Heiko Mell 21.09.2024, 07:37 Uhr

Wenn „ausgesuchte“ Formulierungen ein „spezielles“ Mitarbeiter-Verhalten offenlegen

Heiko Mell weist darauf hin, dass ein gutes Zeugnis noch optimiert werden kann, um wirklich herausragend zu sein. Der Unterschied zwischen „gut“ und „sehr gut“ liegt oft in den Details und der präzisen Formulierung.

Karriereberatung

Der feine Unterschied: Ein gutes Zeugnis kann durch gezielte Optimierungen zum Türöffner für die Karriere werden.

Foto: PantherMedia / shisuka

Frage:

Ihre Karriereberatung lese ich seit meinem Studium, das sind jetzt ca. 30 Jahre. Ich habe, wie manche ­anderen Leser auch, keine einzige Sprosse der Karriereleiter erklommen. Anfangs lag das wohl an fehlender Erfahrung oder Eignung, ­später fehlte es mir an Motivation.

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Stattdessen konzentrierte ich mich darauf, hervorragende Sacharbeit zu leisten (nach dem von Ihnen kolportierten Motto: Ich bin dann ein guter Mitarbeiter, wenn mein Chef mich für gut hält). Damit habe ich mir einen Ruf erarbeitet und – wenn man so will – ein Standing, das es mir ermöglicht, hin und wieder Kritik zu formulieren, meist sachlich, bisweilen auch polemisch.

Das Gehalt reicht zum Leben, ich halte meine Work-Life-Balance für ausgewogen.

Ich lege ein älteres Zwischenzeugnis bei, das eine besonders „ausgesuchte“ Formulierung enthält. Nach einem Gutachten von Ihnen vor einigen Jahren habe ich erfolgreich daran gearbeitet, neue Zeugnisse ohne derartige Auffälligkeiten zu erhalten. Diese neueren Dokumente zeigen, dass mein Verhalten meinen Vorgesetzten seither nicht mehr ganz so viel Anlass zur Kritik gibt.

Vielen Dank für über 35 Jahre (inzwischen sind es 40; H. Mell) unermüdlicher und stets unterhaltsamer, bisweilen humorvoller (wobei der Humor schwindende Tendenz aufweist – früher war mehr Humor) Karriereberatung.

Heiko Mell

Karriereberater Heiko Mell.

Ertrag und Wachstum

Antwort:

Das mit dem schwindenden Humor trifft mich jetzt aber. Andererseits: Früher war auch mehr Lametta (Loriot), vielleicht ist das auch ein wenig Zeitgeist, der hier hineinspielt.

Ich muss zunächst auf Ihre spezielle „Berufsphilosophie“ eingehen. Sie haben, so klingt es aus Ihrer Darstellung an, inzwischen Ihre Lektion gelernt. Aber es gibt zahlreiche potenzielle Nachahmer, denen ich vielleicht noch rechtzeitig helfen kann, bevor ihr Chef in einem Zeugnis kundtut, was er davon hält und bevor also kritische Fakten geschaffen sind, die jene Mitarbeiter vielleicht ein (Berufs-) Leben lang begleiten:

Unsere in einem marktwirtschaftlichen System operierenden Unternehmen sind vorrangig auf zwei Ziele ausgerichtet: Ertrag und Wachstum. Man versteht sicher leicht, dass die dort beschäftigten Angestellten besonders gut dazu passen, wenn sie ähnlich denken wie ihr Arbeitgeber.

Mit dem „Ertrag“ haben die Mitarbeiter in eigener Sache dabei keine größeren Probleme: Gehaltssteigerungen werden von ihnen ebenso gern genommen und oft energisch verfolgt wie entsprechende Entwicklungen im Bereich der Rendite durch die Gesellschafter. Dass, offenbar aufgrund eines „Konstruktionsfehlers“ im System, die ach so beliebten diesbezüglichen Wünsche der beiden Parteien einander entgegenstehen, ist fast ein wenig tragisch: Eine besonders hohe Rendite erzielt ein Unternehmen, das Lohnkosten spart (am besten gleich über verminderte Kopfzahlen). Und eine Firma, die besonders großzügige Gehälter ausweist, muss oft um ihre wirtschaftliche Existenz fürchten. Aber das ist heute nicht unser Thema.

Beim „Wachstum“ sieht das anders aus, hier ist Gleichklang des Denkens und Handelns nicht nur angesagt, sondern sogar systemimmanent: Wer als Angestellter täglich dafür kämpft, dass „sein“ Unternehmen stetig wächst, der sollte im Regelfall ein Mensch sein, der auch selbst an „Wachstum“, an Weiterentwicklung interessiert ist. Dann harmoniert man besonders gut miteinander.

Ein Unternehmen, das vor fünfzehn Jahren X Mio. Umsatz gemacht und heute noch immer in dieser Größenordnung operiert, hat ein Problem. Und ein in wichtiger Funktion tätiger Mitarbeiter, der vor fünfzehn Jahren auf der untersten Hierarchie- bzw. Verantwortungsebene angesiedelt war und dort noch immer steht, muss aufpassen, dass er kein Problem bekommt.

Wer besonders gut ist, wird irgendwann einmal befördert

Es gilt zunächst der pauschale Grundsatz: Wer besonders gut ist, wird irgendwann einmal befördert. Also droht der Umkehrschluss: Wer über einen so langen Zeitraum nicht befördert wurde, kann eigentlich nicht …Dann kommt die allgemeine persönliche Entwicklung des Mitarbeiters hinzu. Wer jung ist und ehrgeizig, wer weiterkommen will, braucht dazu das Wohlwollen seiner Vorgesetzten – er ist daher leicht zu führen! Wer jedoch nichts „werden“ will und immer im gleichen Rahmen verharrt, ist oft ein Problem für seine Führungskraft: Er weiß alles, kann alles (besser), hat sich eine feste Routine angewöhnt, wird im Laufe der Zeit immer älter als seine – wechselnden – Chefs und gilt eines Tages als schwer führbar.

