Demonstrationsanlage 14.11.2024, 14:00 Uhr

Energieeffizienz bei Bitburger: Wie der Wärmespeicher das Kesselhaus entlastet

Im Projekt ISSDEMO wird bei der Bitburger Braugruppe ein Hochtemperatur-Wärmespeicher auf Basis einer speziellen Metalllegierung getestet, der Prozessdampf aus erneuerbaren Energien effizient bereitstellen soll.

Wärmespeicher

Forschende von Fraunhofer UMSICHT mit einem Latentwärmespeicher aus Metalllegierung, dessen Demonstrationsanlage bei der Bitburger Brauerei installiert wird.

Foto: Fraunhofer UMSICHT

Der Hochtemperatur-Wärmespeicher  soll in der Industrie helfen, Prozessdampf aus erneuerbaren Energien bereitzustellen. Eine Testanlage wird bei der Bitburger Braugruppe aufgebaut. Das Projekt wird durch den Clean Energy Transition Partnership Joint Call 2022 gefördert und von der EU mitfinanziert. ISSDEMO steht für „Industrial process Steam Supply – DEMOnstration of an ultradynamic thermal energy storage“.

Für das Projekt wird ein neuer Hochtemperatur-Latentwärmespeicher entwickelt, der auf einem Phasenwechselmaterial (PCM) basiert. In diesem Fall handelt es sich um eine spezielle Metalllegierung, die zwischen festem und flüssigem Zustand wechselt. Der Speicher kann Wärme zwischen 250°C und 500°C liefern und damit Dampf erzeugen.

Der Speicher soll flexibel und schnell auf den Bedarf reagieren, um Prozessdampf effizient zu erzeugen. Im Projekt wird er auf eine Kapazität von 1 MWh erweitert.

Hochtemperatur-Wärmespeicher für die Dekarbonisierung der Brauerei

„Das Thema Energiespeicherung ist bei uns in der Bitburger Brauerei nicht neu. Seit vielen Jahren betreiben wir erfolgreich Dampf- und Warmwasserspeicher. Ebenso nehmen wir am Regelenergiemarkt teil, was wir weiter intensivieren wollen. Dafür soll der phasenweise zu erwartende Überschussstrom aus den eigenen regenerativen Energien oder dem Netz im geplanten Latent-Wärmespeicher gepuffert und bei Bedarf als Prozessdampf abgegeben werden“, erklärt Christian Prechtl, leitender Projektingenieur Anlagenplanung bei der Bitburger Braugruppe in einer Pressemitteilung. „Die Batch-Fahrweise im Braubetrieb führt zu teilweisen Spitzen im Dampfverbrauch, die durch einen schnell reagierenden Latent-Wärmespeicher neben dem vorhandenen Dampfspeicher geglättet werden können. Damit entlasten wir vor allem unser Kesselhaus. Für uns ist der Hochtemperatur-Wärmespeicher daher ein weiterer innovativer Ansatz zur Dekarbonisierung der Brauerei“.

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Im Projektbetrieb sollen zunächst 300 Lade- und Entladezyklen sowie 1.000 Betriebsstunden durchgeführt werden. Felix Kugler, Gruppenleiter für thermische Speicher und Prozesswärme bei Fraunhofer UMSICHT, erklärte, dass mit den Erfahrungen aus dem Projekt der Speicher zusammen mit einem Anlagenhersteller zur Marktreife gebracht werden solle. Er ging davon aus, dass in einer industrialisierten Version nahezu unbegrenzte Lade- und Entladezyklen sowie sehr lange Betriebszeiten möglich seien.

Prinzip der Phasenumwandlung

Die Forschenden bei Fraunhofer nutzen bei der Entwicklung des Latent-Wärmespeichers das Prinzip der Phasenumwandlung. Wenn Materialien ihren Aggregatszustand ändern, etwa von fest zu flüssig, können sie dabei große Energiemengen als Wärme speichern. Während die Phasenumwandlung noch nicht abgeschlossen ist, steigt die Temperatur des Materials trotz Wärmezufuhr nicht weiter, und die zugeführte Wärme bleibt „verborgen“ (lat. „latere“ = „verborgen sein“). Dadurch kann der Latent-Wärmespeicher eine höhere Energiedichte erreichen als herkömmliche Hochtemperatur-Wärmespeicher, die feste Materialien wie Beton oder Schotter nutzen und ihre Temperatur ändern müssen, um Wärme zu speichern.

Hochtemperatur-Wärmespeicher in der Industrie

Hochtemperatur-Wärmespeicher bieten in der Industrie mehrere Vorteile. Sie ermöglichen die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Quellen zur Erzeugung von Prozessdampf, wodurch fossile Brennstoffe ersetzt und CO2-Emissionen deutlich reduziert werden können. Der Speicher reagiert schnell auf wechselnde Anforderungen und sorgt somit für eine stabile Versorgung mit Prozessdampf. Zudem kann die bestehende Prozessdampf-Infrastruktur weiterhin genutzt werden, was eine kosteneffiziente und schnelle Umsetzung ermöglicht. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Speicher netzdienlich geladen werden kann, wodurch er zur Stabilisierung des Stromnetzes beiträgt.

Ein anderes Konzept verfolgt ein Forschungsteam am Karlsruher Institut für Technologie: Sie setzen auf die Kombination von grünem Strom und extrem leitfähigem Flüssigmetall zur Entwicklung eines  Wärmespeichers.

Nach der Demonstration in der Getränkeindustrie soll die Technologie auf andere Industrien wie Chemie, Zellstoff & Papier oder Lebensmittel ausgeweitet und skaliert werden. Anwendungsszenarien für diese Branchen werden bereits im Projekt entwickelt. Durch Lizenzpartner ist ein europaweiter Roll-out geplant.

Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit fünf Partnern durchgeführt. Die Gesamtkoordination übernimmt das Fraunhofer Institut UMSICHT. Weitere Partner sind die Silesian University of Technology, die für CFD-Simulationen und techno-ökonomische Analysen zuständig ist, die Universidad de Lleida, die Materialanalysen und eine umfassende ökologische Bewertung durchführt, sowie die Unternehmen Build to Zero (B2Z) und PROEN Gliwice, die bei der Fertigung und Integration des Speichersystems sowie bei HAZOP-Analysen unterstützen.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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