Medizin der Zukunft 22.05.2023, 13:50 Uhr

Bizarr geformte Pillen aus dem 3D-Drucker setzen Wirkstoffe ganz gezielt frei

Runde oder ovale Pillen waren gestern, wenn es nach der Forschung geht. Ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern arbeitet an einem Verfahren, mit dem die Form von Pillen mit komplexen mathematischen Verfahren so berechnet wird, dass die in den Arzneimitteln enthaltenen Wirkstoffe ganz gezielt zu einer vorgegebenen freigesetzt werden. Die im 3D-Druck hergestellten Pillen sind mitunter sehr bizarr geformt.

Pillen aus dem 3D-Drucker

An solche Pillenformen muss man sich sicherlich erst gewöhnen.

Foto: MPI-Informatik

Bislang kannte man eher runde oder ovale Pillen, das kann in Zukunft anders aussehen. Ein Forschungsteam des Max-Planck-Instituts (MPI) für Informatik in Saarbrücken hat in Zusammenarbeit mit der University of California (UC) in Davis ein Verfahren entwickelt, bei dem allein die Form des Objekts bestimmt, wann die Wirkstoffe in den Pillen freigesetzt wird. Die Forschenden nutzen dafür fortschrittliche Berechnungsmethoden und 3D-Druck. Das Ergebnis sind mitunter ziemlich verrückt aussehende Pillen.

Präzise Steuerung des Arzneimittelspiegels im Körper erwünscht

Der effektive Einsatz von Medikamenten erfordert eine genaue Steuerung des Arzneimittelspiegels im Körper des Patienten. Bei intravenösen Infusionen wird die Konzentration im Blut durch die Tropfgeschwindigkeit und den Wirkstoffanteil in der Infusionslösung bestimmt. Eine Möglichkeit, einen konstanten Wirkstoffspiegel aufrechtzuerhalten, besteht darin, zuerst eine hohe Dosis zu verabreichen und sie dann mit kleineren Dosen aufrechtzuerhalten. Dieses Vorgehen gestaltet sich bei der oralen Einnahme jedoch schwieriger. Bei herkömmlich geformten Pillen lässt sich die Wirkstofffreisetzung nur bedingt steuern.

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Eine vielversprechende Lösung besteht darin, Multikomponenten- und Multimaterialstrukturen einzusetzen, die unterschiedliche Wirkstoffkonzentrationen an verschiedenen Stellen enthalten. Die Herstellung solcher Strukturen ist jedoch herausfordernd. Hier kommt der 3D-Druck ins Spiel, der erhebliche Fortschritte gemacht hat und komplexe Formen herstellen kann. Mithilfe des 3D-Drucks können Arzneimittel mit Freiform hergestellt werden, wobei der Wirkstoff gleichmäßig im Trägermaterial verteilt wird. Die Freisetzung des Wirkstoffs aus solchen Arzneimitteln hängt ausschließlich von der geometrischen Form ab, was eine einfachere Gewährleistung und Kontrolle ermöglicht.

Pillen aus dem 3D-Drucker

Zwei weitere mögliche Pillenformen, bei denen die Wirkstoffe gezielt zu einer vorgegebenen Zeit freigesetzt werden.

Foto: MPI-Informatik

Geschickte Kombination von Mathematik und 3D-Druck

3D-Druck ermöglicht eine Vielzahl an Formen und Materialien. Das allein reicht jedoch noch nicht aus, Pillen zu drucken, die ihre Wirkstoffe genau zur gewünschten Zeit freisetzen. Hierfür sind komplexe mathematische Modellierungen und zahlreiche Experimente notwendig. Genau da setzt das Projekt an, das von Dr. Vahid Babaei (MPI für Informatik) und Prof. Julian Panetta (UC Davis) geleitet wird. Ziel ist es, 3D-Objekte herzustellen, die sich in einer gewünschten Funktion der Zeit auflösen und so ihren Inhalt kontrolliert freisetzen.

Wie bereits geschrieben, ist nach der Einnahme eine Pille keine äußere Beeinflussung mehr möglich. Es ist daher notwendig, die Pillen so zu formen, dass sie sich so auflösen, dass die verwendeten Wirkstoffe genau nach der definierten Zeit freigesetzt werden. Bei einer Kugel ist die Berechnung recht einfach, denn sie löst sich proportional zur Kugeloberfläche auf. In der Praxis ist das aber nicht immer optimal. Hier ist es wesentlich interessanter, zunächst eine gewünschte Freisetzung der Wirkstoffe zu definieren und dann eine Form zu finden, die sich gemäß des definierten Freisetzungsprofils auflöst.

Das Forschungsteam verwendet für die komplexe Berechnung der Form die sogenannte Topologieoptimierung (TO): Hierbei werden Vorwärtssimulationen umgekehrt, um eine Form zu finden, die eine bestimmte Eigenschaft aufweist. Die TO wurde ursprünglich für mechanische Bauteile entwickelt, kommt aber inzwischen in zahlreichen anderen Anwendungen zum Einsatz. Erstmals nun auch bei der Entwicklung von Pillendesigns. Mit Hilfe von Experimenten konnte das Team nachweisen, dass die gemessenen Freisetzungskurven sehr nahe an den gewünschten Werten liegen.

So funktioniert das 3D-Drucken der Pillen

Im Rahmen des Versuchsaufbaus werden die Objekte mithilfe eines Filament-3D-Druckers hergestellt. Anschließend erfolgt die Auswertung der Objektauflösung mittels eines Kamerasystems. Dabei handelt es sich um eine tatsächliche Messung und nicht nur um eine Berechnung anhand eines mathematischen Modells. Um dies zu erreichen, wird die optische Durchlässigkeit des Lösungsmittels optisch erfasst.

Im Vergleich zu herkömmlichen Messverfahren, bei denen die Wirkstoffkonzentration direkt bestimmt wird (z. B. durch Titration), ist diese Methode wesentlich schneller und einfacher einzurichten. Es sei anzumerken, dass optische Methoden zur Messung der Wirkstoffdichte bereits seit einiger Zeit eingesetzt werden. Beispielsweise wird beim Einmaischen von Trauben für die Weinherstellung der Zuckergehalt (Öchsle) des Traubensafts refraktometrisch bestimmt.

Weitere Anwendungen denkbar

Mit Hilfe des inversen Designs lassen sich nicht nur Pillen optimal formen, die Methode ermöglicht es zudem, die unterschiedlichen Herstellungsbeschränkungen der verschiedenen Fertigungssysteme zu berücksichtigen. Sie kann so angepasst werden, dass sie extrudierbare Formen erzeugt und somit einer Massenproduktion nicht im Wege steht. Neben der diskutierten Anwendung in der Pharmazie eröffnet diese Methode auch Möglichkeiten für die Herstellung von Katalysatorkörpern oder sogar grobkörnigen Düngemitteln.

Eine Pille zu halbieren, weil lediglich die halbe Wirkstoffmenge notwendig ist, funktioniert bei dieser Methode der Pillenherstellung allerdings nicht. Es ist für jede Dosierung eine eigene Pille notwendig, damit die Wirkung genau zu der Zeit einsetzt, wenn sie gewünscht ist.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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