Bioprinting und 3D-Druck 18.06.2023, 13:03 Uhr

Alles Bioprinting? Was medizinischer 3D-Druck leisten kann

Der medizinische 3D-Druck kann Ärztinnen und Ärzte auf verschiedene Arten unterstützen. Maßgeschneiderte Prothesen und Implantate sind nur die eine Möglichkeit – eine andere sind Übungsmodelle.

3D-Druck Medizin

In der Medizin entstehen derzeit unzählige 3D-Druckanwendungen, welche die Zukunft verändern könnten.

Foto: Panthermedia.net/Ladanifer

Die neue Hüfte aus dem Drucker? Maßgeschneiderte Zahnimplantate? Und gar die Spenderlunge ohne Wartezeit? Einiges davon gibt es bereits, anderes soll in nicht allzu ferner Zukunft möglich werden – dank medizinischem 3D-Druck. „Personalisierte Präzisionsmedizin“ nennen Expertinnen und Experten diese Technik. Sie erlaubt nicht nur neue Behandlungsformen, sondern schafft auch Geräte, die auf die individuellen Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten abgestimmt sind.

Die Fortschritte im medizinischen 3D-Druck leisten schon jetzt in vielen Bereichen des Gesundheitswesens wichtige Beiträge. Ärztinnen und Ärzte profitieren beispielsweise von der Möglichkeit, Modelle für die Operationsplanung zu drucken, die ein besseres Verständnis für komplexe Eingriffe schaffen. An weiteren Anwendungen – tatsächlich bis hin zum transplantierbaren  Organ aus dem Drucker – arbeiten Forscherinnen und Forscher weltweit intensiv.

Was ist der Unterschied zwischen medizinischem 3D-Druck und Bioprinting?

Kurz gesagt: Jedes Bioprinting ist medizinischer 3D-Druck, aber nicht jeder 3D-Druck ist auch ein Bioprinting. Das Bioprinting ist eine Unterform dieser speziellen Technologie. Beim medizinischen 3D-Druck finden unterschiedlichste Materialien Anwendung. Harz, Kunststoff, Metall oder sogenannte Biotinte. Nur Letztere kommt beim Bioprinting zum Einsatz. Dabei handelt es sich um biologisches Material, zum Beispiel menschliche Zellen, aus denen im Labor funktionierendes Gewebe entstehen soll. Dies geschieht in einem sogenannten Bioprinter. Schicht für Schicht druckt er aus der Biotinte ein Modell. Das können Gefäße sein, aber auch Muskeln oder Organe.

Das Grundverfahren wurde bereits im Jahr 1988 an der Universität von Texas entwickelt. Aber erst 2002 entstand das erste Organ mittels Bioprinting, eine kleine Niere. Es handelte sich um ein nicht funktionsfähiges Modell. Gleiches gilt für die Entwicklungen der Folgejahre: Kleine Herzen aus menschlichem Gewebe, eine Miniatur-Leber oder eine menschliche Hornhaut für das Auge. Bis heute ist es Forscherinnen und Forschern noch nicht gelungen, im Körper funktionierende Organe zu drucken, die die Transplantationsmedizin wesentlich vereinfachen würden. Zu den größten Herausforderungen gehören die hohen Entwicklungskosten sowie nach wie vor fehlendes Wissen. Es entstehen jedoch in immer größerer Geschwindigkeit neue Techniken, die die Erfolgsaussichten deutlich erhöhen.

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Was sind die Ziele von Bioprinting?

Nach aktuellem Wissensstand ist es technisch machbar, funktionsfähige Organe per Bioprinting zu erschaffen. Es ist jedoch noch nicht möglich, die Wirksamkeit und Sicherheit solcher Organe in Studien zu testen. Ärztinnen und Ärzte können deshalb nicht beurteilen, ob die Betroffenen das neue Gewebe oder künstliche Organe vertragen. Sollte dies eines Tages infrage kommen, kann das Bioprinting die Transplantationsmedizin revolutionieren.

So könnten beispielsweise zunächst einfache Modelle aus menschlichem Nierengewebe nierenkranke Menschen von der Dialysebehandlung befreien oder die Zeitspanne bis zur Transplantation eines Spenderorgans verlängern. In noch etwas weiterer Zukunft soll aus solchem Gewebe dann ein funktionsfähiges Ersatzorgan entstehen. Gleiches gilt zum Beispiel für künstliche Organe aus menschlichen Herzzellen.

Bis es soweit ist, haben die Miniaturmodelle aber schon jetzt eine wichtige Funktion: Sie erlauben es, zu verstehen, wie beispielsweise das Herz im menschlichen Körper funktioniert oder wie das Herzgewebe durch Krankheiten angegriffen wird. Auch die Wirksamkeit oder Nebenwirkungen neuer Arzneimittel können an solchen Organmodellen getestet werden.

Bioprinting

Beim Bioprinting wird aus menschlichen Zellen aus Biotinte Schicht für Schicht das Organ gedruckt.

Foto: Panthermedia.net/imagepointfr

Wofür setzen Mediziner den medizinischen 3D-Druck ein?

