Dieselverbote 07.03.2018, 10:39 Uhr

Fakten statt Halbwissen – führende Ingenieure sagen „Stopp“

Seit dem Fahrverbotsurteil des Bundesverwaltungsgerichtes in der vergangenen Woche geht ein Aufschrei durch die Republik. Von „Quasi-Enteignungen“ der Dieselfahrer ist die Rede, neue Umweltplaketten sind im Gespräch und die öffentliche Debatte wird immer emotionaler. Vor allem gehen Fakten und Halbwissen durcheinander. Nun melden sich 25 führende Ingenieurwissenschaftler aus der Verbrennungsmotorenbranche zu Wort, um Fakten in eine aus dem Ruder gelaufene Diskussion zu bringen.

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Foto: T. Frohn

Es müsse hart gearbeitet werden, um den Schadstoffausstoß zu verringern und die Luft zu verbessern, sagte am Dienstag der designierte Bundesverkehrsminister Andreas Scheurer gegenüber der Passauer Neuen Presse. „Es geht darum, die Debatte zu versachlichen“. Jetzt wolle er Kommunen und Autobauer an einen Tisch holen, um Lösungen zu diskutieren, so der CSU-Politiker. Genau darauf warten leitende Ingenieure bereits seit Beginn der gesamten Debatte – vergebens. Quer durch die Republik, Österreich und die Schweiz mehrt sich der Widerstand der Fachleute. Aus diesem Grund haben sie sich bereits im vergangenen Jahr 25 führende Professoren zusammengeschlossen. In der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Kraftfahrzeug- und Motorentechnik e.V. (WKM) haben sie ein Positionspapier erarbeitet, das lang vermisste gesicherte Fakten in eine aus dem Ruder gelaufene Diskussion bringen soll.

Die WKM verfolgt diese Entwicklung schon seit längerem mit großer Sorge. Anstelle nüchterner, Fakten basierter Information überwiege eine voreingenommene und sehr emotionale Berichterstattung, teilte jetzt die Gesellschaft auf dem Internationalen Motorenkongress in Baden-Baden mit. Politik, Verbände und Presse diskutierten und gestalteten öffentliche Meinung, ohne gesichertes Fachwissen. Klingt bekannt?

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Folgt man den Diskussionsrunden und Medienberichten in diesen Tagen, gehen tatsächlich gefühlt alle Begrifflichkeiten wild durcheinander. Emissionen, Immissionen, Kohlendioxid, CO2, Stickoxide, Feinstaub, Euro-Normen, Grenzwerte, Dieselgate, und scheinbar unzählige Studien werden allabendlich in TV-Sendungen den Zuschauern und damit der gesamten Öffentlichkeit entgegen gerufen. Sind wir gut informiert? Oder fühlen wir uns nur so? Oder sind wir es am Ende doch nicht?

Ein neuer Anlauf der Fachleute

Das Positionspapier der WKM formuliert drei Kernthesen. Es listet infolge zehn weiterführende Erläuterungen auf. Die Akademiker belegen ihre Aussagen durchgehend transparent mit Studien und veröffentlichten Forschungsergebnissen. Alles soll, ganz im wissenschaftlichen Sinne, nachprüfbar sein. Sie untermauern das Papier, indem sie es allesamt namentlich unterzeichnet haben. Betrachtet man die Unterzeichnerliste, findet man ein Who-is-Who europäischer Ingenieurwissenschaftler wie Lutz Eckstein, Leiter des Instituts für Kraftfahrzeuge an der RWTH Aachen, Bernhard Gehringer vom Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik der TU Wien und Konstantinos Boulouchos vom Laboratorium für Aerothermochemie und Verbrennungssysteme der ETH Zürich.

Christian Beidl, Leiter des Instituts für Verbrennungskraftmaschinen und Fahrzeugantriebe der TU Darmstadt, präsentierte das Positionspapier stellvertretend für alle Mitglieder der WKM auf dem Internationalen Motorenkongress in Baden-Baden.

