Entspannung am Arbeitsplatz 11.01.2023, 07:20 Uhr

Joggen gegen Stress: In der Mittagspause den Kopf freibekommen

Das Telefon klingelt ohne Unterlass, alle fünf Minuten steht ein Kollege am Schreibtisch. Die Arbeit wird nicht weniger. In solchen Momenten kann es helfen, die Mittagspause für mehr Bewegung zu nutzen. Joggen gegen Stress – hilft das?

Joggen

Ein möglicher Ausgleich, der dabei hilft, Stress abzubauen, ist Sport.

Foto: PantherMedia / VitalikRadko

Joggen und Co.: Welcher Sport hilft gegen Stress?

Stress gehört für die meisten Menschen im Alltag dazu. Arbeit und Familie unter einen Hut zu bekommen etwa ist nicht immer einfach. Hinzu kommt bei vielen eine phasenweise berufliche Dauerbelastung, beispielsweise im Rahmen von einzelnen Projekten. Vorübergehend lässt sich ein Zuviel an Belastung in der Regel noch aushalten. Dauerhaft schadet zu viel Stress aber. Sie sind dann nicht nur geistig ausgelaugt, auch der Körper leidet. Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Probleme, ein geschwächtes Immunsystem, Burnout und Depressionen können die Folgen sein.

Was aber tun? Beruflich kürzertreten kommt für die meisten nicht infrage. Die Familie hintenanstellen ebenso wenig. Ein möglicher Ausgleich, der dabei hilft, Stress abzubauen, ist Sport. Joggen gegen Stress gilt dabei als besonders effektiv. Zum einen ist es praktisch, da Sie anders als beispielsweise bei Mannschaftssportarten jederzeit loslaufen können, ohne auf andere Personen angewiesen zu sein. Rücksicht auf Öffnungszeiten wie etwa im Fitnessstudio müssen sie nicht nehmen. Aber, und das ist im Fall von Stress noch relevanter: Joggen wirkt sich positiv auf die Gesundheit aus. Das gilt übrigens für fast alle Ausdauersportarten wie Radfahren, Schwimmen oder Nordic Walking. Suchen Sie sich aus, was Ihnen Freude bereitet.

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Warum macht Joggen den Kopf frei?

Es gibt verschiedene Gründe, warum Joggen gegen Stress hilft. Zum einen setzt die Bewegung die umgangssprachlich als Glückshormone bezeichneten Endorphine und Serotonin frei. Diese wirken sich positiv auf Ihre Stimmung aus. Der Körper profitiert ebenfalls: Das Herz steht beim Joggen unter höherer Belastung. Durch regelmäßiges Training entsteht ein Gewöhnungseffekt und das Herz beginnt, ökonomischer zu arbeiten. Laufen erweitert zudem die Gefäße. Dadurch sinkt langfristig der Blutdruck und damit der Ruhepuls. Trainierte Läuferinnen und Läufer haben in der Regel auch in Stresssituationen oder hektischen Phasen einen niedrigeren Ruhepuls als untrainierte Menschen.

Sie können dadurch mit Hektik entspannter umgehen. Das wirkt sich positiv auf das Nervensystem aus. Das Gefühl, unter Stress zu stehen, entsteht bei Trainierten erst nach deutlich höherer Belastung. Die körperliche Anstrengung beim Laufen sorgt zudem für besseren Schlaf. Es kommt vermehrt zu Tiefschlafphasen, die für bessere Erholung sorgen.

Neben diesen langfristigen Wirkungen hilft Joggen gegen Stress aber schon während des Laufens. Kurzfristig nehmen Ärger und Stress deutlich ab und die innere Ruhe überwiegt. Das liegt an der Verarbeitung im Gehirn. Die körperliche Belastung wird dort vom Motorcortex gesteuert. Bei Bewegung ist dieser Bereich stark beschäftigt und benötigt einen Großteil der Ressourcen des Gehirns. Der präfrontale Cortex, der für die Entstehung von seelischer Überlastung verantwortlich ist, kann auf diese Ressourcen nicht zurückgreifen und den Stresszustand nicht länger aufrechterhalten. Dieser Bereich des Gehirns ist gezwungen, seine Aktivität herunterzufahren, was automatisch mit Stressabbau einhergeht. Nicht zuletzt wirkt sich die frische Luft positiv auf die körperliche Gesundheit aus.

Wie lange Joggen um Stress abzubauen?

Joggen hilft gegen Stress – das ist nun wissenschaftlich erwiesen. Aber wie lange müssen Sie eigentlich laufen, um diesen Effekt zu erreichen? In Studien hat sich gezeigt, dass 150 bis 300 Minuten Ausdauersport pro Woche bei mäßiger Belastung ausreichend sind, damit der Körper die stimmungsaufhellenden Botenstoffe Serotonin und Endorphin ausschütten kann. Endorphine wirken sich nicht nur förderlich auf Ihre Laune aus, sondern bekämpfen zusätzlich Stresshormone wie beispielsweise Cortisol.

