So entwickeln Sie die richtige Gehaltsforderung
Die Frage nach der Gehaltsvorstellung ist vielen Bewerbern lästig. Weil unrealistische Vorstellungen das frühe Aus bedeuten könnten. Wir sagen Ihnen, wie Sie das verhindern.

Gut informiert können Sie die Gehaltsspanne richtig einschätzen.
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Es wäre so schön, wenn BMW, Siemens und Airbus in ihren Stellenausschreibungen einfach sagen würden, wie viel sie grundsätzlich für die gesuchte Person bereit wären zu zahlen. Dann erledigte sich all das Rätselraten um angemessene Einstiegsgehälter und variable Gehaltsbestandteile. Die Bundesregierung unter Angela Merkel kann sich das vorstellen und möchte Firmen ab 200 Mitarbeitern verpflichten, bei der Mitarbeitersuche künftig Mindestentgelte anzugeben. Bis das kommt, kann es aber noch dauern.
Gibt es Spickzettel für Ingenieure?
Derweil kann man sich anderweitig behelfen. Ingenieure ohne Berufserfahrung werden zu rund 40% tariflich eingruppiert. In den Tarifverträgen der angestrebten Branche kann man also erfahren, welche Entgeltvorstellungen realistisch sind. Einzige Einschränkung: Einige Gewerkschaften stellen ihre Entgelt-, Teilzeit-, Altersvorsorge- und Manteltarifverträge nur Mitgliedern zur Verfügung, etwa die IG BCE für die Branchen Bergbau, Chemie und Energie. Die IG Metall aber veröffentlicht Tarifinformationen etwa für Eisen & Stahl, Metall & Elektro, Textile Branchen sowie Leiharbeit.
Absolventen können sich anhand von Gehaltsstudien ein Bild machen. Sie sind selten repräsentativ, geben aber einen ersten Eindruck. Auch die Ergebnisse des Gehaltstests auf ingenieurkarriere.de werden jedes Jahr in einer Studie zusammengefasst und in Teilen veröffentlicht. Demnach werden Ingenieuren aktuell Einstiegsgehälter zwischen 39.000€ und 47.000€ gezahlt. Wer genaueres wissen möchte, findet hier die aktuellen Einstiegsgehälter für Ingenieure sowie die Durchschnittsgehälter einzelner Fachrichtungen.
Wer bereits selbst Verdienstangaben machen kann, für den lohnt ein Blick auf den Gehaltstest von ingenieurkarriere.de. Dort werden die eigenen Angaben mit Ingenieuren und Ingenieurinnen in ähnlichen Positionen verglichen.
Kleiner Tipp: Wer sich in Foren informiert, sollte stets auf das Datum achten. Tipps von vor fünf Jahren haben in den meisten Fällen ausgedient und lassen sich nicht durch Aufschlagen einer fiktiven Summe ins Hier und Jetzt übertragen.
Gefahren der Gehaltsvorstellung
Ingenieure sind nicht nur in der Industrie, sondern auch in der Beratung oder als Lehrkräfte gefragte Arbeitnehmer. Gleichzeitig sind viele Ingenieure nicht tariflich angestellt, es gibt also für die meisten keine Tarifvereinbarung, in der sie das passende Gehalt je nach Stelle nachschlagen könnten.
Das kann gerade Berufseinsteiger dazu verleiten, überhöhte Gehaltsvorstellungen aufzurufen. „Ja, es gibt immer mal wieder Bewerber, die in ihren Gehaltsvorstellungen weit von der Realität abdriften“, bestätigt Elisa Wicke, Recruitment-Managerin bei Ferchau Engineering. Gerade Hochschulabsolventen oder junge Ingenieure hätten eben kaum Erfahrungswerte. Doch das sei gar nicht so schlimm. „Das ist kein K.-o.-Kriterium. Wenn jemand fachlich interessant ist, kann man über Geld nochmal sprechen.“
Grundsätzlich gilt das auch für berufserfahrene Ingenieure. Da sie allerdings auf ihr aktuelles Gehalt als Referenzwert zurückgreifen können, ist eine grobe Abweichung zwischen den Vorstellungen des Bewerbers und denen des Recruiters gravierender für den weiteren Bewerbungsprozess.
Gehört der Gehaltswunsch in die Bewerbung?
Aus Unsicherheit tendieren viele Bewerber dazu, die Frage nach der eigenen Gehaltsvorstellung unbeantwortet zu lassen. Doch keine Angaben zu machen, ist nicht ratsam. Vor allem dann nicht, wenn es ausdrücklich in der Ausschreibung erwähnt wird. „Trotz Aufforderung nichts zum Gehalt zu sagen, ist eine grobe Missachtung eines Wunsches des stärkeren Partners“, warnt Personalberater und VDI-nachrichten-Recruiterpapst, Heiko Mell.
Marktwert als Ingenieur ermitteln
Wer eine Gehaltsvorstellung entwickelt, muss sich eines klarmachen: Es gibt nicht den Ingenieur und entsprechend gibt es auch nicht das Einstiegsgehalt. Stattdessen sind viele Faktoren zu berücksichtigen, um den eigenen Marktwert realistisch einzuschätzen.
- Welchen Abschluss habe ich und welche Berufserfahrung kann ich vorweisen?
- Wie setzt sich mein aktuelles Gehalt zusammen?
- Wie groß ist das Unternehmen, in dem ich mich bewerbe und in welcher Branche ist es tätig?
- Welche Entwicklungsmöglichkeiten verspricht die Position, auf die ich mich bewerbe?
- Zahlt das Unternehmen Weihnachts- oder Urlaubsgeld?
- Ist im Jahresgehalt ein variabler Anteil enthalten?
Die richtige Gehaltsvorstellung kommunizieren
Wer sich darüber im Klaren ist, was er verdienen will, der muss es nur noch zu Papier bringen. Mell rät, das möglichst eindeutig zu tun und keine Bandbreite zu nennen. „Welcher Arbeitgeber will dann wohl den oberen Bereich abdecken?“, fragt der erfahrene Personalberater. Besser sei es, sich am aktuellen Gehalt oder einem Mittelwert der in Erfahrung gebrachten Werte zu orientieren.
Dabei sollte man sich selbst sicher sein, ob man Sonderbezüge wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld sowie sonstige Zusatzleistungen inkludiert oder außen vor lässt. Rechnet man es mit ein, sollte man während des Bewerbungsprozesses bei seiner erstmals geäußerten Vorstellung bleiben (außer der Arbeitgeber bietet viel mehr). Formuliert man dagegen nur die Erwartungen an das Jahresgehalt, kann man im Gespräch den Wunsch nach Sonderzahlungen äußern. Am Ende ist das Jahresgehalt schließlich auch Verhandlungssache.
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