Katastrophenwarnung 30.07.2021, 09:02 Uhr

Cell Broadcast: Das ändert sich jetzt im Katastrophen-Warnsystem

Die Flutkatastrophe hat viele Menschen überrascht. Kritik an dem Warnsystem reißt nicht ab. Cell Broadcast soll die Lösung sein. Wir erklären wie die SMS-Warnung technisch funktioniert und warum politische Entscheidungen den Einsatz bislang verhinderten.

Hand mit Smartphone

SMS-Warnung vor einer Katastrophe.

Foto: panthermedia.net/stockasso

Kritik an dem Warnsystem wurde nach der verheerenden Hochwasserkatastrophe vom 14. Juli laut. Die Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wurde nicht überall gleich gut gewarnt. NINA-App, Katwarn oder Sirene: Das Warnsystem griff nicht einheitlich. Die Folge: Viele Menschen ließen ihr Leben in der Flut oder haben ihr gesamtes Hab und Gut verloren. Circa zehn Millionen Nutzer verzeichnet die Warn-App Nina. Zu wenig, um flächendeckend Menschen vor einer Naturkatastrophe zu warnen. Früher sorgten Sirenen für eine breite Warnung der Bevölkerung, doch in den 1990er Jahren begann der Abbau. Eine Lösung soll nun das sogenannte Cell Broadcast (CB) sein. Wir liefern einen Überblick zum Einsatz der Mobilfunktechnologie.

Was ist ein Cell Broadcast?

Cell Broadcast ist ein Handy Warnsystem per SMS. Geht eine Nachricht ein, sendet das Smartphone einen schrillen Ton. Auf dem Display erscheint parallel eine Warnmeldung, die Gefahr oder Anlass beschreibt. Die versendete Information darf maximal 1.395 Zeichen lang sein. Links kann sie enthalten, aber keine Bilder oder Grafiken.

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Wie funktioniert Cell Broadcast?

CB funktioniert bei allen Standards von 2G bis 5G. Mobilfunknutzer werden über eine Funkzelle und nicht über die private Telefonnummer benachrichtigt. In wenigen Sekunden können so Millionen Menschen erreicht werden.

“Der Warnauslöser – dies wäre in Deutschland das Modulare Warnsystem, kurz MoWaS, des Bundes – sendet die Warnmeldung per Satellitenverbindung oder terrestrisch an ein sogenanntes Cell Broadcast Center (CBC). Dieses CBC ist der Koppel- bzw. Übergabepunkt zwischen dem Warnsystem und den Mobilfunknetzen”, erklärt Klaus-Peter Graf vom Institut für Nachrichtentechnik und Datenübertragungstechnik von der Universität der Bundeswehr München.

Die wichtigsten Aufgaben des CBS sind laut Graf:

  • die Umsetzung des geografischen Bereichs, auf den sich die empfangene MoWaS-Warnmeldung bezieht, das heißt die Auswahl und Festlegung der Funkelemente
  • die technische Umsetzung der vom MoWaS verwendeten Kommunikationsverfahren und -protokolle in die durch 3GPP standardisierten Kommunikationsverfahren und -protokolle der Mobilfunknetze, um den Cell Broadcast Dienst entsprechend dem technischen Standard 3GPP TS 23.041 in den Mobilfunknetzen zu erbringen

“Das CBC leitet die aus der MoWaS-Warnmeldung generierten CB-Nachrichten über die bestehenden Mobilfunknetze an die selektierten Funkelemente. Diese senden sie in ihrem Funkbereich aus (Broadcast). Die ausgestrahlten CB-Nachrichteen werden von allen eingeschalteten Mobilfunkendgeräten in diesen Funkzellen quasi gleichzeitig empfangen und dort als Warnmeldung signalisiert und deren Inhalt auf dem Bildschirm dargestellt. Dieser Aussendevorgang erfolgt – vom Eintreffen der MoWaS-Warnmeldung bis zum Empfang und Darstellung durch die Mobilfunkendgeräte – innerhalb weniger Sekunden oder schneller und wird gegebenenfalls in festgelegten Zeitabständen wiederholt”, erklärt Graf den Vorgang.