Wichtig für diesen Effekt ist das Wort „mäßig“. Im Idealfall laufen Sie so, dass sie im aeroben Bereich bleiben. Aerob bedeutet „mit Sauerstoff“ (das Gegenteil ist anaerob, also „ohne Sauerstoff“). Der aerobe Energiestoffwechsel setzt bei geringer Trainingsbelastung ein. Um überhaupt arbeiten zu können, benötigen die Muskeln Energie. Diese erhalten sie aus Fetten und Kohlenhydraten. Beides wird beim aeroben Training verbrannt, Fette allerdings deutlich mehr als Kohlenhydrate. Für die „Verbrennung“ braucht der Körper eben Sauerstoff. Die Verstoffwechselung übernehmen die S-Fasern der Muskulatur. „S“ steht in diesem Fall für das Wort „slow“, zu Deutsch „langsam“. Den Namen tragen die Muskelfasern, weil sie auf länger andauernde und mäßige Belastungen ausgelegt sind. Eine gute Richtschnur für Joggen im aeroben Bereich ist es, wenn die Atmung schneller geht, Sie aber noch nicht keuchen müssen.

Joggen gegen Stress – aber nicht für mehr Stress

Die richtige Intensität beim Joggen gegen Stress ist nicht nur wichtig, um einen Effekt gegen die Dauerbelastung zu haben, sondern auch, um diesen nicht ins Gegenteil zu verkehren. Hohe Geschwindigkeiten, bei denen Sie außer Atem kommen, sorgen dafür, dass das Lauftraining in Stress ausartet. Und zwar im Wortsinn. Denn eine zu hohe Intensität lässt den Spiegel des Stresshormons Cortisol ansteigen statt absinken.
Ein weiteres Problem ist zu großer Ehrgeiz. Wer bei einem Zehn-Kilometer-Lauf immer wieder auf die Uhr schaut, um seine persönliche Bestzeit zu schlagen, setzt sich selbst unter Stress. Ehrgeiz kann sich also kontraproduktiv auswirken. Ein zügiger, 30-minütiger Spaziergang hätte in einem solchen Fall einen besseren Anti-Stress-Effekt als das Joggen unter Zeitdruck.

Wer in stressigen Zeiten entnervt die Laufschuhe schnürt, um sich beim Training abzureagieren, sollte ebenfalls vorsichtig sein. Denn der Körper verbraucht durch die hohe seelische Belastung viel Energie, die ihm beim Joggen gegen den Stress fehlt. Das wirkt sich auf die Muskulatur aus, die nicht mehr so zügig und effektiv reagieren kann wie unter normalen Umständen. Die Folge ist eine erhöhte Anfälligkeit für Sportverletzungen.

Wann ist die beste Zeit fürs Joggen?

Sie arbeiten hart mit vielen Überstunden und wollen abends Zeit für Freunde, Hobbys, Familie oder auch fürs Nicht-Tun haben? Aber Joggen gegen den Stress wollen Sie trotzdem? Nur wann? Die fehlende Zeit ist schließlich eine der Ursachen für die Überlastung. Nutzen Sie doch einfach einmal Ihre Mittagspause für einen kurzen Dauerlauf. Das hat noch zusätzliche Vorteile. Denn in der Regel sinkt die Leistungskurve gegen Mittag ab. Die Bewegung an der frischen Luft wirkt aktivierend, sodass Sie über den Nachmittag voller Elan weiterarbeiten können. In Australien oder Südafrika ist es gang und gäbe, dass die Menschen die Mittagspause für sportliche Betätigung nutzen. Dort ist diese Sportkultur aber auch so verankert, dass die meisten Unternehmen tatsächlich Duschräume haben. Soweit ist es hierzulande noch nicht. Nur sehr große Unternehmen bieten in einigen Fällen diese Möglichkeit.

Der Sport in der Mittagspause kann also mit etwas logistischem Aufwand verbunden sein (Sportbekleidung mitnehmen, eine Duschgelegenheit finden), lohnt sich aber trotzdem. Wichtig ist es, im Anschluss auf die richtige Ernährung zu achten. Nach einem 30-minütigen Training sind die Kohlenhydratspeicher so gut wie leer. Nudeln, Reis oder Kartoffeln füllen diese schnell wieder auf. Fettige Gerichte gilt es zu vermeiden, da sie die Speicherung von Kohlenhydraten blockieren und somit die Regeneration verzögern. Wer diese Regeln beachtet, der kann in der Mittagspause mit Joggen ganz konkret gegen den Stress ankämpfen.

 

Ein Beitrag von:

  • Julia Klinkusch

    Julia Klinkusch ist freiberufliche Texterin und Medizinautorin.

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