Nun ist ein solcher nicht-aufstiegsorientierter beruflicher Lebensentwurf erlaubt. Aber er verlangt – wie alle Abweichungen vom idealen Standard – besonderes Engagement von den Betroffenen. Ganz brutal gesagt: Ein 55-jähriger Sachbearbeiter, der dazu neigt, „meist sachlich, bisweilen auch polemisch“ Kritik zu üben und der einen neuen „rüstigen Anfangsdreißiger“ als Chef bekommt, muss schon sehr bemüht vorgehen, um zu verhindern, dass der Vorgesetzte ihn etwa auf die Liste der Entbehrlichen setzt.

Wobei das alles eine interne Betrachtung war. Ist ein älterer Sachbearbeiter jedoch bemüht oder gezwungen, sich extern zu bewerben, kann er auf massive Vorurteile der oben dargelegten Art stoßen. Der junge Chef dort will vielleicht keinen älteren Mitarbeiter. Und hieß es nicht, wer gut ist, wäre längst einmal befördert worden?

Dies ist eine Karriereberatung. Sie erwarten ja auch „Fahrräder“ in einem Laden, über dem „Fahrräder“ geschrieben steht. Also wundern Sie sich nicht über meinen Standpunkt.

Nun aber zum fraglichen Zeugnis, das entstanden ist, bevor Sie, geehrter Einsender, die Notwenigkeit erkannten, etwas tun zu müssen, wenn Sie „überleben“ wollten: Es geht um die Tochtergesellschaft eines sehr großen Konzerns, die Aussagen haben also Gewicht. Bescheinigt wird eine Anstellung als „Mitarbeiter“ mit einigen zwischenzeitlichen sachlichen Änderungen im Aufgabenbereich, aber es wird kein Aufstieg dokumentiert.

Wichtige Eigenschaften wie Eigeninitiative, Fleiß und Eifer werden zwar lobend erwähnt, aber nicht mit herausgehobenen oder gar Superlativ-Adjektiven versehen (werden also nicht „besonders“ oder „sehr“ genannt). Folgerichtig steht schon im nächsten Satz, „… der … alle Aufgaben stets gut bewältigt“. „Gut“ ist nicht „sehr gut“ – und die schlechteste der noch akzeptablen Formulierungen. Das Wort „stets“ kann jedoch als Pluszeichen gewertet werden.

Zeugnis: Gut, aber nicht sehr gut

Dann kommt Ihre Stärke, der fachliche Aspekt: „… beherrscht sein Aufgabengebiet umfassend“, besondere Kenntnisse werden hervorgehoben. Die Qualität der Arbeit „erfüllt die Anforderungen in vollem Umfang“ – auch das ist gut, aber nicht sehr gut. Dann kommt der „Hammer Nr. 1“: „… zu unserer höchsten Zufriedenheit“. Das klingt fast nach „sehr gut“ („stets“ fehlt) und ist erkennbar geschönt. Wer alle Aufgaben (nur) „stets gut bewältigt“, kann keine Gesamtnote „sehr gut“ verdienen. Das ist ein von Arbeitgebern gern genommener Trick: In den Noten zu einzelnen Kriterien sagt man, wie es ist – und vergibt dann eine viel zu gute Gesamtnote –, damit der Mitarbeiter zufrieden ist und „Ruhe gibt“. Aber der Bewerbungsempfänger riecht natürlich den Braten.

Hier riecht er besonders intensiv, denn nun kommt „Hammer Nr. 2“: „Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten und … war zumeist einwandfrei.“ Das ist die klare Reaktion des von „zumeist sachlicher, bisweilen auch polemischer“ Kritik genervten Chefs. Daran hätte ein Bewerbungsempfänger sehr massiven Anstoß genommen! Wer „zumeist die Gesetze befolgt“, hat mittwochs abends noch Freiräume für kleinere Diebstähle, beispielsweise. Nun, Sie haben offensichtlich Ihre Lektion gelernt und sind besser auf Ihre Vorgesetzten eingegangen. Ich beglückwünsche Sie dazu.

Für viele Leser ist nun noch die Antwort auf die Frage interessant: Was kann ich tun, wenn mir mein Arbeitgeber ein Zeugnis mit einem derartigen „Hammer“ überreicht?

  1. Kümmern Sie sich sofort und nicht erst in Monaten um eine Korrektur. Sie bitten(!) um eine solche – die uninteressante Alternative heißt: Klage vor dem Arbeitsgericht.
  2. Sagen Sie Ihrem Chef, Sie hätten Ihre Lektion gelernt, der Schock beim Lesen sei hilfreich gewesen, Sie seien entschlossen, entsprechend an sich zu arbeiten. Aber Sie bäten um eine weniger „vernichtende“ Neufassung. Schließlich würde Ihre ganze berufliche Existenz an einer problemlosen Akzeptanz auf dem Arbeitsmarkt hängen – und so hätten Sie keine Chance. Er könne sich aber darauf verlassen, dass Sie in Zukunft …
  3. Wenn Sie das überzeugend hinüberbringen, sollten Sie Erfolg haben.

Ein Beitrag von:

  • Heiko Mell

    Heiko Mell ist Karriereberater, Buchautor und freier Mitarbeiter der VDI nachrichten. Er verantwortet die Serie Karriereberatung innerhalb der VDI nachrichten.  Hier auf ingenieur.de haben wir ihm eine eigene Kategorie gewidmet.

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