Luftfahrtgeschichte 14.06.2024, 13:00 Uhr

Hindenburg-Absturz: Geschichte einer Zeppelin-Katastrophe

Die Geschichte der Hindenburg ist fast so tragisch wie die der Titanic. Wir werfen einen Blick auf den Zeppelin LZ 129 und auf die Katastrophe, die am 6. Mai 1937 für das Ende der Luftschifffahrt sorgte.

Die Hindenburg geht in Flammen auf

Augenblick der Katastrophe: Der Wasserstoff entzündet sich und die Hindenberg geht in Flammen auf.

Foto: IMAGO/Gemini Collection

Vor fast 100 Jahren erlebten Zeppeline ihren Höhepunkt. Die riesigen Luftschiffe ermöglichten wohlhabenden Passagieren, den Atlantik in nur zwei bis drei Tagen zu überqueren – viel schneller als mit dem Schiff. Eines der größten dieser Luftschiffe war die „Hindenburg“, die fast 250 Meter lang war und etwa 190.000 Kubikmeter Wasserstoff fasste.

Der Zepellin konnte rund 70 Passagiere und elf Tonnen Fracht transportieren und flog regelmäßig zwischen Frankfurt und Lakehurst nahe New York sowie nach Rio de Janeiro. Am 6. Mai 1937 endete die Reise jedoch tragisch, als die Hindenburg bei der Landung in Lakehurst in Flammen aufging. Wir werfen einen Blick auf die Geschichte des Zeppelins LZ 129 und die Ursachen dieser Katastrophe.

Benannt nach dem deutschen Reichspräsidenten

Die LZ 129 „Hindenburg“ war nach dem deutschen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg (1847 bis 1934) benannt. Das Luftschiff hatte eine Länge von 246,7 m und einen größten Durchmesser von 41,2 m. Auf den Landerädern stehend war es 44,7 m hoch, seine Breite mit den Luftschrauben betrug 46,8 m. Bei diesen Dimensionen näherte es sich den Abmessungen der „Titanic“ – der Königin der Meere, die als „unsinkbar“ galt und die 25 Jahre zuvor untergegangen war.

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Starrluftschiffe werden nach ihrem Erfinder auch als „Zeppeline“ bezeichnet. Ferdinand Adolf Heinrich August Graf von Zeppelin (1838 bis 1917) – im Volksmund der „Narr vom Bodensee“ – erhielt am 13.8. 1898 ein Patent für ein „Lenkbares Luftfahrzeug mit mehreren hintereinander angeordneten Tragkörpern“.

In einer schwimmenden Montagehalle auf dem Bodensee bei Friedrichshafen baute er 1899 das Luftschiff Zeppelin (LZ) 1.

Dessen Jungfernfahrt ein Jahr später dauerte nur 18 Minuten. Dann musste es unreparabel notlanden. Damit waren auch die finanziellen Mittel von 800 000 Mark der „Gesellschaft zur Förderung der Luftschifffahrt“ aufgebraucht: Graf Zeppelin zerlegte seinen Prototypen, verkaufte dessen Einzelteile und löste die Gesellschaft auf. Doch der spätere Generaldirektor und Vorstandsvorsitzende des Zeppelinwerks, Alfred Colsman, wusste die Stimmung der luftfahrtbegeisterten Bevölkerung zu nutzen: Er sammelte Spenden für die Finanzierung der Luftschiffe LZ 2 und LZ 3. Graf Zeppelin schoss noch einmal 100 000 Mark aus seinem Privatvermögen zu, und Reichskanzler Bernhard von Bülow steuerte 50 000 Mark aus einem Dispositionsfonds bei.

Hin- und Rückfahrt mit dem Hindenburg-Zeppelin kostete 10 000 $

Mit der LZ 127 „Graf Zeppelin“ begann 1928 der Höhepunkt der Luftschifffahrt. Im Jahr 1930 wurde mit ihr ein transatlantischer Liniendienst eingerichtet. In diesem wurde auch die am 4. 3. 1936 fertig gestellte LZ 129 „Hindenburg“ eingesetzt. Sie flog vor allem auf den Routen von Deutschland (meistens von Frankfurt am Main) nach Rio de Janeiro sowie nach Lakehurst bei New York. Von der Inbetriebnahme am 4. 3. 1936 bis zum Unglück am 6. 5. 1937 legte das Luftschiff während 63 Fahrten rund 337 000 km zurück. Ein Fahrschein kostete 400 bis 450 Dollar, Hin- und Rückfahrt 720 bis 810 Dollar, was einem heutigen Wert von etwa 10 000 € entspricht.

Die „Hindenburg“ und ihr Schwesterschiff LZ 130 waren die größten jemals gebauten Luftschiffe. Im Gegensatz zu vorhergehenden Zeppelinen befanden sich die Räume für die Passagiere auf zwei Decks im Inneren des Auftriebskörpers. So konnte mehr Platz bereitgestellt werden. Durch die Verkleinerung der Gondel, die jetzt nur noch zum Steuern des Luftschiffs diente, wurde der Luftwiderstand des Schiffs verringert.

