Parken & Laden neu gedacht: E-Mobilität trifft auf Parkplatzphotovoltaik
Sven Endris, geschäftsführender Gesellschafter der Wi SOLAR GmbH, gibt spannende Einblicke in die Zukunft der Parkplatzphotovoltaik (PPV) und der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. Als Experte für Photovoltaiklösungen erklärt er im Interview, welche Chancen neue gesetzliche Vorgaben ab 2025 bieten und worauf es bei der Planung solcher Projekte ankommt.
Was ist das Ziel von „Wi park & charge“?
„Wi park & charge“ ist ein Ladeinfrastrukturkonzept für E-Fahrzeuge, mit dem man große Parkflächen effizient und nachhaltig mit Solarstrom versorgen kann. Zugleich wird die neue, von der Politik geforderte Parkplatz-Photovoltaik (PPV) rechtskonform umgesetzt: von der Baugenehmigung über die Errichtung und bei Bedarf bis zum Betrieb.
Wie kam es zur Idee zu diesem Konzept?
Für die Idee zu „Wi park & charge“ gab es zwei verschiedene Anstöße. Als Entwickler individueller PV-Lösungen für Gewerbe, Handel, Logistik und Industrie kamen Kunden auf uns zu, die ihre PV-Leistung steigern wollten, deren Dächer aber mit Solarmodulen bereits voll beleget waren. Für sie war die Idee, ihre Parkplätze zu überdachen und damit mehr Strom für die Produktion zu gewinnen, sehr interessant. Hinzu kommt, dass im Einzelhandel und im Logistikbereich der Bedarf an voll ausgestatteten E-Parkplätzen wächst. Andere Bereiche wie Krankenhäuser oder Freizeit- und Veranstaltungsstätten werden über die gesetzliche Verpflichtung zur PV-Überdachung in etlichen Bundesländern bald nachziehen.
Was war der zweite Anstoß?
Der war die rechtliche Seite, da die Politik seit 2022 auf einen starken Ausbau der Ladeinfrastruktur setzt. So soll ab 01.01.2025 gemäß GEIG (Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz) bei gewerblichen Neubauten jeder fünfte Parkplatz mit einem Ladepunkt ausgestattet werden, wenn die Stellplatzverordnung mehr als fünf Parkplätze am Gebäude vorgibt. Bei Büroimmobilien gilt dies für jeden zweiten Stellplatz. Von der Regelung betroffen sind auch Bestandsbauten, wenn mehr als 25 Prozent der Gebäudeoberfläche saniert wird. Nichtwohngebäude im Bestand mit mehr als 20 Parkplätzen benötigen außerdem bis 2027 einen Ladepunkt an jedem zehnten Stellplatz. Ganz grundsätzlich sollen nach den geplanten Änderungen des GEIG stets mindestens 50 Prozent Vorverkabelung eingebaut werden.
Und was hat es mit der so genannten Parkplatz-Photovoltaik auf sich?
Außerdem verlangen die jeweiligen Landesbauordnungen bzw. die Solar- und Klimaschutzgesetze der Bundesländer, dass Parkplätze mit Photovoltaik überdacht werden. Die Verpflichtung greift beim Neubau und bei Dachsanierungen gewerblicher Bestandsgebäude und richtet sich nach der Anzahl der gemäß Stellplatzverordnung zugewiesenen Parkplätze. In Rheinland-Pfalz, Hessen und Niedersachsen zum Beispiel gilt die gewerbliche PV-Pflicht ab 50 Stellplätzen, in Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen ab 35 sowie in Schleswig-Holstein ab 100 Stellplätzen.
Mit der Parkplatz-Photovoltaik hohe Nachhaltigkeitsstandards erfüllen
Welche Vorteile bietet die Kombination von Photovoltaik und Ladeinfrastruktur für gewerbliche Parkplätze?
