Energieeffizienz 19.05.2023, 09:46 Uhr

Dämmen: Lohnt sich das wirklich?

Die Pläne der Regierung für klimafreundlichere Heizungen haben bereits zu erheblicher Besorgnis geführt. Jetzt zeigt sich Bauministerin Geywitz skeptisch und stellt Fragen zur Wirksamkeit der Dämmung. Ist das Dämmen wirklich sinnvoll?

Hauswand-Fassadendämmung

Bedeutende Debatte: Ist die Dämmung wirklich effektiv?

Foto: PantherMedia / thefutureis

Durch eine effektive Wärmedämmung, also das Dämmen des Hauses, kann man viel Heizenergie sparen – in Zeiten hoher Kosten kann dies äußerst hilfreich sein und in den meisten Fällen ist es finanziell lohnenswert. Schließlich bieten Wärmedämmungen an Wänden, Dach oder Kellerdecken viele Vorteile, insbesondere bei kaltem Wetter.

Zum einen entweicht weniger Wärme aus den Räumen, wodurch weniger geheizt werden muss. Das bedeutet, dass teure Energie eingespart werden kann. Zum anderen sind auch die Oberflächen der Wände, Böden oder Decken wärmer, was die Behaglichkeit im Raum erhöht. In der Nähe von kalten Oberflächen wird oft eine niedrigere gefühlte Temperatur wahrgenommen als die tatsächliche Lufttemperatur. Zudem wird das Schimmelrisiko erheblich reduziert und das Gebäude vor Witterungsschäden geschützt.

Strengere Dämmvorschriften – teureres Bauen?

Doch ist es wirklich die beste Lösung für den Klimaschutz, das Haus dick einzupacken, um die Wärme zu halten? Bauministerin Klara Geywitz hat ihre Zweifel daran. In den letzten Tagen wies sie darauf hin, dass immer strengere Dämmvorschriften das Bauen enorm verteuert hätten. Es gibt Bedenken, ob die zusätzlichen Kosten für die Dämmung im Verhältnis zur eingesparten Energie sinnvoll sind. Darüber hinaus entstehen bei der Produktion der Dämmstoffe auch Treibhausgase. „Am Anfang ist das noch sehr sinnvoll, weil das, was ich dämme, spare ich ein, durch das, was ich dann an Nebenkosten nicht habe. Aber spätestens ab EH55 (ein Bedarf von 55 Prozent der Energie eines Vergleichsneubaus – Anm. der Red) haben sehr viele Fragezeichen, ob das Geld, was man zusätzlich in Dämmung steckt, in einem sinnvollen Verhältnis steht zur eingesparten Energie“, zitiert die dpa ihre Worte.

Diese Äußerungen könnten Grund für eine weitere hitzige Debatte um Heizungsfragen entfalten. Immerhin sind schärfere Anforderungen für energieeffiziente Gebäude im Koalitionsvertrag festgelegt. Auf EU-Ebene werden ebenfalls ambitionierte Ziele diskutiert. Für Hausbesitzer wird die Situation dadurch nicht unbedingt klarer.

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Bei diesen Zweifeln ist die Ministerin nicht alleine. „Was Klara Geywitz jetzt ausspricht, ist seit langem meine Haltung“, sagte Nicole Razavi (CDU), Vorsitzende der Bauministerkonferenz dazu. „Wir müssen es schaffen, Bezahlbarkeit und Klimaschutz beim Wohnungsbau zusammenzubringen.“ NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) hob hervor, man müsse „vermehrt Lösungen für Wohnviertel in den Blick nehmen (…) und sich nicht nur auf einzelne Häuser verengen“, zitiert die dpa die gleichen Ansichten.

