Ökologischer Modulbau 30.08.2023, 08:58 Uhr

Erstes Gebäude aus zementfreiem Beton gedruckt

Es ist noch nicht lange her, da wurde in Bockum das erste Haus im 3D-Druckverfahren gebaut. Gleiches Planungsbüro, gleicher Ort: Erstmals wurde ein Gebäude gedruckt, das komplett ohne klimaschädlichen Zement auskommt. Der zementfreie 3D-Druckmörtel spart rund 70 Prozent CO2-Emissionen ein.

zementfreier 3D-Druck

Dieses in 3D-Druck gebaute Tiny-House kommt ohne Zement aus.

Foto: Mense-Korte

Der 3D-Druck stellt eine der fortschrittlichsten Technologien im modernen Bauwesen dar. Er ermöglicht nicht nur die Herstellung individueller Formen und Bauteile aus Beton, die mit herkömmlichen Schalungstechniken nicht realisierbar wären, sondern steigert auch die Effizienz der Fertigungsprozesse. Darüber hinaus treibt der 3D-Druck die Digitalisierung in der Bauindustrie voran. Ein aktuelles Beispiel für den erfolgreichen Einsatz dieser Technologie ist der Bau eines 3D-gedruckten Tiny Houses in Nordrhein-Westfalen, bei dem besonderer Wert auf die Verwendung nachhaltiger Baustoffe gelegt wurde. Realisiert wurde das Modulbaugebäude vom Planungsbüro Mense-Korte, gemeinsam mit der auf 3D-gedruckte Fertigteile spezialisierte Röser GmbH und dem internationalen Entwickler und Hersteller bauchemischer Produkte MC-Bauchemie.

Tiny House für Beckumer Biker

Das Tiny House auf dem Gelände einer Bikerbahn in Beckum ist nicht nur funktional, sondern auch ästhetisch ansprechend. Mit einem großzügigen Lagerraum und einem überdachten, offenen Eingangsbereich bietet das kompakte Gebäude den Kindern und Jugendlichen der Gemeinde ausreichend Platz, um Werkzeuge und Geräte für die Sportanlage zu lagern.

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Architektonisch besticht das Tiny House durch seine einzigartige ellipsenförmige Fassade, die sich elegant nach außen wölbt und nahtlos in die vertikale Struktur der inneren Hülle übergeht. Dieses außergewöhnliche Design konnte nur durch den Einsatz von 3D-Drucktechnologien realisiert werden. Anders als das erste im 3D-Druck erstellte Haus in Deutschland, wurde das Tiny-House jedoch nicht vor Ort betoniert, sondern aus Fertigteilen zusammengesetzt.

Druck des Tiny-Houses

Druck des Tiny Houses: Die Technik bei der Röser GmbH stammt von Technologieführern aus dem Betonbau – der 3D-Drucker ist eine Kooperation von COBOD und PERI.

Foto: Röser IV GmbH

Planung des Minihauses

Bevor mit dem 3D-Druck des Tiny House begonnen werden konnte, entwickelten die Architekten das Design mithilfe spezieller Modellierungssoftware. Darüber hinaus führte das Team zahlreiche Materialtests durch, um die optimale Zusammensetzung für die spezifischen Anforderungen des Projekts zu ermitteln. Nach Fertigstellung des Entwurfs wurde dieser in die so genannte Slicer-Software des 3D-Druckers importiert.

Die Firma Röser produzierte dann in seinem 3D-Druckzentrum in Laupheim die einzelnen Segmente des Tiny Houses. Für den Transport der gedruckten Bauteile über eine Entfernung von mehr als 500 Kilometern zum Standort in Beckum wurde ein geschlossener Innenlader eingesetzt. Aufgrund der besonderen Größe und Form der Betonsegmente war dies eine echte logistische Herausforderung.

„Auf den ersten Blick widerspricht der lange Transportweg der angestrebten CO2-Reduzierung, allerdings wollten wir gleich bei der Premiere die Fertigteile bewusst diesem Stresstest unterziehen“, so Dennis Bräunche, Technischer Außendienst bei Röser.

Der Transport der Einzelsegmente erfolgte mit einem geschlossenen Innenbordlader zum Einsatzort in Beckum

Der Transport der Einzelsegmente erfolgte mit einem geschlossenen Innenbordlader zum Einsatzort in Beckum.

Foto: Mense-Korte

Zusammenbau auf der Baustelle

Auf der Baustelle erwies sich die Montage des Tiny House als äußerst effizient. Die vorgefertigten Bauelemente wurden einfach auf eine Betonplatte gestellt und mit speziellen Ankern miteinander verbunden. So konnte das Tiny House innerhalb weniger Stunden an den neuen Besitzer übergeben werden.

Die Bodenplatte stammte ebenfalls aus der Produktion der Firma Röser, wurde aber konventionell hergestellt. Um die Montage noch effizienter zu gestalten, integrierten die Betonspezialisten spezielle Kammern in die 3D-gedruckten Bauteile. Diese wurden dann mit den Verstärkungselementen in der Bodenplatte verbunden. Durch diese intelligenten Konstruktionslösungen konnten die Rohbauarbeiten vor Ort auf ein Minimum reduziert werden.

Auf der Baustelle mussten die Fertigteile nur noch auf die Betonfertigteilplatte gestellt und mit Ankern untereinander verbunden werden

Auf der Baustelle mussten die Fertigteile nur noch auf die Betonfertigteilplatte gestellt und mit Ankern untereinander verbunden werden.