Christian Beidl, Leiter des Instituts für Verbrennungskraftmaschinen und Fahrzeugantriebe der TU Darmstadt, präsentierte das Positionspapier stellvertretend für alle Mitglieder der WKM auf dem Internationalen Motorenkongress in Baden-Baden.

Quelle: VDI Wissensforum / ATZ live

Die wichtigsten Aussagen

Die WKM verurteilt jedwede Form technischer Manipulationen. Daher befürwortet sie nachdrücklich die Emissionswertmessung von Fahrzeugen im Normalbetrieb jenseits von Laborsituationen. Diese sogenannte „Real-Driving-Emissions-Gesetzgebung“ (kurz: RDE) ist bereits seit vergangenem Jahr in Europa gültig. Genau gemeint ist hier die EURO 6d TEMP für Neuzertifizierungen. Ab Herbst 2019 müssen alle neu zugelassenen Diesel-Pkw diese Abgasnorm erfüllen.

Bereits in den 70er Jahren wurden erstmals Grenzwerte für die Emissionen von Autos festgelegt. Zunächst umfassten diese nur Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffe. Erst Ende der 80er Jahre wurden erstmals auch Grenzwerte für Partikel aus Dieselmotoren eingeführt. Erst Anfang der 90er Jahre wurde die Bezeichnung „Euro-Norm“ eingeführt. Mit jeder neuen Stufe von schärferen Grenzwerten wurde die Kennzahl erhöht. (Euro-1,2,3,4,5 und 6).

Die Euro-6-Norm beinhaltet Grenzwerte für Kohlenwasserstoffe (HC), Stickoxide (NOx), Kohlenstoffmonoxid (CO), Nichtmethankohlenwasserstoffe (NMHC), Feinstaub und Partikel.

Bis zu diesem Zeitpunkt wurden alle Ergebnisse unter Laborbedingungen erhoben (sogenannter NEFZ-Zyklus/Neuer Europäischer Fahrzyklus), was den Autobauern viel Spielraum ließ. Neu hinzu kam ab 2017, dass die Abgaswerte fortan im Realbetrieb erhoben werden müssen, um die Einhaltung der Normen im normalen Straßenverkehr zu gewährleisten. Man spricht in diesem Zusammenhang jetzt von der Real-Driving-Emission-Gesetzgebung (RDE).

Es handelt sich also in erster Linie lediglich um eine neue Art der Abgasmessung. Gleichzeitig haben sich aber die bislang geltenden Grenzwerte nicht verändert. Lediglich das Messverfahren ist neu. Daher spricht man seit September 2017 von den Normen Euro 6c und Euro 6d Temp. Da sich die eigentlichen Grenzwerte kein bisschen verändert haben, hat man auch keine neue Euro 7 Norm eingeführt. Das wäre erst der Fall, wenn sich nach dem veränderten Messverfahren auch die Grenzwerte erneut verändern sollten.

Jetzt wird es kompliziert: Seit September 2017 gilt die Euro 6c für alle neuen Pkw-Typen. Ab September 2018 für alle Neuzulassungen. Ab September 2019 schließlich soll die Euro 6d Temp für alle Neuzulassungen in Kraft treten.

Daher weist die WKM zahlreiche öffentliche Behauptungen und Berichterstattungen strikt zurück: „Der Dieselmotor ist nicht Verursacher der Feinstaubthematik, er trägt nur zu wenigen Prozent bei rückläufiger Tendenz dazu bei. Der Beitrag von Ottomotoren ist ebenfalls sehr gering und wird mit Einführung der RDE-Gesetzgebung und einem Partikelfilter nochmals geringer“. Zudem sei die Behebung der Stickoxidproblematik jahrzehntelang Gegenstand der Entwicklung besserer Dieselmotoren gewesen. „Als Ergebnis dieser Arbeiten kann das NOx-Emissionsproblem als technisch gelöst betrachtet werden“, heißt es.