Betreiber und Unternehmen erfüllen mit der Parkplatz-Photovoltaik hohe Nachhaltigkeits-standards, die zum Beispiel in ihren Compliance-Richtlinien definiert oder ab 2025 auch offiziell über die ESG-Kriterien (Environmental Social Governance) gefordert sind. Zugleich können Unternehmen profitieren, indem sie den günstig produzierten Strom für den Eigenbedarf, etwa für die Produktion oder den Betrieb der Gebäudetechnik, nutzen. Die Park- und Lade-Angebote für E-Fahrzeuge machen das Unternehmen auch für Mitarbeiter attraktiv. Von Parkhausbetreibern und Einkaufszentren wissen wir zum Beispiel, dass sie PV-Anlagen künftig verstärkt nutzen wollen, und das nicht nur, um damit die Betriebskosten zu senken, sondern auch um Kunden mit Parkservices anzulocken.
Welche gesetzlichen Vorgaben müssen die Unternehmen bei der Installation von PV-Anlagen auf Parkplätzen beachten?
Entscheidend ist, dass es für die bauliche Konstruktion eine Baugenehmigung braucht, die je nach Bundesland unterschiedliche Bauvorschriften enthält. Diese betreffen meist die Statik an sich, aber auch das öffentliche Stromnetz und die Netzkapazitäten vor Ort. Wie viel Strom darf in die Netze eingespeist werden oder wie wird eine Überproduktion reguliert? Diese Aspekte müssen unter anderem im Vorfeld geprüft werden.
Bodenverhältnisse am Standort berücksichtigen
Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Umsetzung solcher Projekte?
Das ist vor allem für den Kunden die objektbezogene, wirtschaftliche Planung. Dabei spielen die Bodenverhältnisse am Standort die größte Rolle, denn bekanntlich ist es ein großer Unterschied, ob man auf Torf, Lehm, Sand oder Fels baut. Somit können die Kosten für das Projekt sehr unterschiedlich ausfallen, sodass dies eventuell ein K.O.-Kriterium sein kann. Aber auch dann besteht die Möglichkeit, mit einer Speziallösung eine andere PV-Konstruktion zu entwickeln. Eine andere Herausforderung ist, dass ein Anbieter von Überdachungslösungen ein breites Know-how mitbringen muss, um das Projekt verlässlich umzusetzen: von Tiefbau und Erschließung der baulichen und technischen Anlagen über die Koordination der Bauabläufe bis zu Anlagenbetrieb und Energiemanagement. Ist dies nicht der Fall, kann es für den Auftraggeber mit den Gewährleistungen, den Schnittstellen der Gewerke und der wirtschaftlichen Umsetzung schwierig werden. Insofern macht es Sinn, einen Anbieter zu finden, der alles schlüsselfertig liefern kann.
Wie sieht die Zukunft der Parkplatz-Photovoltaik in Deutschland aus?
Besonderes durch die gesetzlichen Anforderungen im Baurecht der Bundesländer wird sie künftig standardmäßig zum Parkplatzbau dazugehören.
Welche Rolle spielt Ihr Unternehmen beim Ausbau der Ladeninfrastruktur für E-Mobilität?
Wir tragen mit unserem flexiblen Park-Modulsystem dazu bei, den Ausbau der Ladeinfrastruktur im gewerblichen Sektor voranzubringen und effizient umzusetzen – mit Lösungen, die für Eigentümer wie Betreiber so wirtschaftlich wie möglich sind. Das Parksystem muss die Vorgaben erfüllen, aber für die Auftraggeber muss sich das Modell ebenfalls lohnen.
Hohe Flächeneffizienz und die exakte Ausrichtung der Solarmodule zusammenbringen
Was sind die wichtigsten technischen Aspekte, die bei der Installation von PV-Überdachungen beachtet werden müssen?
