Planung 28.07.2023, 13:00 Uhr

Misserfolg beim Versuch eines Branchenwechsels?

Karriereexperte Heiko Mell empfiehlt, bei Erkennen der Warnsignale eine externe Neuorientierung ernsthaft in Betracht zu ziehen. Hierbei rät er dazu, sich breit zu bewerben, Erfahrungen zu sammeln und Vertragsangebote sorgfältig zu bewerten.

Jobwechsel

Erfolgreicher Branchenwechsel - Mit der richtigen Vorbereitung und Heiko Mell's Rat gelingt der Sprung ins neue Karrierefeld.

Foto: PantherMedia / alphaspirit

Wenn Branchenwechsel unmöglich ist

In Ihrer Antwort auf eine frühere Frage von mir schlugen Sie vor, nach Schließung unseres Entwicklungsstandortes im Unternehmen zu bleiben und meine Position als Entwicklungsingenieur einige Jahre am neuen Standort fortzuführen, um eine akzeptable Dienstzeit zu erreichen. Sie konnten mir damals „fast versprechen“, dass es in absehbarer Zeit zu weiteren Veränderungen kommen würde.

Ich bin geblieben – und nun sind die Veränderungen da: Drei meiner Kollegen haben aus dem Nichts heraus die Kündigung erhalten. Nach Aussagen meiner Chefs ist damit für dieses Jahr die Vorgabe erfüllt. Aber im neuen Jahr können weitere Maßnahmen dieser Art nicht ausgeschlossen werden.

Top Stellenangebote

Zur Jobbörse
Hochschule Anhalt-Firmenlogo
Professur Medizintechnik Hochschule Anhalt
Köthen Zum Job 
Westfälische Hochschule-Firmenlogo
Professur Künstliche Intelligenz und Industrielle Automation (W2) Westfälische Hochschule
Gelsenkirchen Zum Job 
Leibniz Universität Hannover-Firmenlogo
Universitätsprofessur für Turbomaschinen und Fluid-Dynamik Leibniz Universität Hannover
Hannover Zum Job 
Fachhochschule Münster-Firmenlogo
Ingenieur*in (TGA) im Labor Gebäudetechnik (w/m/d) Fachhochschule Münster
Steinfurt Zum Job 
Hochschule Fulda-Firmenlogo
Professur (W2) Angewandte Biotechnologie insbes. Zellkulturtechnik Hochschule Fulda
Justus-Liebig-Universität Gießen-Firmenlogo
Ingenieur/in oder staatl. gepr. Techniker/in Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik oder Meister/in im Installateur- und Heizungsbauerhandwerk (m/w/d) Justus-Liebig-Universität Gießen
Gießen Zum Job 
NORDEX GROUP-Firmenlogo
Elektroingenieur (m/w/d) Validierung Grid Codes (m/w/d) NORDEX GROUP
Hamburg, Rostock Zum Job 
Bundesagentur für Arbeit-Firmenlogo
Ingenieur/-in (w/m/d) Technische/-r Berater/-in in der Agentur für Arbeit Nürnberg Bundesagentur für Arbeit
Bamberg, Bayreuth Zum Job 
Stadt Moers-Firmenlogo
Ingenieurin/Ingenieur als Fachdienstleitung Straßen- und Verkehrsplanung Stadt Moers
Westfalen Weser Netz GmbH-Firmenlogo
Leitung Ablesesteuerung (m/w/d) Westfalen Weser Netz GmbH
Herford, Paderborn, Bad Oeynhausen Zum Job 

Grund dafür ist, dass nach wie vor in unserem speziellen Bereich (Verarbeitung von sehr speziellen metallischen Werkstoffen) mangels lohnender Projekte nach wie vor kein Geld verdient wird.

Bisher habe ich immer gehofft, dass es „schon werden“ wird. Spätestens jetzt bin ich als Arbeitnehmer aber gezwungen, mich aktiv um Alternativen zu bewerben. Das fällt mir allerdings sehr schwer, da ich nach wie vor meiner Arbeit gerne und motiviert nachgehe, die Bezahlung sehr gut ist und (jetzt schimmert wieder die Hoffnung durch) wir an vielversprechenden Projekten arbeiten. Zudem finde ich äußerst selten Stellenanzeigen, die gut zu meinem Profil passen.

Nun habe ich mich beworben und eine Absage ohne Einladung zum Gespräch erhalten, obwohl ich der Ansicht war, dass die Stelle grundsätzlich gut zu meinem Profil passt. Es handelt sich jedoch um eine gänzlich andere Branche. Aber ein Branchenwechsel ist quasi unumgänglich – es gibt im ganzen Bundesland keine Stellenausschreibungen in unserem Fachgebiet.