Jenseits vom Bioprinting  gibt es für den medizinischen 3D-Druck viele weitere Anwendungen. Besonders in der Orthopädie und der Zahnmedizin bieten gedruckte Implantate viele Vorteile. Derzeit werden die meisten Implantate, die Gelenke im Knie, in der Hüfte oder in der Schulter ersetzen, aus Titan hergestellt. Dabei handelt es sich in der Regel um vorgefertigte Modelle. Diese können zwar dank Scans aus dem Kernspin genauer angepasst werden, Implantate aus dem 3D-Drucker sind noch passgenauer. Inzwischen wurden solche Produkte bei einigen Patientinnen oder Patienten eingesetzt. Dazu gehörten unter anderem

  • ein Schlüsselbeinimplantat aus einem Polymer
  • ein speziell zugeschnittenes Wirbelsäulenimplantat aus Titan
  • ein Brustbeinimplantat, ebenfalls aus Titan
  • ein Mittelohrimplantat aus Kunststoff
  • eine Teil-Brustkorbprothese aus Titan
  • ein Kieferknochen aus Titanpulver mit biokeramischer Beschichtung

Die gedruckten Implantate kamen überwiegend bei Krebspatienten oder -patientinnen zum Einsatz, denen die entsprechenden Körperteile oder Knochen bei der Tumoroperation entfernt werden mussten. Beim medizinischen 3D-Druck in der Orthopädie oder der Zahnmedizin kommt anders als beim Bioprinting kein menschliches Gewebe zum Einsatz. Implantate und Prothesen bestehen aus hochwertigen Kunststoffen, Titanpulver und keramischen Beschichtungen. Für künstliche Gelenke wird aber auch an Materialien gearbeitet, die in ihren Eigenschaften dem menschlichen Knorpel entsprechen und neben der Festigkeit auch Elastizität und Stoßdämpfung ermöglichen. Diese bestehen aus Hydrogelen und Ton. Solche Implantate wurden bereits bei Tieren eingesetzt.

3D-Druck in der Zahnmedizin

In der Zahnmedizin ermöglicht es der medizinische 3D-Druck nicht nur, Prothesen und Implantate materialsparend herzustellen, sondern sie bieten auch eine deutlich feinere Struktur als beim klassischen Gussverfahren. Im Idealfall ist die Arztpraxis bereits mit einem Intraoralscanner, der digitale Zahnabdrücke erstellt, ausgestattet.

So erhält das Labor auf kürzestem Weg die Abbildung der Zähne. Der normale Prozess mit Abformmasse und Löffel entfällt. Fehlerquellen wie Unregelmäßigkeiten in der Masse oder Schäden beim Transport werden dadurch ebenfalls ausgemerzt. Ob Zahnspange, Prothese oder Krone – all das ist inzwischen auch in der gedruckten Variante möglich.

Zahnprothesen 3D-Druck

Zahnimplantate sind noch eine der einfachsten Übungen beim medizinischen 3D-Druck.

Foto: Panthermedia.net/doomu

3D-Druck für die Prothesen-Herstellung

Ähnlich weit wie die Zahnmedizun sind die Hersteller bei der Produktion von Prothesen für Arme und Beine. Einfache Prothesen gibt es nur in wenigen Größen. Maßgeschneiderte Prothesen, die Bewegung und Funktion echter Extremitäten nachbilden, sind extrem teuer. Im Alltag der Betroffenen sieht es jedoch so aus, dass eine einzige Prothese selten ausreicht, um verschiedene Aktivitäten auszuführen.

Aus eigenen Mitteln eine zweite oder dritte Prothese bezahlen – das können die wenigsten. Der medizinische 3D-Druck eröffnet diesen Menschen neue Möglichkeiten. Es gibt bereits Unterarmprothesen aus dem 3D-Drucker, die über verschiedene Handaufsätze für unterschiedliche Funktionen verfügen. Eine klassische Prothese kostet bis zu 35.000 Euro, das Pendent aus dem 3D-Drucker um die 800 Euro, derzeit jedoch noch mit Einbußen bei Optik und Qualität.

Noch weiter ist der medizinische 3D-Druck bei der Versorgung von schwerhörigen Patientinnen und Patienten: Otoplastiken, also die Verbindung zwischen Ohr und Hörhilfe, werden inzwischen zu 90 Prozent mittels 3D-Druck erstellt. Maßgefertigt für die Ohrmuschel der Betroffenen.

 Wie sieht die Zukunft mit medizinischem 3D-Druck und Bioprinting aus?

Aktuell sind noch ein Großteil der 3D-gedruckten Prothesen, Implantate und Organe, Einzelstücke und Prototypen. Forscherinnen und Forscher wissen jedoch, wo sie hin wollen: Künftig sollen beispielsweise biologisch gedruckte Bauchspeicheldrüsen bei der Behandlung von Diabetes helfen. Gedruckte Ohrmuscheln und Nasen sollen Krebspatientinnen und -patienten oder Brandopfern ersparen, mit Narben oder Verstümmelungen zurechtkommen zu müssen. Und funktionsfähige Eierstöcke aus dem 3D-Drucker könnten unfruchtbaren Frauen den Kinderwunsch ermöglichen. Ganz zu schweigen von individuell gefertigten Knochenfragmenten, die die Versorgung von Brüchen und deren Heilung beschleunigen.

Das alles ist noch Zukunftsmusik. Vor dem Hintergrund aber, dass bereits Knochen, Hornhaut, Knorpel, Haut und Organe aus Biotinte und anderen Materialien hergestellt werden können, ist davon auszugehen, dass sich insbesondere im kommenden Jahrzehnt im Bereich des medizinischen 3D-Drucks und des Bioprintings sehr viel tun wird.

 

 

Ein Beitrag von:

  • Julia Klinkusch

    Julia Klinkusch ist seit 2008 selbstständige Journalistin und hat sich auf Wissenschafts- und Gesundheitsthemen spezialisiert. Seit 2010 gehört sie zum Team von Content Qualitäten. Ihre Themen: Klima, KI, Technik, Umwelt, Medizin/Medizintechnik.

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