Das ist zum einen auf der PV-Seite die optimale Ausrichtung der baulichen Konstruktion am Standort und an den Himmelrichtungen, denn die Dachflächen mit den Solarmodulen müssen den maximalen Wirkungsgrad erzielen. In der Planung sind also hohe Flächeneffizienz und die exakte Ausrichtung der Solarmodule zusammenzubringen. Eventuell muss man die Parkplatzreihen drehen oder die Umfahrung bei Bestandsparkplätzen ändern. Ein weiterer Aspekt ist die Gründung: Wählt man hier aufgesetzte Fundamente oder eine Tiefengründung mit Ortbetonfundament bzw. Pfahlgründung? Letztere ist hier am ökonomischsten, da bei den oberirdischen Fundamenten in der Regel Parkplätze verloren gehen.
Gibt es bereits Förderungen oder finanzielle Unterstützung für Unternehmen, die in solche Systeme investieren möchten?
Bisher gibt es zwar die gesetzlichen Vorgaben, aber noch keine offiziellen oder längerfristig wirksamen Förderungen für den gewerblichen Infrastrukturausbau. Auftraggeber profitieren deshalb zurzeit vorrangig von der Kunden- und Mitarbeiterbindung und den geringen Stromkosten beim Eigenverbrauch. Oder sie generieren Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung.
Wie wirkt sich die Nutzung von PV-Anlagen auf die Wirtschaftlichkeit von E-Ladesäulen aus?
Die technischen Anlagen amortisieren sich, wenn sie gut durchkonzipiert und -kalkuliert sind, vollständig, indem sie günstigen Strom bereitstellen. Das gilt auch, wenn die Ladesäulen nicht zu 100 Prozent mit Solarenergie, sondern aus einem Energiemix gespeist werden. Hinzu kommt: PV-Anlagen können inzwischen über 30 Jahre effizient laufen und somit den Strom aus den Ladesäulen über eine sehr lange Zeit vergünstigen.
Über die Zeit sehr viel CO2 sparen
Welche langfristigen Vorteile erwarten Sie noch für Unternehmen, die in solche nachhaltigen Parksysteme investieren?
Die zur PV-Anlage gehörende Baukonstruktion hat eine sehr lange Lebensdauer, auch im Verhältnis zu den technischen Anlagen, die nach den ca. 30 Jahren im Rahmen eines ‚Repowerings‘ erneuert werden. Die Überdachungskonstruktion wird dann weiterhin Bestand haben und den Wert der Immobilie am Standort steigern. Zudem spart man über die Zeit sehr viel CO2 ein und erfüllt damit die gesetzlichen Anforderungen.
Können Sie ein Beispiel für ein erfolgreiches Projekt nennen, das Sie mit „Wi park & charge“ realisiert haben?
Ein Industriekunde von uns hat seine PV-Flächen ausgebaut, um mehr Solarstrom für die Produktion nutzen zu können und die Betriebskosten zu senken. Dafür hat er 150 Parkplätze mit von uns entwickelten solaren Parkmodulen überdacht. Es handelt sich um einen Prototyp von „Wi park & charge“.
Was sind die wichtigsten Trends im Bereich Ladeinfrastruktur und Photovoltaik, die Sie in den nächsten Jahren sehen?
Die Trends lassen sich am derzeitigen Ausbau der Ladeinfrastruktur durch die Politik und an den neuen Technologien ablesen. Schon jetzt werden große Programme vorangetrieben, die vor allem den flächendeckenden Ausbau der Schnellladesäulen betreffen. Laut Bundesregierung soll eine Million öffentlicher Ladepunkte bis 2030 entstehen. Zugleich wird das Stromnetz für die erneuerbare Energieproduktion weiter ausgebaut. Der Masterplan Ladeinfrastruktur II der Bundesregierung umfasst 68 entsprechende Maßnahmen. Auf der anderen Seite steht die technische Weiterentwicklung: Die Ladesäulen-Produkte bieten immer kürze-re Ladezeiten. Auch die Umwandlungsfähigkeit und Kapazität der PV-Module verbessert sich stetig.
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