Energieeffiziente Bestandsgebäude 21.09.2023, 07:00 Uhr

Gebäudehülle imitiert Chamäleon – Und spart so Energie

Ein Forschungsteam hat eine spezielle Beschichtung für Gebäude entwickelt. Sie verändert sich mit der Temperatur und trägt auf diese Weise dazu bei, Energie zu sparen. Vorbild für diese Innovation war die Wandelbarkeit des Chamäleons.

Chamäleon

Bei Hitze passt das afrikanische Chamäleon sein Farbe an, um kühl zu bleiben - so auch die Gebäudebeschichtung.

Foto: panthermedia.net/dpcrestock (Micha Klootwijk)

Der Energieverbrauch in Gebäuden schwankt erheblich mit der Jahreszeit. Während er im Frühjahr und Herbst normalerweise moderat ausfällt, treiben ihn die Heizsysteme im Winter kräftig nach oben. Auch im Sommer sind vielerorts Peaks zu verzeichnen. Sie werden in heißen Regionen durch den Gebrauch von Klimaanlagen verursacht. Für ein Gelingen der Energiewende ist es notwendig, den Energieverbrauch insgesamt zu senken. Das gilt besonders für Bestandsgebäude, die größtenteils mit fossilen Brennstoffen beheizt werden. Jetzt berichtet die American Chemical Society (ACS) von einer neuen Beschichtung.

Die Forschenden haben die Eigenschaften des Chamäleons zum Vorbild genommen – ihre Innovation passt sich der Umgebung an. Das Ergebnis ist erfreulich: Das Material der neuen Beschichtung sorgt dafür, dass ein Gebäude im Winter die Wärme besser halten kann, und im Sommer bleibt es innen kühler. Zusätzliche Energie wird dafür nicht benötigt. Das Beste daran: Die Beschichtung ist günstig.

Beschichtung wechselt Farbe für mehr Energieeffizienz in Gebäuden

Viele Wüstentiere haben spezielle Strategien zu Anpassung an ihre Umwelt entwickelt. Sie ermöglichen es ihnen, in rauen Umgebungen mit großen täglichen Temperaturschwankungen zu überleben. Das Namaqua-Chamäleon im Südwesten Afrikas zum Beispiel ändert seine Farbe, um seine Körpertemperatur zu regulieren, sobald sich die Bedingungen ändern. Die Tiere erscheinen bei heißen Temperaturen hellgrau, um das Sonnenlicht zu reflektieren und kühl zu bleiben, und färben sich dann dunkelbraun, wenn sie abkühlen. Auf diese Weise absorbieren sie mehr Wärme. Diese einzigartige Fähigkeit ist ein natürliches Beispiel für eine passive Temperaturregelung.

Der Gedanke, Farben einzusetzen, um die Temperatur in einem Gebäude zu regulieren, ist nicht neu. In der Regel arbeiten die Systeme jedoch einseitig. Das heißt, sie halten die Innenräume entweder warm oder kühl, können jedoch nicht zwischen diesen Eigenschaften wechseln. Ein Team um den chinesischen Forscher Wang Fuqiang möchte das ändern. Fuqiang arbeitet in der Abteilung für neue Energie am Harbin Institute of Technology.

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Farbe der Beschichtung hängt von der Außentemperatur ab

Zur Herstellung einer anpassungsfähigen Beschichtung mischten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen thermochrome Mikrokapseln, spezielle Mikropartikel und Bindemittel zu einer Suspension, die sie auf eine Metalloberfläche sprühten oder pinselten. Bei einer Erwärmung auf 68 Grad Celsius begann die Oberfläche, sich von dunkel- zu hellgrau zu verändern. Sobald sie 86 Grad erreicht hatte, reflektierte der helle Film bis zu 93 Prozent der Sonnenstrahlung. Selbst wenn das Material einen ganzen Tag lang über 175 Grad erhitzt wurde, zeigte es keine Anzeichen von Schäden. Anschließend testete das Team die Beschichtung zusammen mit drei herkömmlichen Beschichtungen: normaler weißer Farbe, einer passiven Strahlungskühlungsfarbe und blauen Stahlfliesen. Dafür führten sie Experimente im Außenbereich an Miniaturgebäuden durch. Die Häuser waren so groß wie Hundehütten, und die Forschenden analysierten Daten über den gesamten Jahresverlauf.

Das Ergebnis sah folgendermaßen aus: Im Winter war die neue Beschichtung etwas wärmer als das passive Strahlungskühlsystem, obwohl beide unter wärmeren Bedingungen ähnliche Temperaturen hielten. Im Sommer war die neue Beschichtung deutlich kühler als die weiße Farbe und die Stahlfliesen. Im Frühjahr und Herbst war die neue Beschichtung das einzige System, das sich an die stark schwankenden Temperaturen anpassen konnte und im Laufe des Tages von Heizung auf Kühlung umschaltete. Den Forschenden zufolge könnte dieses farbwechselnde System beträchtliche Energieeinsparungen ermöglichen. Das gilt natürlich vor allem für Regionen, in denen die Temperaturen im Jahresverlauf deutlich schwanken.

Nachrüsten von Bestandsgebäuden wäre möglich

Die Beschichtung ist nach Angaben der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen auch für Bestandsgebäude geeignet. Zudem soll sie einfach herzustellen sein. Auch die Kosten seien günstig. Nach ihren Berechnungen könnte die innovative Beschichtung den Jahresenergieverbrauch von Gebäuden mittleren Breitengraden um bis zu 20 Prozent senken.

Ein Beitrag von:

  • Nicole Lücke

    Nicole Lücke macht Wissenschaftsjournalismus für Forschungszentren und Hochschulen, berichtet von medizinischen Fachkongressen und betreut Kundenmagazine für Energieversorger. Sie ist Gesellschafterin von Content Qualitäten. Ihre Themen: Energie, Technik, Nachhaltigkeit, Medizin/Medizintechnik.

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