Die beheizbaren Kabinen können mit komfortablen Schlafwagenabteilen verglichen werden. Die übrigen Räume der Fahrgastanlage waren entlang des Rumpfs in Galerien eingerichtet. Im unteren Deck gaben die Fenster den Ausblick auf die Landschaft frei, einige konnten geöffnet werden. Hier lag auch ein Rauchsalon mit dem einzigen Feuerzeug an Bord. Seine leichte Überdruckbelüftung verhinderte, dass von außen brennbare Gase eindringen konnten. Vor dem Raucherraum war eine kleine Bar eingerichtet. Die Küche servierte erlesene Gerichte und Weine. Schon bald hatte sie einen exzellenten Ruf.

Der restliche Teil des B-Decks war hauptsächlich mit Toiletten, der elektrischen Küche mit Speiseaufzug sowie der Mannschafts- und Offiziersmesse eingerichtet. Die Mannschaftsquartiere befanden sich außerhalb der Fahrgastanlage im Rumpf des Schiffs. Es gab hier – erstmalig auf einem Luftschiff – Duschen.

Da war die Welt noch in Ordnung: Die Hindenburg fliegt über dem Hafen von Lindau am Bodensee.

Da war die Welt noch in Ordnung: Die Hindenburg fliegt über dem Hafen von Lindau am Bodensee.

Foto: IMAGO/Gemini Collection

Hindenburg-Zeppelin schwebte dank Daimler-Benz-Motoren

Die LZ 129 war der erste Zeppelin mit Dieselmotoren: Als Antrieb dienten vier speziell entwickelte Daimler-Benz-Dieselmotoren in vier stromlinienförmigen Gondeln, die paarweise unter dem Rumpf angebracht waren. Dieser Motorentyp LOF 6 wurde später zu einem Standardmotor für Seeschiffe weiterentwickelt und bis in die 1970er-Jahre von MTU unter der Bezeichnung 672 gefertigt.

Am 6. 5. 1937 verunglückte die LZ 129 „Hindenburg“ bei der Landung in Lakehurst. Ein Gewitter verzögerte die geplante Landung. Dabei brach im Heckteil des Schiffs ein Brand aus, der sich schnell ausbreitete. Das Luftschiff verlor seinen statischen Auftrieb und stürzte innerhalb von 32 s aus 60 m Höhe auf den Boden. Durch die Flammen entzündete sich auch der für die Antriebsmotoren mitgeführte Dieselkraftstoff.

Warum ging der Wasserstoff in Flammen auf?

Bis heute ist umstritten, wie das Feuer entstand und warum es sich so schnell ausbreitete. Anfangs vermuteten einige Experten, dass die Dieselmotoren des Luftschiffs Funken erzeugt haben könnten, die den aus einem Leck am Heck austretenden Wasserstoff entzündeten. Andere sprachen von Sabotage. Heute gilt es als wahrscheinlich, dass elektrisch geladene Gewitterwolken über Lakehurst eine entscheidende Rolle spielten.

Die gewittrige Atmosphäre könnte die Außenhülle des Zeppelins aufgeladen haben. Als das Landeseil dann den Boden berührte, kam es möglicherweise zu einer abrupten Entladung, die den austretenden Wasserstoff entzündete. Allerdings gibt es einige Beobachtungen und Faktoren, die nicht zu dieser einfachen Erklärung passen.

Situation im Labor nachgebaut

Mehr Klarheit über das feurige Ende der „Hindenburg“ brachten Experimente des US-Forschers Konstantinos Giapis vom California Institute of Technology. Der TV-Sender PBS Nova bat ihn, die Ursachen der Katastrophe für eine Dokumentation neu zu untersuchen. „Zuerst fragte ich mich, wer sich heute noch dafür interessiert. Dann fragte ich mich, warum der Grund bis heute nicht bekannt ist und warum dieses Rätsel nie gelöst wurde“, erzählt er.

Giapis rekonstruierte in seinem Labor einen Teil der Außenhülle des Zeppelins so originalgetreu wie möglich. Diese Hülle bestand aus Baumwoll- und Leinenbahnen, die zur Imprägnierung mit mehreren Schichten Cellon beschichtet waren. Cellon ist eine schwer brennbare Mischung aus Zelluloseacetat und Kampfer. Um die Hülle reflektierend zu machen und ein Aufheizen durch die Sonne zu vermeiden, wurden Aluminiumflocken hinzugefügt.

Die Hülle war mit Schnüren am Aluminiumgerüst des Zeppelins befestigt. Um einen direkten Kontakt zwischen Hülle und Rahmen zu verhindern, wurden hölzerne Zwischenstücke als Abstandshalter eingefügt. Auch diese Konstruktion bildete Giapis im Labor nach.

Modell unter Spannung gesetzt

Um die Bedingungen vom Abend des 6. Mai 1937 nachzustellen, setzte der Forscher sein Modell unter eine Spannung, wie sie in den Gewitterwolken über Lakehurst zu erwarten war. Augenzeugen berichteten damals von einer diffusen, Elmsfeuer-ähnlichen „Aura“ um den Zeppelin. Doch diese Erscheinung allein konnte das Feuer nicht verursacht haben: „Die Energie dieses diffusen Leuchtens ist zu gering, um den Wasserstoff zu entzünden“, erklärt Giapis.

