Mehr als fünffache Schallgeschwindigkeit 24.01.2018, 13:01 Uhr

Boeing will das schnellste Flugzeug der Welt bauen

Es wird ein Spionageflugzeug, und mit weit mehr als 5000 km/h wäre es das schnellste Flugzeug der Welt. Und trotzdem soll der Spionage-Jet, den Boeing bauen will, wie ein ganz normales Flugzeug starten und landen können.

Computeranimation des schnellsten Flugzeugs der Welt: Boeing will Mach 5 überschreiten. Geplant ist dieses Flugzeug zur Spionage.

Foto: Boeing

Auch Lockheed Martin arbeitet an einem Hypersonic-Flugzeug.

Foto: Lockheed Martin

Der Waverider erreichte am 1. Mai 2013 mehr als 5100 km/h.

Foto: Jim Ross/Nasa

Auch die Ingenieure der Universität Colorado haben ein Hypersonic-Flugzeug mit einem Deltaflügel entworfen.

Foto: Nasa/Universität Colorado

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Der Rekord für das schnellste Flugzeug der Welt ist alt. Sehr alt, noch älter als der 800-Meter-Weltrekord der unfassbar muskulösen Jarmila Kratochvilova von 1983. Am 28. Juli 1976 erreichte eine Lockheed SR-71A, genannt Blackbird, Mach 3,36. Unter den gegebenen Bedingungen entsprach das einer Geschwindigkeit von 3529 km/h. Die Umrechnung hängt bekanntlich von Luftdruck und -temperatur ab. Geht man von den normalen Bedingungen in 10.000 Metern Flughöhe aus, wie sie auch für ein Passagierflugzeug Standard sind, dann entspricht Mach-1 etwa 1080 km/h. Mit seinem geplanten Rekordflieger will Boeing mindestens Mach-5 erreichen, also nach dieser Formel 5400 km/h.

Ein Flieger, der Raketen davonfliegt

Mit dieser Maschine käme man also in einer guten Stunde von New York nach Köln. Nur: Als Passagierflieger ist das Ding kaum denkbar, eher erinnert es an eine Rakete. Boeing plant das jetzt angekündigte Fluggerät wohl als Spionageflugzeug für militärische Zwecke. Ein Flugzeug, das selbst Boden-Luft-Raketen entkommen könnte, weil es einfach schneller ist.

Das Grundkonzept hat der US-Konzern jetzt auf einer Fachkonferenz in Florida vorgestellt. Demnach wird der Flieger einen Deltaflügel haben und technisch auf dem so genannten Waverider basieren, mit dem Boeing 2010 den absoluten Geschwindigkeitsrekord für eine Maschine mit luftatmendem Triebwerk aufstellte. Die X-51A erreichte am 26. Mai 2010 mehr als 5.300 km/h. Es folgten bis 2013 noch drei weitere Testflüge, bei denen aber keine höheren Geschwindigkeiten mehr erreicht wurden.

Zwei Arten von Triebwerken

Allerdings gibt es bei der X-51A einen großen Haken: Der Prototyp musste von einer B-52 auf seine 15 Kilometer Flughöhe gebracht werden. Die Trägermaschine setzte ihn bei Mach 0,8 ab, erst danach erreichte er dank seines besonderen Triebwerks die Rekordgeschwindigkeit. Und nach dem Flug versank er für alle Zeit im Ozean.

Ein B-52-Bomber am 1. Mai 2013: Unter dem Flügel ist der montierte Flugkörper X-51A zu erkennen.

Ein B-52-Bomber am 1. Mai 2013: Unter dem Flügel ist der montierte Flugkörper X-51A zu erkennen.

Quelle: US Air Force

Das so genannte Überschall-Verbrennungs-Staustrahltriebwerk braucht zwar keine beweglichen Teile wie Schaufelräder, um die Luft zu verdichten. Dieser Vorzug ist aber zugleich sein Nachteil, denn die Verdichtung funktioniert nur über die Strömung in einen sich verengenden Einlauf, und die reicht erst aber einer bereits hohen Geschwindigkeit aus.

Im Stand können Staustrahltriebwerke also keinerlei Schub erzeugen. Der neue Rekordflieger soll aber selbst starten und landen können. Boeing wird deshalb ein zweites, herkömmliches Strahltriebwerk einbauen müssen.

So gut steuerbar wie ein Güterzug?

Wann das Modell die ersten Tests absolvieren kann, ist unklar. Erste Zweifler melden sich schon, die zum Beispiel anmerken, dass ein solcher Flieger ungefähr so gut steuerbar sei wie ein Güterzug. Außerdem könne man Spionage aus der Luft heute viel effektiver über Satelliten betreiben als mit Flugzeugen.

Dennoch scheint es beim US-Militär Interesse an der Technik zu geben. Die Vorstellung, man könnte mit einem solchen Überschallbomber etwa eine Luftwaffenbasis angreifen und schon wieder weg sein, bevor der Feind überhaupt reagieren kann, ist eben reizvoll. Außerdem scheint Boeing bei dieser Idee von der Konkurrenz getrieben zu sein, denn Lockheed arbeitet intensiv an einer SR-72. Spitzname „Son of Blackbird“.

Offiziell bestätigt ist das nicht, aber das will nicht viel heißen. Schon im Jahr 2030 könnte der Jungvogel abheben, schreibt ein Fachmagazin. Mit welchem Tempo, wird nicht gesagt. Alles zu den Lockheed-Plänen lesen Sie hier.

Potenzial gibt es da sicher noch, schließlich haben Fluggeräte dank Raketen-Boost schon Geschwindigkeiten von Mach 9,6 erreicht. Damit käme man dann von New York nach Köln in einer guten halben Stunde. Theoretisch. Aber die halbe Stunde, die man heute von Köln nach Bonn braucht, sind ja meist auch nur Theorie. Und irgendwann fällt jeder Rekord, vielleicht sogar der von Jarmila Kratochvilova.

Ein Beitrag von:

  • Werner Grosch

    Werner Grosch ist Journalist und schreibt vor allem über Technik. Seine Fachgebiete sind unter anderem Elektromobilität, Energie, Robotik und Raumfahrt.

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