 

Klaus-Peter Graf

Prof. Dr.-Ing. Klaus-Peter Graf von der Universität der Bundeswehr München über Cell Broadcast.

Foto: privat

Welche Länder warnen per Cell Broadcast?

In Europa nutzen die Niederlande, Italien und Großbritannien Cell Broadcast. Weltweit warnen die USA, Russland und Kanada über die wirkungsvolle SMS-Warn-Technik. Deutschland gehört bislang nicht dazu. Wie kommt das?

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“Dies hat meines Erachtens mehr „politische“ als technische Gründe. Es ist davon auszugehen, dass die um das Jahr 2014 getroffene Entscheidung, den vorhandenen Mix an Warnmitteln im öffentlichen deutschen Warnsystem mit der NINA-Warn-App – als einem modernen, Mobilfunk-basierten Warnmittel zu ergänzen – in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt”, schätzt der Experte ein.

Wann kommt die SMS-Warnung in Deutschland?

CB könnte noch vor den Bundestagswahlen eingeführt werden. Bundesinnenminister Horst Seehofer stellt eine Prüfung in Aussicht – auch, wenn es Widerstände in der Regierung gibt. „Ich habe entschieden, dass wir es tun und machen, da gibt es überhaupt kein vernünftiges Argument dagegen.“

“Ein Cell Broadcast Center gibt es in keinem der bestehenden deutschen Mobilfunknetze; es müsste implementiert werden. Allerdings sind einige (wenige) kommerzielle CBC-Produkte auf dem Weltmarkt verfügbar”, weiß der Experte der Elektrotechnik Klaus-Peter Graf.

Die Warnung per SMS soll die bisherigen Warnsysteme in Deutschland ergänzen. Seehofer erklärt: „Die Warnung der Bevölkerung muss klappen, auf allen Kanälen. Wenn man nachts geweckt wird, muss man sofort wissen, was passiert ist und wie man sich verhalten soll.“

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Wie schnell die Umsetzung klappt ist noch unklar. Ab Mitte 2022 soll Cell Broadcast im Einsatz sein. Laut Experten könne die Umsetzung bis zu 18 Monate dauern.

“Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bis auf das Cell Broadcast Center alle für den Cell Broadcast Dienst erforderlichen Komponenten, Protokolle, Verfahren, etc. in den bestehenden deutschen Mobilfunknetzen vorhanden sind. Für die Einführung von Cell Broadcast sind keine größeren Veränderungen oder Ergänzungen an den bestehenden Netzkomponenten der deutschen Mobilfunknetze erforderlich. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Netzbetreiber die für Cell Broadcast erforderlichen Funktionen, Protokolle, etc. in diesen Netzkomponenten lizenzieren, das heißt gegen Kosten bei den Herstellern dieser Netzkomponenten aktivieren müssen, was mit Kosten verbunden ist”, fasst Klaus-Peter Graf aus München die Lage zusammen.

Behörden wie die Bundesnetzagentur und das Bundesministerium für Katastrophenhilfe und Bevölkerungsschutz müssen ebenfalls eingebunden werden und die Freigabe erteilen.

Grafik Funkmast Handy

Notfallalarm per Cell Broadcast.

Foto: panthermedia.net/risovalka2015.gmail.com

Cell Broadcast: Was sagt der Datenschutz?

Vor der Einführung der SMS-Warn-Technik gibt es rechtliche Fragen zu klären. „Die Bundesregierung prüft derzeit, ob und gegebenenfalls unter welchen rechtlichen Rahmenbedingungen eine verpflichtende Einführung der Cell Broadcasting-Technologie erfolgen kann“, heißt es aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Die Kosten werden zwischen 20 bis 40 Millionen Euro geschätzt.