Ein Elmsfeuer ist eine Lichterscheinung. die durch elektrische Ladungen entsteht (Elektrometeore). Es erhielt seinen Namen nach dem heiligen Erasmus von Antiochia, den Seeleute in früheren Zeiten um Hilfe baten, wenn sie während eines Sturms in Schwierigkeiten gerieten.

Wie bereits ein deutsches Untersuchungskomitee kurz nach dem Unglück, vermutet auch der US-Wissenschaftler, dass energiereiche, lokale Funken das Feuer ausgelöst haben. Um dies zu testen, erdete er sein elektrostatisch aufgeladenes Modell und besprühte es mit einem feinen Wasserfilm. Tatsächlich bildeten sich sofort knatternde Funken, die zwischen der Außenhülle und dem Gestänge des Zeppelins übersprangen und so die Brandgefahr demonstrierten.

Entfernung und Verzögerung passen nicht

Das erklärt jedoch nicht, warum sich der Wasserstoff am Heck des Luftschiffs entzündete. Die Funken entstanden hauptsächlich am Bug, wo das Ankerseil befestigt war. Um den Wasserstoff am Heck zu entzünden, hätten sich die Funken über mehr als 200 Meter ausbreiten müssen. „Obwohl sich Ladung auf der nassen Hülle über kurze Distanzen übertragen kann, ist es viel schwieriger, sie den ganzen Weg vom Bug bis zum Heck zu leiten“, erläutert Giapis.

Ein weiteres Rätsel: Während die Funken im Modell sofort nach dem Bodenkontakt des Ankerseils auftraten, begann das Feuer bei der „Hindenburg“ erst vier Minuten, nachdem der Zeppelin über das Seil geerdet war. Das deutsche Untersuchungskomitee vermutete damals, dass das Ankerseil erst leitend wurde, nachdem es vom Regen durchnässt worden war.

Giapis widerlegt dies jedoch in seinem Experiment. Sein Test zeigte, dass das Tau auch im trockenen Zustand leitfähig war. „Laut meinen Berechnungen benötigte es nur zehn bis 15 Sekunden, um den Zeppelinrahmen mit dem trockenen Seil zu erden – nicht vier Minuten“, erklärt der Forscher. „Die Funken hätten daher viel früher auftreten müssen.“

Tatsächliche Ursache des Feuer bei weiteren Tests gefunden

Giapis fand die Lösung schließlich durch weitere Messungen und Tests. Er stellte fest, dass die Hülle des Zeppelins durch die elektrostatische Aufladung in den Wolken eine positive Ladung erhielt. Als das Ankerseil, das mit dem Gerüst verbunden war, den Boden berührte, lud sich das Gerüst negativ auf. Da Hülle und Gerüst durch Holzstücke voneinander isoliert waren, entstand ein stark aufgeladenes elektrisches Feld – ähnlich wie in einem Kondensator.

„Wenn das Gerüst geerdet wird, entsteht ein Kondensator, einer der einfachsten Bauelemente zur Speicherung elektrischer Energie“, erläutert Giapis. Überall dort, wo sich Hülle und Gerüst nahe kamen, verstärkten sich diese Ladungsunterschiede – als wäre der Zeppelin mit hunderten Kondensatoren bedeckt. „Nach meinen Berechnungen dauert es etwa vier Minuten, um einen Kondensator dieser Größe aufzuladen“, erklärt Giapis.

„Jeder dieser Kondensatoren ließ eigene Funken entstehen“

Der Forscher glaubt, dass dies erklärt, warum sich der ausgetretene Wasserstoff nicht sofort entzündete und warum die Funken nicht nur am Bug auftraten. „Jeder dieser Kondensatoren erzeugte eigene Funken. Ich denke, dass damals unzählige Funken über das gesamte Luftschiff verteilt auftraten, einige davon auch in der Nähe des Wasserstofflecks“, erklärt Giapis.

Das katastrophale Ende der „Hindenburg“ war somit eine Verkettung unglücklicher Wetterumstände und ein schwerwiegender Designfehler. Die Holzisolierung zwischen Hülle und Rahmen könnte genau das verursacht haben, was die Konstrukteure unbedingt verhindern wollten: die Bildung von Funken.

Hindenburg-Tragödie war der erste tödliche Zeppelin-Unfall

Das Ende der Hindenburg spielte sich vor den Augen der Weltbevölkerung ab, denn zahlreiche Journalisten waren zur Landung gekommen. 35 der 97 Personen an Bord und ein Mitglied der Bodenmannschaft kamen ums Leben. Es war das erste tödliche Unglück in der zivilen Luftfahrt mit Zeppelin-Luftschiffen nach dem Ersten Weltkrieg – und es bedeutete das Ende der Luftschifffahrt.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

  • Eckart Pasche

    Freier Fachjournalist. Themenschwerpunkte: Energie, Kerntechnik, Rohstoffe, Bergbau, Tunnelbau, Technikgeschichte

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