Wärmewende trifft auf Denkmalschutz 03.07.2023, 13:44 Uhr

Denkmalgeschützte Fabrik wird zum grünen Quartier mit intelligentem Wärmenetz

Wenn die Wärmewende auf Denkmalschutz trifft, funktioniert das nicht immer reibungslos. In Wendlingen bei Stuttgart soll das anders laufen. Dort soll eine 1861 eröffnete Baumwollspinnerei bis 2027 in ein lebendiges Mischquartier mit hocheffizientem Wärmeschutz verwandelt werden.

Neckarspinnerei

Über 160 Jahre alt, denkmalgeschützt und außergewöhnlich: Das neue Neckarspinnerei Quartier geht in Sachen klimaneutrale Wärmeversorgung als Vorbild voran.

Foto: g---kx mediaHOUSE

Die im Jahr 1861 eröffnete Baumwollspinnerei der OTTO Textil GmbH ist ein geschichtsträchtiges Gebäude. Bis 2020 wurden dort Spezialgarne hergestellt. Nun steht eine umfassende Sanierung des weitgehend denkmalgeschützten Gebäudebestands an. Ergänzend dazu werden moderne Neubauten errichtet, um das gesamte Areal bis 2027 in ein lebendiges Mischquartier zu verwandeln. Ein zentrales Anliegen dabei ist die Implementierung eines hocheffizienten Energiekonzepts. Die HOS-Gruppe, als Projektentwickler, erhält dabei Unterstützung von Drees & Sommer SE, einem Beratungsunternehmen mit Hauptsitz in Stuttgart. Gemeinsam arbeiten sie daran, ein intelligentes Wärmenetz für das gesamte Gelände mithilfe einer internetbasierten technischen Plattform umzusetzen. Im Konsortium ist auch die RWTH Aachen im Rahmen des Forschungsprojekts N5GEH BOOSTER beteiligt.

Künftiges Stadtquartier soll CO2-neutral werden

Immer mehr Menschen streben danach, grüne Wärme zu nutzen – sei es für die Beheizung von Wohnungen, warmes Duschen oder die Herstellung von Industrieprodukten. Leider beziehen immer noch 80 Prozent der deutschen Haushalte ihre Wärme aus fossilen Brennstoffen, und die Energiewende steckt in einer ernsthaften Krise. Beim Umbau der alten Baumwollspinnerei soll ganz auf fossile Brennstoffe verzichtet werden. Um das zukünftige Stadtquartier CO2-neutral zu betreiben, setzt der Bauherr ein hochmodernes Wärmenetz der vierten Generation ein.

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„Die Neckarspinnerei ist eines der ersten Projekte dieser Art in Deutschland. Das Quartier produziert und nutzt nach der Fertigstellung ausschließlich erneuerbare Wärme, Kälte und Strom. Damit wird die Neckarspinnerei trotz ihrer besonderen historischen Bauwerke künftig nicht nur vollständig klimaneutral sein, sondern zusätzlich CO2-Emissionen in Höhe von bis zu 300 Tonnen pro Jahr überkompensieren. Das macht unser Projekt zu einem Vorzeigebeispiel für die grüne Wärmewende im Gebäudebestand“, erklärt Andreas Decker, Geschäftsführer der HOS Gruppe.

Laufwasserkraftwerk ist Bestandteil des Konzepts

Das hocheffiziente Energie- und Wärmekonzept des Neckarspinnerei Quartiers setzt auf einen intelligenten Versorgungsmix. Ein spannendes Element dieses Konzepts ist ein Laufwasserkraftwerk, das seit der Eröffnung der Fabrik das Gelände am Neckar mit Energie versorgt. Zusätzlich liefern Photovoltaikanlagen auf den Dächern bald klimafreundlichen Strom. Gemeinsam produzieren sie jährlich etwa 4,5 Gigawattstunden Grünstrom.

Etwa zwei Drittel dieser Energie, davon 62 Prozent aus Wasserkraftwerken und 38 Prozent aus Photovoltaikanlagen, werden durch ein Stromspeichersystem vom Quartier selbst genutzt, während der Rest ins Netz eingespeist wird. Für ihre regenerative Wärme verwendet die Neckarspinnerei zukünftig Wärmepumpen, die das Oberflächenwasser des Neckars und einen großen Eisspeicher nutzen. Zudem wird das Quartier mit Abwasserwärme beheizt.