Eine Absage hat sicherlich noch nicht viel zu bedeuten, aber sie macht mich zusätzlich nervös. Ich würde mich über Antworten auf folgende Fragen freuen (Unterlagen anbei):

  • Habe ich grobe Fehler im Lebenslauf oder im Anschreiben gemacht?
  • Wie kann mit meinem Profil ein Branchenwechsel gelingen?
  • Haben Sie weitere Gedanken oder Ratschläge zu meiner Situation?
Heiko Mell

Karriereberater Heiko Mell.

Antwort:
Sie stecken in einer sehr schwierigen „Gesamtlage“, wobei ich noch gar nicht vom Branchenproblem spreche: Teils gefällt es Ihnen dort, wo Sie sind – und Sie würden gern bleiben. Teils sind Sie aber durch unübersehbare Warnsignale beunruhigt und Sie erkennen: Eigentlich müssten Sie etwas tun. Aber dann ist da die Hoffnung, dass vielleicht doch noch irgendwie alles gut ausgeht.

Schließlich raffen Sie sich zu einer (!) Bewerbung auf, die Suche nach Stellenanzeigen bleibt aus nicht ganz klaren Gründen auf ein – allerdings großes – Bundesland beschränkt. In dieser von widersprüchlichen Gefühlen bestimmten Ausgangslage kommen Sie zwangsläufig zu einer Haltung, die in die Kategorie fällt: „Teils zog sie ihn, teils sank er hin …“ (nach Goethe, der Fischer).

Sagen wir es so: Oft ist es tatsächlich förderlich, wenn man weiß, dass man handeln muss, weil die Umstände dazu zwingen. Dann geht man mit voller Kraft das Thema „Arbeitgeberwechsel“ an, engagiert sich auf breiter Front und weiß, dass am Ende ein Erfolg stehen muss – und dann tatsächlich meist auch steht.

So aber wollen Sie im Moment noch gar nicht, dass der Wechsel klappt – Sie wollen nur, dass er klappen würde, falls er gegen alle Hoffnung doch noch erforderlich werden sollte. In dieser Ausgangslage mobilisiert man nicht alle Reserven – und dann bringt ein eher halbherziges Engagement adäquate Ergebnisse. Das ist kein Vorwurf gegen Sie, ich will Ihnen nur die etwas ungünstige Ausgangslage erklären.

Zu den Fakten:

