Grüner Zement 04.01.2024, 10:44 Uhr

Wie Elektrolyse die Zementproduktion umweltfreundlicher machen soll

Zement ist einer der Klimakiller überhaupt, überall auf der Welt wird daher geforscht, wie die Herstellung klimafreundlicher werden kann. Eine interessante Methode wurde vom MIT entwickelt, sie soll nun in den Industriemaßstab überführt werden.

Betonbrücke

Beton ist eines der wichtigsten Baumaterialien, die Herstellung von Zement ist jedoch ziemlich umweltschädlich.

Foto: panthermedia.net/jamesgroup

Zement ist ein wesentlicher Bestandteil moderner Infrastruktur, er findet sich in Straßen, Gebäuden, Dämmen und Kellerböden. Allerdings birgt dieses graue Material eine erhebliche Klimabedrohung: Die Zementproduktion ist für über 7 % der globalen CO2-Emissionen verantwortlich, mehr als ganze Branchen wie Luftfahrt, Schifffahrt oder Mülldeponien. Ein Spin-off des Massachusetts Institute of Technology (MIT) strebt nun an, die Zementherstellung umweltfreundlicher zu gestalten. Ihr Ansatz nutzt Elektrizität, ähnlich der Wasserstoffgewinnung durch Elektrolyse von Wasser. Wie schauen aber auch nach Deutschland und hier auf Heidelberg Materials, wie das Unternehmen in Zukunft grünen Zement herstellen will.

Zement – Baustoff mit langer Tradition

Zement wird seit Tausenden von Jahren in verschiedenen Formen produziert. Die alten Römer nutzten vulkanische Asche, Kalk und Meerwasser, um Aquädukte und Kuppelbauten wie das Pantheon zu bauen. Die moderne Variante des hydraulischen Zements, der bei Kontakt mit Wasser aushärtet, entstand im frühen 19. Jahrhundert. Er wird aus weit verbreiteten, kostengünstigen Materialien gefertigt und ist einfach in der Verarbeitung. Heute, mit einer Jahresproduktion von rund 4 Milliarden Tonnen, ist Zement einer der meistgenutzten Baustoffe weltweit.

Die industrielle Zementproduktion birgt jedoch erhebliche Klimaprobleme. Sie ist extrem energieintensiv: Das Innere eines Zementofens übertrifft die Temperatur von fließender Lava. Rund 1500 Grad Celsius herrschen im Ofen. Um diese Hitze zu erzeugen, wird häufig Kohle oder Gas verbrannt. Zudem entweichen bei den chemischen Prozessen zur Zementherstellung große Mengen Kohlendioxid, dem Haupttreibhausgas in unserer Atmosphäre.

Was im Endeffekt dafür sorgt, dass Zement einer der größten Klimakiller überhaupt ist. Damit sich das ändert, braucht es Alternativen. Hier kommt das US-amerikanische Unternehmen Sublime ins Spiel, das solch eine Alternative entwickelt hat. Aber auch in Europa tut sich was, wir schauen daher im zweiten Teil dieses Beitrags, wie Heidelberg Materials das Problem in den Griff bekommen will.

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Alternative zu herkömmlichen Zementherstellung

Sublime Systems, gegründet von zwei MIT-Batteriewissenschaftlern, könnte eine klimafreundlichere Alternative zur herkömmlichen Zementproduktion bieten. Ihr innovativer Ansatz nutzt Elektrolyseure, um Gestein in einer wässrigen Lösung durch elektrischen Strom chemisch zu verändern. Normalerweise wird diese Methode dafür genutzt, um aus Wasser grünen Wasserstoff herzustellen.

Der große Vorteil dieser Methode: Sie vermeidet das Erhitzen des für die Zementherstellung nötigen Gesteins in extrem hohen Temperaturen und könnte so die Hauptkomponenten von Zement umweltfreundlicher erzeugen. Wie bereits geschrieben, werden Elektrolyseure in der Regel für die Wasserstoffherstellung genutzt. Mit ihnen sind aber auch andere chemische Reaktionen möglich. So lassen sich zum Beispiel Säuren und Basen erzeugen, die der Schlüssel für das neue Verfahren der Zementherstellung sind.

Vom Laborversuch zum Industriemaßstab

In den vergangenen Jahren hat sich das Unternehmen Sublime Schritt für Schritt weiterentwickelt: Es ging von der Produktion kleiner Zementchargen, die in eine Handfläche passen, zu einer Pilotanlage über, die jährlich etwa 100 Tonnen Zement produzieren kann. Obwohl diese Menge im Vergleich zu den großen, traditionellen Zementwerken, die jährlich über eine Million Tonnen herstellen können, noch klein erscheint, markiert die Pilotanlage einen wichtigen ersten Schritt. Sie demonstriert, dass die elektrochemische Methode von Sublime potenziell in der Lage ist, einen der wichtigsten Baustoffe weltweit zu erzeugen.

Bis zum Ende dieses Jahrzehnts plant Sublime, eine voll funktionsfähige Produktionsanlage zu errichten, die bis zu eine Million Tonnen Zement pro Jahr produzieren kann. Dieser Schritt ist allerdings auch mit hohen Kosten verbunden. Zum Vergleich: Große, herkömmliche Zementwerke können Bau- und Ausstattungskosten von über einer Milliarde Euro verursachen. Um erfolgreich mit etablierten Unternehmen der Branche konkurrieren zu können, muss Sublime rasch expandieren und gleichzeitig ausreichend finanzielle Mittel beschaffen, um dieses Wachstum zu unterstützen.

Auch in Deutschland soll grüner Zement hergestellt werden

Heidelberg Materials unternimmt mit seinem neuen Projekt GeZero ebenfalls einen Schritt zur Dekarbonisierung der Zementproduktion, und zwar erst einmal im Werk Geseke in Nordrhein-Westfalen. Dabei setzt das Unternehmen auf einen anderen Ansatz als Sublime. Geplant ist, dass nach Fertigstellung des Werks im Jahr 2029 jährlich etwa 700.000 Tonnen CO2 abgeschieden und über Pipelines abgeleitet werden.

Das GeZero-Projekt beinhaltet nicht nur eine CO2-Abscheideanlage, sondern auch einen innovativen Oxyfuel-Ofen der zweiten Generation, kombiniert mit einer Anlage zur Reinigung und Verflüssigung von CO2. Zusätzlich sind eine Bahnverladeeinrichtung und ein Zwischenspeicher geplant. Der gesamte Strombedarf des Werks wird ausschließlich durch erneuerbare Energien gedeckt, wobei eine neu errichtete Fotovoltaikanlage auf dem Gelände einen Teil des Bedarfs decken wird.

Für die dauerhafte Lagerung des abgeschiedenen CO2 ist der Projektpartner Wintershall Dea verantwortlich. Das CO2 wird nach der Abscheidung zum Verteilungszentrum von Wintershall Dea in Wilhelmshaven transportiert und von dort aus mittels Schiff oder Pipeline zu Offshore-Lagerstätten in der Nordsee weitergeleitet. Darüber hinaus wird das GeZero-Projekt als regionaler Knotenpunkt für kleinere CO2– Emittenten dienen, indem es ihnen Zugang zu Infrastruktur für Zwischenspeicherung und Bahnverladung bietet, um so zusätzliche Synergieeffekte zu erzielen.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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