Mit großer Sorge betrachten die Wissenschaftler daher ein mögliches Verbot des Verbrennungsmotors ab dem Jahr 2030. Es habe sogar „nachteilige Auswirkungen auf die Bekämpfung des Klimawandels“. Mehr noch – sie prognostizieren „eine sehr lange andauernde Notwendigkeit verbrennungsmotorischer Antriebe, insbesondere des Dieselmotors“, denn diese seien ein Garant für Mobilität, des Güterverkehrs und mobiler Arbeitsmaschinen.

CO2-Emissionen werden mit E-Technik nicht verschwinden

Auch wenn die Mobilität der kommenden Jahrzehnte eine elektrische sein könnte, ist das für die WKM  keinesfalls ein Garant für eine nachhaltige Entlastung der Umwelt. Und sie ist auch kein Garant dafür, volkswirtschaftlich sinnvoll zu sein. Selbst optimistische Schätzungen gehen davon aus, dass bis zur vollständigen Umstellung auf Elektroautos die Hybridfahrzeuge vielleicht noch jahrzehntelang auf unseren Straßen fahren werden. Und hierin kommt neben der Elektrifizierung auch weiterhin der Verbrennungsmotor zum Einsatz. Es wäre also ein Fehler, den Verbrennungsmotor vorzeitig abzuschreiben oder gar zu verbieten.

Hinzu kommen die bereits bekannten Probleme, dass E-Technik beispielsweise nur dann vollständig umweltfreundlich sein kann, wenn der Strom auch tatsächlich aus rein regenerativen Energiequellen stammt. Mangelnde Speichermöglichkeiten und fehlende Infrastruktur sind weitere Probleme, die der E-Technik vor allem volkswirtschaftlich  einen schweren Start bescheren.

Alternative Vorschläge zur CO2-Reduktion

Die Wissenschaftler schlagen daher neue Wege zur effektiven CO₂-Bekämpfung vor, die bislang außer Acht gelassen wurden. Sie setzen auf sogenannte synthetische und biogene Kraftstoffe. Das können beispielsweise Wasserstoff oder Methanole sein, die nahezu völlig CO₂ neutral in Motoren verbrennen. Die WKM plädiert schließlich für einen Wettbewerb der Antriebskonzepte, mit dem Ziel, die Emissionen auf „pragmatisch Null“ zu senken.

„Nach allen Vorhersagen werden im Jahr 2030 mehr Verbrennungsmotoren weltweit gebaut werden als heute“, so die Aussage. Daher sei intensive Forschung und Weiterentwicklung dringend geboten. Wiederholt bestätigte Herbert Diess, Markenchef von Volkswagen, dass dem so sei. Der designierte Bundesverkehrsminister Andreas Scheurer sieht das offensichtlich genauso. Er fordert, dass hart gearbeitet werden müsse, um den Schadstoffausstoß zu verringern und die Luft zu verbessern. Die Wissenschaftler haben mit ihrem Positionspapier einen transparenten Vorstoß zur geforderten Versachlichung der Debatte beigetragen.

Und sie hoffen jetzt, damit Gehör zu finden. Der Verkehrsexperte Carsten Müller, MdB (CDU) betonte jetzt auf dem Internationalen Motorenkongress in Baden-Baden, die neue Bundesregierung werde sich dieses Themas annehmen. Er freue sich über die Offenheit der Wissenschaftler und begrüße eine engere Zusammenarbeit. Auch der CSU-Politiker Scheurer spricht davon, nun Kommunen und Autobauer an einen Tisch zu holen, um Lösungen zu diskutieren. Bislang hatte die 25 europäischen Spitzenwissenschaftler der WKM niemand an einen Tisch gebeten. Auch eine offizielle Einladung von Scheuer steht bislang aus.

Bereits im vergangenen Jahr haben sich 25 führende Professoren in der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Kraftfahrzeug- und Motorentechnik e.V. (WKM) zusammengeschlossen. Die Forscher haben ein Positionspapier erarbeitet, das gesicherte Fakten in eine aus dem Ruder gelaufene Diskussion bringen soll. Auf dem Internationalen Motoren Kongress des VDI Wissensforums / ATZ live stellten sie es in Baden-Baden vor.

Zum Positionspapier

 

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Ein Beitrag von:

  • Tom Frohn

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