Sicherheitsglas überwachen 15.12.2017, 09:21 Uhr

Smarte Alarmanlage reagiert schon bei Einbruchsversuch

Keine Chance mehr haben künftig Einbrecher, die sich an Sicherheitsglas zu schaffen machen. Das versprechen Fraunhofer-Forscher. Sie haben eine smarte Alarmanlage entwickelt, die schon auf den Versuch einer Manipulation am Fenster reagiert: Sie registriert sowohl Temperaturänderungen als auch Erschütterungen durch äußeres Einwirken am Glas in Echtzeit.

Der Nachteil herkömmlicher alarmgeschützter Sicherheitsgläser: Die Scheibe beziehungsweise ein Teil der Scheibe muss erst brechen, damit der Alarm auslöst wird.

Der Nachteil herkömmlicher alarmgeschützter Sicherheitsgläser: Die Scheibe beziehungsweise ein Teil der Scheibe muss erst brechen, damit der Alarm auslöst wird.

Foto: Fraunhofer INT

In herkömmlichem Sicherheitsglas, das vor Einbrüchen schützen soll, sind feinste Metallfäden verwoben, die beim Glasbruch den Alarm auslösen. Gegen das Aufbohren von Glas oder den Angriff mit einem Schneidbrenner sind diese Alarmsysteme allerdings hilflos. Nun haben zwei Fraunhofer-Institute eine Alarmanlage entwickelt, die Einbrechern keine Chance auf leichte Beute mehr lässt.

Viele Bürger, aber vor allem Geschäfte und Banken, sichern ihre Fenster vorsorglich mit einer Alarmanlage. Diese macht auch zuverlässig ordentlich Krach, wenn Einbrecher die Scheibe einschlagen. Der moderne Dieb ist jedoch längst nicht mehr als dummer Steinewerfer unterwegs, sondern bohrt sich klein aber fein zwischen den Metallfäden im Sicherheitsglas hindurch seinen Weg zur fetten Beute. Und da muss jede konventionelle Alarmanlage passen.

Optische Interferenzfilter

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen INT in Euskirchen und des Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme IPMS in Dresden haben jetzt dem modernen Einbrecher eine smarte Alarmanlage in den Weg gestellt, die schon auf kleinste mechanische oder thermische äußere Einwirkungen auf die Fensterscheibe reagiert. Ein leichter Schlag gegen das Sicherheitsglas oder der Einsatz eines Schneidbrenners reicht aus, um den Alarm auszulösen. Die Forscher nutzen physikalische Optik für ihren neuen Alarmsensor. Es sind in einen Lichtwellenleiter eingeschriebene optische Interferenzfilter, sogenannte Faser-Bragg-Gitter, die auf die Veränderung der mechanischen Eigenschaften der Glasscheibe durch die Manipulationen reagieren.

Alarmanlage kann individuell angepasst werden

„Übt jemand Druck auf die Glasscheibe aus oder wird sie erhitzt, ändert sich der Abstand der Gitterelemente zueinander und somit auch die übertragene Wellenlänge. Diese Änderungen können empfindliche optische Messgeräte erfassen. Sind die Veränderungen größer als ein vorher identifizierter Schwellenwert, werden Signale an die Alarmanlage übermittelt“, erläutert Udo Weinand, Diplom-Ingenieur am Fraunhofer INT die Funktionsweise der smarten Alarmanlage. „Wir können unsere Systeme sehr fein und gezielt einstellen, es kann sowohl auf leichte als auch auf starke Schläge reagieren. Das lässt sich je nach Anwendungsfall individuell anpassen“, ergänzt Dr. Peter Reinig, Wissenschaftler am Fraunhofer IPMS.

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Mit Hammer und Schusswaffe getestet

Es muss in den letzten Monaten hoch her gegangen sein in den beiden Fraunhofer-Instituten. Denn in aufwändigen Testreihen wurde die smarte Alarmanlage in diversen Angriffsszenarien auf unterschiedliche Arten von Sicherheitsglasscheiben getestet. Die Forscher traktierten die Scheiben mit Hammer und Baseballschlägern und sogar mit einer Axt. Sie bohrten Löcher in das Glas, setzten den Schneidbrenner an und zögerten auch nicht, die Scheiben mit einer Schusswaffe zu zerstören. Daraus konnten die zerstörungsfreudigen Forscher viele Erkenntnisse gewinnen. „Ein Fußball oder ein Vogel hinterlassen eine andere Signatur als ein Hammer oder ein Baseballschläger“, kommentiert Reinig den Erkenntnisgewinn aus den Testreihen. Eine Mustererkennung schließt nun Fehlalarme durch alltägliche Erschütterungen am Glas aus.

Auswerteelektronik im Fensterrahmen

Die Auswerteelektronik ruht jetzt in einem kleinen Demonstratorkästchen mit einer Größe von 14x9x7 Kubikzentimeter. Diese Einheit, die bei Bedarf auch noch verkleinert werden kann, soll künftig im Rahmen der Fensterscheibe eingebaut werden. Sie kann aber auch in großer Entfernung der Glasscheibe positioniert werden, weil sich das Licht in der Glasfaser durch das Faser-Bragg-Gitter über mehrere Kilometer transportieren lässt. Dadurch eignet sich die smarte Alarmanlage auch für den Einsatz im Hochsicherheitsbereich. „Die Messung mit optischen Glasfaser-Sensoren stellt eine gute Lösung für diese Anforderungen dar, da sie Licht anstelle von Strom und handelsübliche Glasfasern anstelle von Kupferdrähten einsetzt“, sagt Weinand vom Fraunhofer INT.

Resistent gegen elektromagnetische Störungen

Die optische Messtechnik bietet noch einen weiteren Vorteil, der es Einbrechern künftig richtig schwer macht. Elektronische Alarmanlagen lassen sich durch das Aussenden von Mikrowellen außer Kraft setzen. Die Gitterelemente im Faser-Bragg-Gitter hingegen sind resistent gegenüber elektromagnetischen Störungen.

Neben all seinen eigenen Testreihen mit Hammer und Pistole hat der Sensor mit dem Faser-Bragg-Gitter jetzt auch den VdS-Test bestanden. Dieser Test ist eine Prüfkontrolle der VdS Schadenverhütung GmbH mit Sitz in Köln. Diese unabhängige, notifizierte und akkreditierte Prüf- und Zertifizierungsstelle für Brand- und Einbruchdiebstahlschutz ist Herausgeber des in Deutschland bekannten VdS-Prüfsiegels. Die smarte Alarmanlage kann übrigens noch viel mehr, als Banken und Juweliergeschäfte vor Räubern schützen. Mit dem optischen Sensor können auch Brücken, Gebäude, Rohrleitungen sowie Windkraftanlagen überwacht werden.

Schottische Forscher haben ein Kamerasystem entwickelt, mit dem das Gerät quasi um die Ecke schauen kann. Die Kombination aus einem gepulsten Laser und einer Streulichtkamera haben wir Ihnen hier vorgestellt.

Ein Beitrag von:

  • Detlef Stoller

    Detlef Stoller ist Diplom-Photoingenieur. Er ist Fachjournalist für Umweltfragen und schreibt für verschiedene Printmagazine, Online-Medien und TV-Formate.

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