Foto: Mense-Korte

Spezieller Beton für ein spezielles Haus

Die MC-Bauchemie hat durch ihre jahrelange Forschung in den Bereichen 3D-Druck und nachhaltiges Bauen ideale Voraussetzungen für das Beckumer Projekt geschaffen. Erklärtes Ziel der Projektbeteiligten war es, ein Material zu entwickeln, das sowohl die erforderlichen statischen Eigenschaften als auch ein für den 3D-Druck geeignetes Verarbeitungsverhalten aufweist und gleichzeitig den CO₂-Ausstoß deutlich reduziert.

Um die hohen Anforderungen an einen qualitativ hochwertigen 3D-Druck zu erfüllen, muss das verwendete Material thixotrope Eigenschaften aufweisen. Dies bedeutet, dass das Material formbar und pumpfähig bleibt, solange Energie zugeführt wird, während es ohne Energiezufuhr stabil und fest bleibt.

Hüttensand und Flugasche ersetzen den Zement

Für das Projekt wurde der spezielle 3D-Trockenmörtel MC-PowerPrint GeCO₂ verwendet. Dieses Material zeichnet sich durch eine hervorragende Pumpfähigkeit sowie die erforderliche Thixotropie und Standfestigkeit aus. Diese Eigenschaften ermöglichen es, mehrere Druckschichten ohne Verformungen durch das Eigengewicht übereinander zu legen. Dies führt zu einem ästhetisch ansprechenden und gleichmäßigen Druckergebnis.

Anstelle von herkömmlichem Zement kommt bei MC-PowerPrint GeCO₂ ein innovatives Bindemittelsystem zum Einsatz, das auf einer Kombination von additiviertem Hüttensand und Flugasche basiert. „Insgesamt können durch den Einsatz von alternativen Bindemitteln, die auf industriellen Nebenprodukten basieren, ca. 70 Prozent der CO2-Emissionen im Vergleich zu zementösen Mörtelprodukten eingespart werden“, unterstreicht Kai Markiefka, Produktmanager bei MC, die deutliche Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks.

Ähnliches Material, noch niedriger CO2-Fußabdruck

Das texanische Start-up Hive3D hat zusammen mit seinen Partnern Eco Material und Green Cement ebenfalls einen revolutionären CO2-armen Mörtel für den 3D-Druck entwickelt. Im Vergleich zu herkömmlichem Mörtel soll die innovative Mischung den CO2-Fußabdruck sogar um 93 Prozent reduzieren. Zugleich soll er kostengünstiger und robuster sein.

Statt Portlandzement auf Kalkbasis, der bei der Herstellung viel CO2 freisetzt, verwendet Hive3D ein Puzzolan als Bindemittel. Das Geopolymer wurde bereits von den alten Römern verwendet und wird heute aus vulkanischen Ablagerungen oder Nebenprodukten wie Flugasche aus Kohlekraftwerken und Hüttensand aus Stahlwerken gewonnen. Interessanterweise sind dies die gleichen Rohstoffe, die auch für den zementfreien Mörtel des Tiny House in Beckum verwendet wurden.

Puzzolane nur nach Vorbehandlung reaktionsfähig

Nun stellt sich die Frage, warum Puzzolane bei der Betonherstellung nicht generell anstelle von Zement eingesetzt werden. Der Grund liegt in den chemischen Eigenschaften von Puzzolan: In seiner elementaren Form reagiert es nicht mit Wasser. Hive3D hat dieses Problem jedoch überwunden und einen Mörtel entwickelt, der zu 100 Prozent aus Puzzolan besteht. Dadurch kann auf den Einsatz von Portlandzement vollständig verzichtet werden.

Der Schlüssel zu diesem Durchbruch liegt in der sorgfältigen Vorbehandlung der Flugasche. „Wir nutzen einen einzigartigen und innovativen Prozess, der die reaktive Oberfläche der Partikel vergrößert und ihre Größenverteilung optimiert“, erklärt das Unternehmen. Durch Zugabe spezieller Zusatzstoffe wird die vorbehandelte Flugasche so modifiziert, dass sie allein durch die Zugabe von Wasser aktiviert werden kann. Um den Mörtel für den 3D-Druck nutzbar zu machen, muss nur noch Sand hinzugefügt werden.

Beteiligte sehen das Projekt als vollen Erfolg

Zurück nach Beckum: Die drei am Bau des Tiny Houses beteiligten Unternehmen bewerten das Projekt als vollen Erfolg. Waldemar Korte vom Planungsbüro Mense-Korte betont: „In Zukunft gilt es, weitere Potentiale des Gebäudedruckverfahrens zu erarbeiten, um das Drucken von Gebäuden als zukunftsweisenden und nachhaltigen Baustandard zu manifestieren. So können wir bald immer größere Gebäudetypologien mit unterschiedlichsten Nutzungen umsetzen. Außerdem ist es entscheidend, Druckmörtel immer weiter zu optimieren und diversifizieren, um noch mehr Nachhaltigkeit im Bauprozess zu erreichen.“

Die Röser GmbH sieht das Konzept „Modulhäuser aus dem 3D-Betondrucker“ als Vorzeigeprojekt für Planungsbüros, Architekten und Landschaftsplaner. Es zeige „die freien Gestaltungsmöglichkeiten von schalungsunabhängigen Konstruktionen sowie die Nutzung als Fertigteil, ohne den Aufwand an der Baustelle den Drucker aufzubauen“. Und das alles noch mit der Verwendung von zementfreiem Geopolymerbeton.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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