XTL senkt Emissionen 27.05.2013, 09:00 Uhr

Der Kraftstoff für den Automobilantrieb von morgen

Es vergeht kein Ingenieurkongress, auf dem nicht über Kraftstoffe gesprochen wird. Beim 34. Internationalen Wiener Motorensymposium hob kürzlich Robert Schlögl vom Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft den Nutzen weiterentwickelter Kraftstoffe für eine effizientere Automobilität hervor. Lars Mönch vom Umweltbundesamt berichtete auf der MTZ-Tagung „Der Antrieb von morgen“ in Wolfsburg über Dieselvarianten.

Europa hat schon heute den besten Diesel-Kraftstoff der Welt. Mit synthetischem XLT könnten die Emissionen auch von Altfahrzeugen noch einmal deutlich sinken.

Europa hat schon heute den besten Diesel-Kraftstoff der Welt. Mit synthetischem XLT könnten die Emissionen auch von Altfahrzeugen noch einmal deutlich sinken.

Foto: BP

In der AutoUni von VW in Wolfsburg hat Lars Mönch vom Umweltbundesamt kürzlich auf der MTZ-Tagung „Der Antrieb von morgen“ die Verbesserung der Effizienz herkömmlicher Antriebe sowie die Weiterentwicklung synthetischer Kraftstoffe aus regenerativen Quellen hervorgehoben. Des Diesels höchstes Entwicklungspotenzial ist seiner Ansicht nach der Kraftstoff. Denn weltweit gebe es Millionen von Dieselmotoren, die unter oft erbärmlichen Bedingungen mit einer Brühe laufen, die man nicht als „Kraftstoff“ bezeichnen könne.

Europa hat weltweit den zurzeit besten Dieselkraftstoff, dem die Politik aus „ökologischen“ Gründen „Biodiesel“ beimischt, mit dem die Qualität des Kraftstoffs gesenkt wird. Dabei wurde in Deutschland schon vor Jahren die Formulierung für einen Kraftstoff der „2. Generation“ entwickelt, mit dem die Schadstoffe ohne Änderungen an den Motoren drastisch sinken. Das Unternehmen Choren hatte vorzugsweise aus Biomasse einen synthetischen Kraftstoff BTL (Biomass to Liquid) hergestellt. Shell produziert in Katar mit einem ähnlichen Verfahren aus Erdgas einen GTL-Kraftstoff (Gas to Liquid). Als Basis können CO2, Kohle, Hausmüll oder andere organische Abfälle dienen. Die ganze Gruppe wird „XTL“ (X to Liquid) genannt.

XTL-Diesel senkt Schadstoffausstroß auch bei Altmodellen

Mit der Fischer-Tropsch-Synthese als Endstufe haben alle XTL-Kraftstoffe die gleiche Zusammensetzung. Sie sind mit der Erdölbasis in jedem Verhältnis mischbar und verbessern die Kraftstoffqualität bereits bei kleinen Zumischungen. Das käme allen Dieselmotoren zugute. Auch bei den ältesten Motoren sinken die Schadstoffemissionen im Abgas ohne jede Änderung.

Wie stark die Emissionen durch XTL bei einem alten Diesel sinken, wurde an einem VW Passat Variant, Baujahr 1997 mit dem 1,9 l TDI (81 kW) untersucht, so Mönch. Mit dem Nachrüstpartikelfilter von Twintec erhielt er die Zulassung für EU 3. Anschließend wurde er auf dem Rollenprüfstand im Emitec-Werk Eisenach mit BTL gefahren. CO und HC schrumpfen bis fast an die Nachweisgrenze und die Partikel gehen unter den Wert der EU 4 zurück. Wie erwartet stieg durch die bessere Verbrennung das NOx und der Verbrauch sank um fast 6 %. Die Beseitigung des NOx aus dem Abgas wird künftig mit dem SCR-Verfahren auch bei Pkw immer häufiger anzutreffen sein. Wichtig ist laut Mönch in diesem Zusammenhang, dass die Abgasnachbehandlung durch das Fehlen von Schwefel beim XTL vereinfacht wird.

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Mercedes und VW haben die unterschiedlichsten Dieselmotoren mit BTL durchgemessen und stets vergleichbare Absenkungen von Schadstoffen und Verbrauch erhalten. Bei flächendeckender Versorgung mit XTL kann der Dieselmotor für diesen Kraftstoff konstruiert werden. So wird die homogene Verbrennung möglich, mit der sich zwischen 10 % und 15 % Kraftstoff sparen lassen.

Erdöldiesel besteht aus weit über 3000 unterschiedlichen Molekülen, von denen die hochsiedenden Aromaten am meisten stören, weil sie nur unwillig brennen und wesentlich für die Partikelemission verantwortlich sind. Synthetisches XTL verfügt über weitaus weniger unterschiedliche Moleküle. Es bietet eine höhere Cetanzahl und einen ausreichend breiten Siedebereich. Die Vorteile sind so gravierend, dass vor allem VW die Werbetrommel für BTL („Sunfuel“) rührte und Fahrzeugflotten in Berlin laufen ließ.

XTL aus CO2 kostet rund 70 Cent

Bereits heute erreichen kleine Dieselautos einen mittleren Verbrauch im NEFZ (Neuen Europäischen Fahrzyklus) von rund 3,5 l/100 km. Mit XTL sinkt der Verbrauch weiter. Damit schrumpft der Abstand zu Hybrid und Range Extender derartig zusammen, dass deren höhere Preise nicht mehr gerechtfertigt sind. Wird XTL aus CO2 hergestellt, sind nach derzeitigen Berechnungen von Emitec Kosten von etwa 0,7 €/l zu erwarten. Wichtig ist allein, dass die Kraftstoffqualität als Konstruktionselement wieder den richtigen Stellenwert erhält.

Während die XTL-Kraftstoffe durch die Fischer-Tropsch-Endstufe eine paraffinische Basis haben, suchen die Experten schon lange nach weiteren Verbesserungsmöglichkeiten, um vor allem die Schadstoffproduktion zu senken. So führte die FEV zusammen mit der RWTH Aachen Versuche mit einem Kraftstoff durch, der aus einem Gemisch von 2-Methyltetrahydrofuran mit Di-n-Butylether besteht. Er enthält einen Anteil von 15,5 % Sauerstoff und kann die Emission von Partikeln (Ruß) gegenüber Erdöl-Dieselkraftstoff um 75 % senken. Außerdem sinkt die Reduktionstemperatur im Partikelfilter um rund 60 °C, so dass die Rußverbrennung im Filter nur sehr selten künstlich eingeleitet werden muss.

Auch Robert Schlögl vom Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft wies beim 34. Internationalen Wiener Motorensymposium im April auf die nützliche Wirkung der Sauerstoffeinlagerung im Kraftstoff hin. Bei der Verwendung von CO2 als Grundstoff sprach er von „einfachen chemischen Reaktionen“ bei der Kraftstoffherstellung. In jedem Fall geht es bei den Kraftstoffen der 2. und 3. Generation um andersartige Molekülstrukturen als bei den Erdölkraftstoffen. Allerdings wies er auf den enormen Forschungsaufwand zur Herstellung von Kraftstoffen der 3. Generation hin, während die Verfahren zur Herstellung von XTL nicht nur bekannt, sondern langjährig erprobt sind. Aber auch hier fehle eine Weiterentwicklung der Verfahren, um die Verluste zu minimieren und den Wirkungsgrad zu erhöhen.

 

Ein Beitrag von:

  • Christian Bartsch

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