407 Mio. Jahre alter Pilz erzählt die Geschichte des Lebens an Land
Ein 407 Mio. Jahre altes Fossil zeigt: Pflanzen und Pilze lebten schon früh in Symbiose – ein Schlüssel zum Erfolg des Lebens an Land.
Die Urzeitpflanze Aglaophyton majus lebte in Symbiose mit einem neu entdeckten Pilz. Dieser gibt Aufschluss darüber, wie Pflanzen den Landgang schafften.
Foto: Victor O.Leshyk
Ein Fund aus Schottland liefert neue Hinweise darauf, wie Pflanzen einst den Sprung an Land schafften. Forschende haben in einem 407 Millionen Jahre alten Fossil einen Pilz entdeckt, der mit einer frühen Landpflanze in enger Verbindung stand. Die neu identifizierte Art trägt den Namen Rugososporomyces lavoisierae und lebte mit Aglaophyton majus in Symbiose – also in einer Partnerschaft, von der beide Seiten profitierten. Der Pilz versorgte die Pflanze mit Nährstoffen aus dem Boden, während er im Gegenzug Zucker erhielt.
Das Besondere daran: Es handelt sich um einen der ältesten bekannten Belege für diese Art der Kooperation, die als Mykorrhiza bezeichnet wird. Solche Lebensgemeinschaften spielen auch heute noch eine entscheidende Rolle für Pflanzenwachstum und Bodengesundheit.
Inhaltsverzeichnis
Wie Mykorrhiza funktioniert
Bei einer Mykorrhiza dringt der Pilz in das Wurzel- oder Sprossgewebe der Pflanze ein. Er bildet feine Verästelungen, sogenannte Arbuskel, über die er Mineralstoffe wie Phosphor oder Stickstoff liefert. Dafür bekommt er energiereiche Zucker aus der Photosynthese. Das Prinzip ist einfach: Austausch statt Ausbeutung.
In der neuen Studie konnten Forschende erstmals zeigen, dass solche Strukturen bereits im Devon, also vor über 400 Millionen Jahren, existierten. Die Beziehung war damit schon zu Beginn des Lebens an Land etabliert.
„Mykorrhizen sind in Fossilienfunden sehr selten und wurden bisher noch nie im Windyfield Chert gefunden“, erklärt Dr. Christine Strullu-Derrien vom Natural History Museum in London. „Das Vorhandensein der Arbuskel zeigt, dass der Pilz die Pflanze nicht parasitierte oder sich nach ihrem Tod von ihr ernährte – stattdessen bestand eine symbiotische Verbindung.“
Ein Blick in das Innere eines Fossils
Um die uralten Strukturen sichtbar zu machen, nutzte das Team eine Kombination moderner Mikroskopietechniken. Dabei kamen Konfokalmikroskopie, Fluoreszenzlebensdauer-Bildgebung (FLIM) und Raman-Spektroskopie zum Einsatz.
Diese Methoden erlauben es, fossile Pflanzen- und Pilzgewebe anhand ihrer chemischen Signaturen voneinander zu unterscheiden. Selbst nach Hunderten Millionen Jahren bleibt eine Art optischer Fingerabdruck erhalten. So konnten die Forschenden die feinen Pilzfäden von den Pflanzenzellen trennen und ihre dreidimensionale Struktur rekonstruieren.
„Durch die Kombination von konfokaler Fluoreszenzlebensdauer-Bildgebung mit Raman-Spektroskopie können wir alte mikroskopische Lebensformen mit bemerkenswerter Präzision chemisch identifizieren“, sagte Dr. Raymond Wightman, Leiter der Mikroskopie-Arbeiten in Cambridge. „Unsere neue Technik eröffnet einen spannenden neuen Blick auf die frühesten Kapitel des Lebens.“
Der Pilz mit der rauen Sporenwand
Rugososporomyces lavoisierae zeigt mehrere Merkmale, die ihn von anderen fossilen Pilzen unterscheiden. Seine Hyphen, das sind die fadenförmigen Zellstränge des Pilzes, verzweigen sich h-förmig, seine Sporen besitzen eine raue Wand und liegen in den äußeren Schichten des Pflanzengewebes. Arbuskel entstehen in den inneren Zellen, wo der eigentliche Nährstoffaustausch stattfindet.
Damit ist klar: Die Pflanze beherbergte gleichzeitig zwei verschiedene Pilzarten, ein Hinweis darauf, dass schon frühe Landpflanzen komplexe Symbiosen eingingen.
Der Lebensraum von damals
Das Fossil stammt aus der sogenannten Windyfield-Chert-Formation in Aberdeenshire. Dort lagerten sich in heißen Quellen feine Silikatschichten ab, die Pflanzen und Mikroorganismen konservierten. Die Bedingungen erinnerten an heutige Geysire oder Thermalgebiete. So blieben selbst empfindliche Zellstrukturen erhalten, eine Art natürliches Mikroskop der Erdgeschichte.
Dr. Paul Kenrick vom Natural History Museum beschreibt die Bedeutung des Fundes so:
„Es ist außergewöhnlich, so alte Hinweise auf eine symbiotische Beziehung zu finden. Es scheint, dass Symbiosen ein notwendiger Bestandteil der Anpassung der Pflanzen an das Leben an Land waren.“
Frühe Pflanzen wie Aglaophyton hatten noch keine Wurzeln, sondern einfache Sprosse, die im Boden verankert waren. Pilze halfen ihnen vermutlich, Mineralstoffe zu erschließen und Wasser zu speichern – Fähigkeiten, die ohne Symbiose kaum möglich gewesen wären.
Eine neue Methode für alte Fragen
Die Kombination aus bildgebender Mikroskopie und chemischer Analyse eröffnet neue Wege, Fossilien zu untersuchen. Forschende können künftig unterscheiden, ob eine Struktur von einem Pilz, einer Pflanze oder einem Tier stammt – selbst wenn kein organisches Material mehr vorhanden ist.
„Das ist erst der Anfang“, sagt Professor Schornack, der die Studie mitgeleitet hat. „Wir verfügen nun über ein leistungsfähiges Werkzeug, um Strukturen zu unterscheiden, die ähnlich aussehen, sich aber in ihrer feinen Ultrastruktur unterscheiden.“
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