Internet der Dinge optimiert die Energiesysteme

Für den Ausbau von grünen und intelligenten Wärmenetzen ist neben einer gut durchdachten Energieinfrastruktur auch die digitale Vernetzung von entscheidender Bedeutung. Im Neckarspinnerei Quartier werden daher Internet of Things-Dienste (IoT) genutzt, um Energiesysteme zu optimieren und Lösungen zur CO2-Reduktion zu erproben. Das Unternehmen Drees & Sommer bringt sein Fachwissen in Energieberatung und IT in das Projekt ein. Gemeinsam mit den Forschern der RWTH Aachen entwickelt das Expertenteam im Rahmen des Forschungsprojektes Booster eine spezielle IoT-Plattform für das alte Fabrikgebäude.

„Bisherige IoT-Anwendungen konzentrieren sich nur auf spezielle Schnittstellen, Datenformate oder Dienste wie zum Beispiel den optimalen Betrieb von Heizungsanlagen. Die Wechselwirkungen mit anderen Gebäudeanlagen werden oft vernachlässigt. Das Ergebnis: eine zwar effiziente Heizung, aber ungenutzte Potenziale in der Lüftungs- oder Klimaanlage. Die neue Plattform sorgt hingegen dafür, dass jede einzelne Anlage der Neckarspinnerei – von Heizung über Wasserversorgung bis hin zur Lüftung – durchgängig digital vernetzt, aufeinander abgestimmt und über den gesamten Betrieb hinweg fortlaufend optimiert wird“, erklärt Dr. Thomas Schild, Experte für Energie- und Nachhaltigkeitskonzepte bei der Drees & Sommer SE.

Die gewonnenen Erkenntnisse und Lösungen, die durch diese Tests entwickelt werden, dienen als Leitfaden für die IoT-basierte Betriebsoptimierung zukünftiger Quartiere und Gebäudeensembles. Das innovative Wärmenetzprojekt in der Neckarspinnerei wird auch durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) unterstützt, das Bundesfördermittel für energieeffiziente Gebäude bereitstellt.

Für klimaneutralen Betrieb müssen alle Bestandsgebäude saniert werden

Ein entscheidender Schritt im Wärmenetzkonzept ist die Sanierung der Bestandsgebäude. Das Expertenteam von Drees & Sommer hat alle 13 historischen Gebäude, darunter den Spinnerei-Hochbau, verschiedene Werkstätten und die ehemalige Unternehmervilla, eingehend untersucht. Das Ergebnis zeigt, dass für einen klimaneutralen Betrieb alle Bestandsgebäude so saniert werden müssen, dass sie von Wärmepumpen versorgt werden können. Dafür sind Maßnahmen wie eine denkmalverträgliche Dämmung, Flächen-Heiz-Kühlsysteme und ein Lüftungskonzept mit natürlicher Belüftung von größter Bedeutung.

Erst durch diese Maßnahmen an den bestehenden Gebäuden sowie dem geplanten Plus-Energie-Standard für Neubauten können die Voraussetzungen für eine vollständige Versorgung aus regenerativen Energiequellen geschaffen werden. Ein weiterer wichtiger, wenn auch unsichtbarer Faktor ist eine vorausschauende Betriebsstrategie. Sie ermöglicht eine koordinierte Nutzung der Speicherkapazitäten, um einen klimapositiven Betrieb über das gesamte Jahr hinweg sicherzustellen.

Klimafreundlich Arbeiten und Wohnen auf 50.000 Quadratmetern

Das fertige Areal der Neckarspinnerei wird insgesamt eine Geschossfläche von rund 50.000 Quadratmetern umfassen, die sich auf Wohn-, Arbeits-, Handels- und Kulturbereiche verteilt. Ein umfassendes Mobilitätskonzept ist ebenfalls geplant, das eine gute Anbindung des Quartiers an den öffentlichen Nahverkehr sowie ein gut ausgebautes Rad- und Fußgängernetz vorsieht. Das Ergebnis wird bis 2027 ein nachhaltiges und attraktives Quartier sein, das Familien, junge Unternehmerinnen und Unternehmer sowie kreative Köpfe anspricht.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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