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Auch Klaus-Peter Graf vom Institut für Nachrichtentechnik und Datenübertragungstechnik sieht “keine Datenschutz-relevanten Aspekte, die einer Einführung von Cell Broadcast als zusätzliches Mittel zur Warnung der Bevölkerung in Deutschland entgegenstehen würden”.

“Der Cell Broadcast Dienst ist per se ein unidirektionaler Punkt-an-alle-Verteildienst. Für den Cell Broadcast Dienst ist keine Registrierung erforderlich, in den Prozess der Meldungsübertragung und -verteilung sind keinerlei personenbezogene Daten involviert und es werden keine personenbezogene Daten übertragen. Die Empfänger der CB-Nachrichten bleiben vollständig anonym. Dies ist nur eines von vielen Merkmalen, warum der Cell Broadcast Dienst für die Warnung der Bevölkerung vor Gefahren oder Katastrophen überaus geeignet ist”, bewertet Graf.

Wer verschickt CB Nachrichten?

Cell Broadcast ist im Grunde ein Mobilfunkdienst, der Massennachrichten verschickt. Dazu werden die Mobilfunkgeräte angeschrieben, die sich in einem bestimmten Funkbereich befinden. Die CB Meldungen erfolgen von der entsprechenden Basisstation der Mobilfunkanbieter. Netzkapazität wird dabei in überschaubarem Maße gebraucht. Während eine klassische SMS immer nur an einen Empfänger gerichtet ist, werden beim CB die Smartphones zu einer Art Radioempfänger. Ein im Katastrophenfall überlastetes Netz kann dadurch geschont werden.

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Was ist, wenn am Wohnort kein Mobilfunkanbieter präsent ist?

Werden die Warnungen übers Internet umgeleitet ähnlich wie bei Wifi-Calling oder WLAN-Call? Wenn kein Mobilfunk verfügbar ist, kann auch keine CB-Nachricht empfangen werden. „In diesem Fall sind natürlich auch die Warn-Apps wie Nina keine Hilfe“, sagt Klaus-Peter Graf. Eine Um- beziehungsweise Weiterleitung über das Internet, WLAN, etc. wird es nicht geben. Dann hilft nur noch die gute alte Sirene, der Rundfunk und das TV – oder die Kommunikation von Nachbar zu Nachbar.

Was ist, wenn am Wohnort nur ein Mobilfunkanbieter präsent ist?

Wie läuft die Warnung, wenn an einem Wohnort nur ein Mobilfunkanbieter präsent ist? Wird dann der vorhandene Mobilfunkanbieter genutzt ähnlich wie bei dem Notrufwahlverfahren (110/112)?  Diese Frage wird aktuell technisch geprüft. Eine endgültige Entscheidung ist aber noch nicht gefallen. Ziel ist genau das, für Cell Broadcast in Deutschland zu ermöglichen.

Nina-Warn-App als Nachfolger von Cell Broadcast

Die SMS-Warn-Technik war lange Zeit unerwünscht. In den 2000er Jahren schaltete Deutschland diese Form des Warnsystems ab und schuf die Nina-Warn-App. 2016 wurde die App vom Bund gelauncht. Ein Jahr später wollte die EU Cell Broadcast verpflichtend einführen, doch Deutschland lehnte ab. Die Nina-App nutzen aktuell nur knapp zehn Millionen User.

Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft kritisiert, dass bislang kein CB-Warnsystem für den Katastrophenschutz eingesetzt wurde. Geschäftsführer Markus Jerger sagte: „Deutschland stellt sich damit ein Armutszeugnis aus.“

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Ein Beitrag von:

  • Sarah Janczura

    Sarah Janczura

    Sarah Janczura schreibt zu den Themen Technik, Forschung und Karriere. Nach einem Volontariat mit dem Schwerpunkt Social Media war sie als Online-Redakteurin in einer Digitalagentur unterwegs. Aktuell arbeitet sie als Referentin für Presse und Kommunikation beim VDI e.V.

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