sich das Radarmodul, oben ist der Spiegel befestigt.

Der komplette Radarscanner: Im unteren silbernen Bereich befindet sich das Radarmodul, oben ist der Spiegel befestigt.

Quelle: Fraunhofer IAF

Kommen mehrere Radarsensoren zum Einsatz, lässt sich die Lage der Personen im Raum und die Richtung bestimmen, in der sie sich bewegen. Ein im 45-Grad-Winkel angebrachter, sich drehender Spiegel lenkt die Millimeterwellen ab, leitet sie weiter und erfasst den kompletten Raum. Der Öffnungswinkel der dielektrischen Antenne ist frei einstellbar. Dadurch lassen sich kleine Objekte im Nahbereich, aber auch weit entfernte Flächen in mehreren hundert Metern Entfernung erfassen.

Zusammenarbeit mit anderen Fraunhofer-Instituten

Der Radarscanner des IAF ist dabei äußerst kompakt: Er hat einen Durchmesser von nur 20 cm und ist 70 cm hoch. Im Sockel des Sensors befindet sich das zigarettenschachtelkleine Hochfrequenzmodul mit Indiumgalliumarsenid-Halbleitertechnik. „Heutzutage werden Millimeteranwendungen von Hohlleitern dominiert, die in der Herstellung extrem teuer sind.

Das Hochfrequenzmodul ist auf einer 78x42x28 mm großen Platine integriert.

Das Hochfrequenzmodul ist auf einer 78x42x28 mm großen Platine integriert.

Quelle: Fraunhofer IAF

Durch eine kostengünstige Aufbau- und Verbindungstechnik und eigens entwickelten Leiterplatten konnten wir die Hohlleiter ersetzen und das Hochfrequenzmodul auf einer 78x42x28 Millimeter großen Platine integrieren“, sagt Zech. Dieses Hochfrequenzmodul des Radarsensors entstand in enger Zusammenarbeit mit den Fraunhofer-Instituten für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM und für Produktionstechnik und Automatisierung IPA.

Sensationelle Messgenauigkeit

Nach hunderten Messungen im Labor wissen die IAF-Experten: Die Messgenauigkeit ihres Radarsensors ist sensationell. Die maximale Abweichung vom Mittelwert liegt bei unter einem Mikrometer, die Standardabweichung bei 0,3 Mikrometer. Bestückt ist das Messwunder mit einer Ethernet-Schnittstelle, so dass der Radarsensor für die Industrie-4.0-Netzwerke bestens vorbereitet ist.

Neugierig geworden? Auf der Hannover Messe haben die IAF-Experten einen Demonstrator im Gepäck. Dieser ist vom 25. bis zum 29. April in Halle 2 am Stand C 16/ C22 und danach vom 10. bis 12. Mai in der Halle 5 am Stand 5248 auf der Sensor + Test in Nürnberg zu bestaunen.

 

Ein Beitrag von:

  • Detlef Stoller

    Detlef Stoller ist Diplom-Photoingenieur. Er ist Fachjournalist für Umweltfragen und schreibt für verschiedene Printmagazine, Online-Medien und TV-Formate.

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