Stuntronics landen sicher 06.08.2018, 13:07 Uhr

Disney entwickelt Roboter als Stuntmen

Sie fliegen kontrolliert und wie ein geübter Stuntman, landen sicher: die „Stuntronics“, die Disney zunächst als neue Attraktion in seinen Vergnügungsparks einsetzen will. In Zukunft könnten sie aber auch riskante Stunt-Szenen in Filmen übernehmen.

In der Luft machen die Roboter schon eine richtig gute Figur.

Im Kostüm könnten die fliegenden Stuntronics durchaus als Menschen durchgehen.

Foto: Disney Imagineering

Der erste Prototyp sah noch überhaupt nicht menschlich aus: ein Klotz aus Metall, der in Form und Größe an einen Ziegelstein erinnert und folgerichtig auch „Brick“ hieß. Doch Brick steht nicht nur für Mauerstein, sondern auch für „Binary Robotic Inertially Controlled bricK“ – den Urtyp eines fliegenden Roboters. Seine Kernkompetenz war die Fähigkeit, die träge Masse in seinem Inneren so zu kontrollieren, dass er seine eigene Drehung steuern und einen exakten Flugweg in ebenso exakter Höhe einhalten konnte. Perfekte Landung garantiert.

Der nächste Schritt zum Roboter-Stuntman war schon schwieriger: „Stickman“ nannten die Disney-Ingenieure ihre Weiterentwicklung. Optisch nicht viel mehr als ein metallener Besenstiel mit zwei Achsen, erinnert der Stickman doch schon entfernt an einen Menschen, der sich an einem Seil in die Luft schwingt, sich löst und dann Hüfte und Knie beugt, um einen eleganten Salto hinzulegen.

Park-Besucher wollen mehr Action

Inzwischen ist der „Stuntronic“ genannte Roboter-Akrobat so ausgereift, dass er die Statur eines Menschen hat und in seinem Bewegungsablauf schon sehr natürlich wirkt. Dies allerdings ist bei Luftartistik auch einfacher als bei normalen menschlichen Bewegungen am Boden. Mit dem passenden Kostüm jedenfalls gehen die Stuntronics problemlos als einer der Helden aus dem Disney-, Star Wars-, Pixar- oder Marvel-Universum durch. Und genau das ist auch ihr erster Zweck.

Projektleiter Tony Dohi erklärte in einem Interview: „All diese Figuren sind in den Filmen sehr aktiv und beweglich. Dementsprechend wuchs auch die Erwartung der Besucher, das im Freizeitpark entsprechend zu erleben“. Die bisher hier präsentierten Figuren, von Disney „Animatronics“ genannt, sind allerdings weitgehend statisch. „Das ist ein gewisser Widerspruch“, räumt Dohi ein.

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In der Luft sieht alles echter aus

Also ging die hauseigene Forschergruppe an die Arbeit und kam von Brick über Stickman zum Stuntronic. Der ist nun ausgestattet mit einem Beschleunigungsmesser, einem Kreisel-Stabilisator (Gyroskop) und mit Lasern zur präzisen Entfernungsmessung. Mitentwickler Morgan Pope ist begeistert vom Ergebnis: „Oft gibt es bei Robotern diese Akzeptanzlücke, weil sie eine Menge können, es aber nicht wirklich echt aussieht. Hier ist das Gegenteil richtig, weil man in der Luft Kurven und Drehungen machen kann, die fantastisch aussehen.“

Dass es bis zum „Heiligen Gral der Robotik“, wie Projektchef Dohi es nennt, dem wirklich wie ein Mensch gehenden, laufenden, tanzenden Roboter noch eine Weile dauern wird, ist den Ingenieuren klar. Die Stuntronics aber könnten eine bestimmte Lücke im Standardrepertoire von Animationsfiguren füllen: Zuschauer zu überzeugen, dass sie wirklich dynamische, aktive, autonome Wesen sind.

Schon viele Roboter in Freizeitparks

Wann die neuen Stunt-Roboter in einem der Disney-Parks ihre Premiere haben werden, verriet Projektleiter Dohi noch nicht. Auch zu der Frage, wann sie gefährliche Stunts in Filmen übernehmen könnten, wollte er nicht viel sagen. Dass eines Tages Roboter Stuntleute zumindest teilweise ersetzen werden, scheint unzweifelhaft. In Disney-Parks übernehmen die Maschinen ohnehin schon mehr oder weniger das Regiment. Hier laufen schon Roboter-Dinos herum, autonome und sprechende Mülltonnen gibt es auch. Und in Zukunft will Disney seine für Umarmungen der Besucher zuständigen Donald Duck- und Micky-Maus-Figuren, in denen Menschen stecken, ebenso durch Roboter ersetzen – Roboter, die härtesten Stuntmen und zugleich die zartesten Kuschler.

Ein Roboter mit künstlicher Intelligenz, der nur so gut spielt, dass er ebenbürtig ist, aber nicht gewinnt, trat im April auf der Hannover Messe gegen Weltklassespieler Dimitrij Ovtcharov im Tischtennis an. Menschliche Züge hat dieser Roboter, was sein Aussehen betrifft allerdings keine.

Ein Beitrag von:

  • Werner Grosch

    Werner Grosch ist Journalist und schreibt vor allem über Technik. Seine Fachgebiete sind unter anderem Elektromobilität, Energie, Robotik und Raumfahrt.

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