  1. Aus dem Ergebnis einer (!) Bewerbung kann man keine Schlüsse ziehen, bei der kleinen Ausgangslage ist alles möglich. Beispielsweise, dass es gar nicht um Sie ging, sondern dass der Vorstand beim Bewerbungsempfänger die neue Stelle längst wieder gestrichen hat, dass ein interner Bewerber zum Zuge kann, den man von Anfang an ins Auge gefasst hatte oder dass sich plötzlich der Ideal-Bewerber vom direkten Wettbewerb gemeldet hat, woraufhin alle anderen Kandidaten völlig unabhängig von ihrer Qualifikation keine Chance mehr hatten.
  2. Sie: gegen Ende 30, Uni-Bachelor Maschinenbau, seit ca. zehn Jahren bei diesem Spezialunternehmen für eine eher selten praktizierte Art der Metallverarbeitung;
    zunächst Produktingenieur für die Umsetzung von kundenbezogenen Projekten von der Anfrage bis zum Serienanlauf;
    dann (aktuell) Entwicklungsingenieur für ein spezielles Produktionsverfahren mit Projektleiterfunktion.
    Zitat aus Ihrem Anschreiben: „… mit vielen Jahren in der Entwicklung und Optimierung von Produktionsprozessen bei einem Automobilzulieferer …“
  3. Die Zielposition: Prozessingenieur für ein ebenfalls sehr spezielles Produkt, das in allen denkbaren Aspekten meilenweit (!) von Ihrer bisherigen Ausrichtung entfernt ist. Wo Sie Automobilzulieferer sagen, heißt es dort „Gesundheitstechnologie“, statt „Metall“ steht dort „… Herstellung aus Polymeren“.Die grundsätzliche Beschreibung der beiden Aufgabenbereiche in der Anzeige sowie in Ihrem Lebenslauf lässt aber durchaus Gemeinsamkeiten erkennen.
  4. Das Anforderungsprofil: Man sucht einen Bachelor-/Masterabschluss und meint bei den erkennbar hohen sonstigen Ansprüchen vermutlich beide – das können Sie nicht bieten. Außerdem hat Ihr Bachelorstudium sehr lange gedauert.
    Die geforderte Art der beruflichen Praxis dürften Sie erfüllen.
    Dann aber heißt es unter „von Vorteil sind“, dass man letztlich – verständlicherweise – „Erfahrungen mit der Funktionsweise und Herstellung von speziellen Produkten aus polymeren Rohstoffen“ sucht. Da müssen Sie passen.
  5. Die zielorientierte Ausrichtung Ihres Lebenslaufes:
    Sie sind Ingenieur, Sie formulieren die Dinge so wie sie nun einmal sind. Immer wieder steht das hier eher störende Wort „Metallverarbeitung“, es heißt „Automotive-Standards“ – und Sie sind „Entwicklungsingenieur“ wie es in Ihrem Organigramm steht. Ein geschickterer Verkäufer seiner eigenen Qualifikation hätte versucht, ein Höchstmaß an Übereinstimmung mit der Stellenanzeige zu erzielen. Natürlich können Sie keine produktbezogenen Erfahrungen herzaubern – aber die konsequente Betonung des unpassenden Gegenteils war nicht zielführend.Und was hätte dagegen gesprochen, Sie in Ihrer heutigen Position etwa so zu bezeichnen: „Prozessingenieur für die Entwicklung und Optimierung von Produktionsprozessen“? Und vielleicht hätte man sogar noch „Kunststoffe“ ins Boot holen können, etwa indem man angibt, dass die eigenen Produkte oft im Wettbewerb zu Produkten aus Kunststoffen stehen.
  6. Anschreiben: Auch hier stehen bei Ihnen Fakten: Metall, Automobilzulieferer. Dann aber auch die positiv zu sehenden speziellen Erfahrungen mit in der Anzeige genannten Verfahren und Methoden am Rande der Produktion.
    Aber: Ihr Wechselwunsch, dessen Hintergründe für den Bewerbungsempfänger sehr oft von großer Bedeutung sind, ist wenig überzeugend begründet:„Aufgrund der langjährigen Tätigkeit im Bereich der …-Metallurgie reift im mir der Wunsch, neue Branchen und Herstellungsprozesse kennenzulernen.“ Das ist schwach und kann keinesfalls den tiefen Graben zwischen beiden Branchen überbrücken.Es gibt für solche Formulierungen niemals eine Erfolgsgarantie, aber ich versuche dennoch, Ihnen ein Gegenbeispiel zu bieten:„Ich bin heute als Prozessingenieur für die Entwicklung und Optimierung von Produktionsprozessen im für seine hohen Ansprüche bekannten Automotive-Sektor tätig. Begonnen hatte ich bei meinem internationalen Arbeitgeber als Produktspezialist für sehr spezielle Teile. Im Laufe der letzten Jahre habe ich mich dann zum Prozessexperten mit breigefächertem Erfahrungsspektrum weiterentwickelt und bringe heute eine Qualifikation mit, die sich erfolgreich auch auf andere Materialien und Prozesse übertragen lässt. Selbstverständlich bin ich zu einer intensiven Einarbeitung in Ihre auch aus meiner Sicht hochinteressente Branche bereit, die vielfältige Chancen für eine Weiterentwicklung bietet. Diese Zukunftsorientierung ist in meinem heutigen Unternehmen leider in absehbarer Zeit nicht mehr gegeben, wie jüngste strukturelle Veränderungen in Verbindung mit personellen Reduzierungen zeigen. Meine Position ist ungekündigt und unbelastet, ich suche gezielt den Wechsel in ein forderndes Umfeld mit Potenzial.“

Als weitergehende Empfehlung: Nach den erhaltenen Warnsignalen müssen Sie eine externe Neuorientierung ernsthaft ins Auge fassen. Dazu müssen Sie sich auf breiter Front bewerben, Erfahrungen sammeln und lernen, mögliche Vertragsangebote zu bewerten.

Wenn immer es möglich ist, sollten Sie versuchen, sich auf Ausschreibungen zu konzentrieren, die so viele Gemeinsamkeiten mit Ihrem beruflichen Umfeld haben wie möglich. So sollten dort Begriffe vorkommen wie „Metall, Automotive (mindestens jedoch Großserie), Prozessoptimierung“.

Der Graben zwischen Ist und Ziel war hier einfach zu groß, hinzu kommt ein nicht optimal gelöstes Optimierungsproblem des Bewerbungsprozesses. Und bedenken Sie, dass die Herkunft des Bewerbers stets eher etwas kleineren Unternehmen „imponiert“, hier aber waren Sie an einen Weltkonzern geraten. Der ist auch in dieser Hinsicht anspruchsvoll.
Eigentlich sollten Sie den Sprung schaffen.

Für den Fall, dass Sie ein akzeptables Angebot bekommen und es gerade dann im heutigen Unternehmen doch wieder Grund zur Hoffnung gibt, „droht“ Ihnen etwas, bei dem niemand so richtig helfen kann: Sie müssen sich entscheiden, ohne in die Zukunft schauen zu können. Das gehört zum „Leben“ immer wieder einmal dazu.
Wenn Sie aber bleiben und in zehn Jahren dann doch gehen müssen, wäre alles noch viel schlimmer als heute.
Nach den Regeln des Systems spricht sehr viel für einen Wechsel jetzt.

Ein Beitrag von:

  • Heiko Mell

    Heiko Mell ist Karriereberater, Buchautor und freier Mitarbeiter der VDI nachrichten. Er verantwortet die Serie Karriereberatung innerhalb der VDI nachrichten.  Hier auf ingenieur.de haben wir ihm eine eigene Kategorie gewidmet.

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.