Sinnvolles Dämmen nutzt dem Geldbeutel

Doch nicht alle teilen diese Meinung. So ist Christian Handwerk, Referent für energetisches Bauen bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sicher: „Sinnvolles Dämmen nutzt auch dem Geldbeutel.“ Um das Energieeffizienzniveau EH55 zu erreichen, wäre beispielsweise für ein älteres Haus eine Fassadendämmung von 16 bis 18 Zentimetern erforderlich. Bei einem Energiepreis von 14 Cent pro Kilowattstunde würde sich diese Investition innerhalb von zwölf Jahren amortisieren. Die Lebensdauer der Dämmung beträgt jedoch möglicherweise bis zu 40 Jahre. Wenn man diesen Zeitraum betrachtet, könnte sich sogar eine noch dickere Dämmung rentieren, wie das Handwerk argumentiert.

Darüber hinaus erhält eine umfassende Dämmung den Wert der Immobilie, da ungedämmte Gebäude in Zukunft schwerer zu verkaufen sein werden. Laut Handwerk spart die Dämmung deutlich mehr Emissionen ein, als für ihre Produktion verursacht werden – und zwar im Verhältnis von 15 bis 20. Dies wird auch durch ein Gutachten des Forschungsinstituts für Wärmeschutz bestätigt.

Das Dämmen bleibt weiterhin wichtig, selbst wenn erneuerbare Energien zur Beheizung verwendet werden, da auch sie nur begrenzt verfügbar sind. Laut einer Studie der Agora Energiewende muss der Wärmebedarf in Gebäuden um 39 Prozent reduziert werden, um die Gesamtbilanz für ein klimaneutrales Deutschland zu erreichen.

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Beispiel: Berechnung für eine Wand: 36,5 cm aus Hochlochziegel (1800 kg/m³)
Dämmstoff: Hartschaum, XPS 035. Grafik: ingenieur.de

Allerdings muss man dabei beachten, dass mit zunehmender Dicke des Dämmstoffs, mit dem ein Bauteil isoliert wird, die Verbesserungen des Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) nicht mehr so deutlich werden, wie zu Beginn bei geringeren Dämmstoffdicken. Anders ausgedrückt, erreicht man ab einer bestimmten Dämmstoffdicke einen Punkt, an dem zusätzliche Dämmung nur noch geringe Auswirkungen auf den U-Wert hat.
Dieses Phänomen wird häufig als „abnehmender Grenznutzen“ bezeichnet. Es bedeutet, dass die ersten Schichten der Dämmung den größten Effekt haben, da sie den Großteil der Wärmeübertragung reduzieren. Wenn jedoch immer mehr Dämmstoff hinzugefügt wird, nimmt der zusätzliche Nutzen ab, da bereits ein Großteil der Wärmeübertragung blockiert wird.

Welche Dämmstoffe gibt es?

Die eingesetzten Materialien zur Hausdämmung können in drei Hauptgruppen unterteilt werden: Dämmstoffe aus fossilen Rohstoffen, mineralische Dämmstoffe und Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen.

  • Zu den fossilen Materialien gehört der häufig verwendete Polystyrol-Hartschaum, der in Form von EPS (expandiertes Polystyrol) erhältlich ist. Ein ähnliches Material, das aus dem gleichen Ausgangsstoff hergestellt wird, ist XPS (extrudiertes Polystyrol). Ein weiteres gängiges Material ist der Polyisocyanurat-Hartschaum, auch als PIR abgekürzt.
  • Mineralische Materialien bestehen aus anorganischen Stoffen. Dazu gehören Mineralwollen wie Steinwolle und Glaswolle, Mineralschäume wie Schaumglas sowie geblähte Perlite.
  • Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen umfassen beispielsweise Holzfasern, Hanf und Zelluloseflocken.

Diese Materialien können entweder in Form von festen Platten oder flexiblen Matten verwendet und an den entsprechenden Flächen angebracht werden. Einige von ihnen sind auch als Flocken oder Granulat für die Kerndämmung erhältlich. Darüber hinaus können Hohlräume durch Ausfüllen mit Schaumstoffen gefüllt werden. Für die Innendämmung von Wänden eignen sich beispielsweise Mineralschaumplatten aus Kalziumsilikat besonders gut.

 

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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