Kryptografie 06.07.2022, 13:34 Uhr

Quantencomputer: Wie Bochumer Forschende ihm Paroli bieten

Verschlüsselungverfahren aus Bochum trotzen auch der Leistung künftiger Quantencomputer. In den USA werden sie jetzt zum Standard

Quantencomputer

Quatencomputer könnten viele derzeit verwendete Verschlüsselungsverfahren knacken. Forschende aus Bochum haben jetzt neue Verfahren entwickelt.

Foto: PantherMedia / Elnur_

Quantencomputer sind einerseits Hoffnungsträger der IT-Welt, erlauben sie doch komplexe Rechenverfahren wie Optimierungen in kürzester Zeit auszuführen. Aber Quantencomputer sind auch eine Bedrohung für viele derzeit angewandten Verschlüsselungsverfahren. Diese sind für „normale“ Computer zwar kaum zu knacken, aber für einen Quantencomputer wird das zum Kinderspiel.

Was macht den Quantencomputer so leistungsfähig?

Herkömmliche Computer rechnen mit bits, der kleinsten Informationseinheit, die entweder 0 oder 1 sein kann. Quantencomputer nutzen hingegen sogenannte qubits, die aufgrund quantenmechanischer Prinzipien jeden beliebigen Wert zwischen 0 und 1 gleichzeitig annehmen können. Aufgrund weiterer physikalischer Phänomene lässt sich mit diesen qubits hochgradig parallel rechnen und somit bestimmte Aufgaben wie das Knacken mancher Codes entsprechend schnell durchführen. Allerdings sind die qubits auch sehr empfindliche Gesellen und je nach Technologie nur bei sehr tiefen Temperaturen und für kurze Zeit stabil.

Warum dieser Quantencomputer eine große Hoffnung für Europa ist

Doch es ist aus Sicht der Kryptografen nur eine Frage der Zeit, bis sie eine reale Bedrohung darstellen können. Da aber eine sichere Kommunikation Grundlage für unsere vernetzte Welt ist, gilt es Abhilfe zu schaffen. Das amerikanische National Institute for Standards and Technology (NIST) hat auf diese potenzielle Gefahr frühzeitig reagiert und bereits 2016 einen Prozess zur Standardisierung kryptografischer Verfahren gestartet, die gegen Quantencomputer resistent sein sollen.

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Sichere Verschlüsselungsverfahren aus Bochum

Aus der ganzen Welt reichten Forschungsgruppen fast 70 Konzepte für quantensichere Verschlüsselungsverfahren ein. 15 davon schafften es ins Finale des Wettbewerbs, vier Einreichungen wurden nun final ausgewählt. Gleich drei dieser Verfahren wurden von Forschenden der Ruhr-Universität Bochum eingereicht. Dort ist der Exzellenzcluster „Cyber Security in the Age of Large-Scale Adversaries“, kurz CASA, angesiedelt.

Quantencomputer: Ein Quäntchen Realität

Standards, die von der NIST auf Basis dieser Arbeiten zertifiziert werden, kommen erfahrungsgemäß bei zahlreichen Unternehmen und Online-Diensten zum Einsatz, da sie den Ruf haben, besonders sicher zu sein. „Sie stellen einen besseren Schutz für die digitale Kommunikation dar – gerade weil Quantencomputer die bisherigen Verschlüsselungsmethoden und Signatursysteme aushebeln würden“, sagt Eike Kiltz, CASA-Sprecher und Forscher in den Verfahrens-Vorschlägen namens „CRYSTALS-KYBER“ und „CRYSTALS-DILITHIUM“. Neben ihm sind die CASA-Professorin Tanja Lange und ihre Kollegen Peter Schwabe sowie Daniel Bernstein an den jetzt ausgewählten Verfahren beteiligt. Kiltz ist überzeugt: „Der neue NIST-Standard wird sicherlich eines der einflussreichsten Dokumente in der IT-Sicherheit werden.“

Post-Quanten-Ktyptografie

Peter Schwabe (links) und Eike Kiltz gehören zu dem Forschungsteam, das kryptografische Verfahren entwickelte, die zukünftige Bedrohungen für die digitale Infrastruktur durch Quantencomputer abwehren können.

Foto: Michael Schwettmann

Dem Quantencomputer einen Schritt voraus

CASA-Forscher Schwabe erläutert: „Quantencomputer können die beiden mathematischen Operationen lösen, auf denen heutige asymmetrische kryptografische Methoden beruhen – die bisherige Sicherheitsinfrastruktur wird damit quasi wertlos.“ Er ist auch Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Sicherheit und Privatsphäre (MPI-SP). Für diese nächste Generation kryptografischer Algorithmen hat sich allgemein die Bezeichnung Post-Quanten-Kryptografie durchgesetzt.

CRYSTALS-KYBER ist eine Methode, die den sicheren Schlüsselaustausch über unsichere Kommunikationskanäle wie z.B. das Internet möglich macht. Die anderen in Bochum entwickelten Verfahren SPHINCS+ und CRYSTALS-DILITHIUM, stellen neuartige digitale Signaturen dar. Sie werden dort verwendet, wo es darum geht die Authentizität von Daten und Absendern zu garantieren. „Die entwickelten Verfahren zeigen, wie wichtig eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der Grundlagenforschung und einer anwendungsorientierten Forschung ist, damit auch zukünftig die Verschlüsselung unserer Daten nachhaltig sicher ist“, erläutert CASA-Forscher Kiltz.

Sicherheit auch für Europas Datenschätze

Die Forschenden in Bochum erwarten, dass das NIST mit seiner Entscheidung für die USA auch für Europas Datenschützer Standards setzen wird. „Die europäischen Behörden prüfen die vom NIST ausgewählten Verfahren zwar auch noch, schließen sich aber erfahrungsgemäß der Einschätzung ihrer US-Kollegen an, wenn sie keine Sicherheitslücken finden“, sagt Schwabe. Ein wichtiger Grund dafür sei der verschlüsselte Datenaustausch von US-amerikanischen und europäischen Diensten, der anderenfalls nicht mehr auf einer gemeinsamen sicheren Grundlage möglich wäre.

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Ein Beitrag von:

  • Jens D. Billerbeck

    Jens D. Billerbeck

    Leiter Content Management im VDI Verlag. Studierte Elektrotechnik in Duisburg und arbeitet seit seiner Schulzeit jounalistisch. Nach Volontariat und Studienabschluss Redakteur der VDI nachrichten u. a. für Mikroelektronik, Hard- und Software, digitale Medien und mehr.

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